Chapeau Fetzen, du bringst wieder einmal so ziemlich genau meine Gedanken ins Netz! Zwar würde ich es nicht ganz so "deftig" ausdrücken:
Auf der einen Seite sich in eine endlose Paranoia hineinsteigern, wegen eines Impfausweises und dessen möglichen Folgen, auf der anderen Seite täglich im Internet präsent sein, Online-Handel betreiben und alleine deswegen schon ständig Daten irgendwo weitergegeben zu haben
...aber so in etwa sind das die Überlegungen, warum ich einem digitalen Impfausweis auch eher positiv aufgeschlossen bin. Seit achteinhalb Jahren besitze ich ein iPhone (erst 4, dann 5S, seit drei Jahren das iPhone 7). Ich schleppe also ohnehin eine Abhöranlage samt elektronischer Fußfessel mit mir herum, versuche zwar, das Ding mit einschlägigen Privatsphäreeinstellungen, namentlich dem weitgehenden Deaktivieren von Ortungsdiensten in den Griff zu bekommen, kann aber schwer abschätzen, wie viel das wirklich bringt.
Da frage ich mich schon, warum ich ausgerechnet beim digitalen Impfnachweis sagen soll, "bis hierher und keinen Schritt weiter!" und nicht schon einige Schritte früher. Konsequenterweise müsste ich mich dann von meinem Smartphone trennen und auf ein Oldschool-"Handy" umsteigen – und selbst damit können Provider Bewegungsprofile aufzeichnen, also besser gar nichts mit Mobilfunk machen.
Die nächste Konsequenz wäre, meine Internetnutzung insgesamt, also auch auf meinem Laptop in Frage zu stellen, denn auch beim Surfen werden wir ausgespäht. Google hat gerade meine Postleitzahl korrekt erraten, obwohl ich in letzter Zeit nichts "Lokales" gesucht habe. Halt, doch, die Öffnungszeiten von meinem Lieblingsgriechen habe ich online geguckt. Und schwupp.......
Als ich Anfang 1998 meinen ersten Internetzugang bekam, damals noch über AOL samt deren proprietärer Einwahlsoftware, da war das WWW einfach nur ein anarchisches, geiles Stück Freiheit. Seitdem das Internet im Mainstream angekommen ist, wurde es nicht nur gnadenlos durchkommerzialisiert, sondern auch zum Bevölkerungsaushorchungssystem umgewidmet.
Das ist eine Entwicklung, die ich bestenfalls bedauern, aber nicht aktiv ändern kann. Dafür ist es einfach zu spät, die tagtägliche Abhängigkeit ist viel zu groß, als das ich jetzt noch "aussteigen" könnte. Eine Ablehnung des digitalen Impfausweises wäre bestenfalls ein Tropfen auf den heißen Stein.
Ich sehe es vergleichsweise entspannt. Für die, die sich so gerne verrückt machen wollen, mauert euch ein und lasst einen Schlitz für den Pizzaboten, wobei, der könnte euch auch eine Schluckimpfung bringen, oder ein Leerdenker sein, je nach Gusto
Über die Jahre bin ich ebenfalls entspannter geworden. Das heißt nicht, dass ich das Thema Datenschutz und Privatsphäre nicht mehr oder weniger Ernst nähme, nur muss auch ich eine Güterabwägung treffen, worauf ich verzichten kann oder will und worauf eben nicht. Für einen konsequenten datensparsamen Totalausstieg bin ich schon viel zu tief eingetaucht in die digitale Welt, das Kind ist im Brunnen und krabbelt nicht wieder heraus.
CU
Olaf