Die Gewerkschafterin und frühere Betriebsrätin bei Siemens, Karin Hujer, hat sich in einem Brief an den Bundespräsidenten darüber beklagt, dass Horst Köhler in seiner Berliner Rede wie selbstverständlich davon ausgeht, dass wir alle „über unsere Verhältnisse gelebt“ hätten. Sie spricht über eine Kränkung durch den Bundespräsidenten, die jene Menschen, die arbeitslos sind oder wenig verdienen, jedenfalls seit Jahren wirtschaftliche Sorgen haben, noch mehr empfinden müssen als sie selbst.
Den Brief kann man hier nachlesen: Klick.
Meine Frage: Wer von euch hier bei Nickles kann von sich behaupten, dass er über seine Verhältnisse gelebt hat? Ich kann es zumindest nicht. Deshalb kann ich die Thesen des Herrn Köhler ebenfalls nicht gutheißen. Wie kann der Mann so etwas behaupten?
Gruß
K.-H.
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OK, ich versuche mal, meinen Gedankengang darzulegen.
Jüki kritisierte, dass die Bank nicht ihr eigenes Geld verleiht, sondern "unseres" (Arbeiter und Ingenieure - es gibt zwar noch ein paar Gruppen mehr, aber lassen wir das mal so). "Wir" (s.o.) müssen bei "denen" (Banker) also für "unser" Eigentum Zinsen zahlen. [So habe ich zumindest Jükis Aussage verstanden.]
Bei Gütern sehe ich das aber ähnlich. Obwohl ich in Unternehmen A als "Arbeiter oder Ingenieur" dazu beitrage, Produkte zu fertigen, muss ich - wenn ich ein Produkt von Unternehmen B haben möchte - dafür bezahlen. "Wir" müssen also bei "denen" (Unternehmen) für die von "uns" gefertigten Produkte bezahlen.
Der Fehler bei dieser Argumentation ist: "Wir" haben ja für unsere Leistung eine Gegenleistung erhalten. Als "Arbeiter oder Ingenieur" im Unternehmen Arbeitslohn, bei den Banken für unsere Ersparnisse Zinsen.
Der Vergleich mit dem Händler ist imo gar nicht so verkehrt, weil auch dieser - ähnlich wie Banken - nichts gegenständliches produziert. Aber das ist ja typisch für den Dienstleistungssektor.
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Übrigens bin ich mir sicher dass das erste, was nach Einführung einer Währung bei jedem beliebigen (Natur-)Volk passiert, die Erfindung der Position eines "Geldverleihers" ist. Bei diesem kann man sich gegen Gebühr Geld borgen, wenn man welches braucht, und kann es gegen Belohnung hinbringen, wenn man welches übrighat. Von der Differenz zwischen Gebühr und Belohnung lebt der Geldverleiher.
Problem ist halt, dass die menschliche Gier grenzenlos ist, und unseren Geldverleihern diese Differenz allein irgendwann zu wenig war. Riskantere Geschäfte bieten Chancen auf höhere Renditen, also wurde das Risiko eingegangen.
Und zum Schluss noch etwas relativierendes: Man liest oft von "denen da oben", die sich ungeniert die Taschen vollstopfen. Dazu sei gesagt: "Die da unten" würden das auch gerne, haben aber weniger Gelegenheit dazu. Und deswegen halten sich manche von denen für moralisch wertvoller.