wenn er denn legal handelt und sich eben nicht Daten lädt, die eigentlich kostenpflichtig wären.
Da kann die Piratenpartei argumentieren und jammern wie sie will....
http://www.focus.de/digital/computer/illegale-downloads-im-internet-bgh-urteil-provider-muessen-kundendaten-weitergeben_aid_797521.html
Gruß
luttyy
Download-Dienste und Tauschbörsen 2.606 Themen, 14.829 Beiträge
Ich stimme deinen Bedenken völlig zu, dass es bei Ermittlungsverfahren diverse Fehlerquellen gibt. Aber dann mach du einmal Vorschläge, wie ein Rechtinhaber zu seinem Recht kommen soll? Das ist ja nicht nur die MI, das sind alle diejenigen, deren Werke geeignet sind, digitialisiert zu werden, also Filme, Bücher (Nickles), Pläne, Entwürfe, architektonische Lösungen, Konstruktionszeichnungen, Fotos, sämtliche Software, etc., zu deren Herstellung oft sehr viel investiert werden musste an Zeit und Geld und wovon viele Menschen leben müssen. Und denen sagst du jetzt: "Selber schuld, dass ihr solche Erzeugnisse herstellt, hättet halt Häuser bauen sollen, die kann man nicht kopieren, oder wärt halt Friseure oder Krankenpfleger geworden, solche Dienstleistungen kann man auch nicht einfach in Börsen "tauschen"! Aber das können wir nicht zulassen, dass ihr die Fingerabdrücke, die die Täter hinterlassen, auswertet, denn da könnte es ja Auswertefehler geben, die könnten verfälscht worden sein, jemand könnte absichtlich sich von einer dritten Person die Abdrücke beschafft haben, um seine Tat zu verschleiern und die Verfolgungsbehörte auf eine Falsche Fährte zu locken usw.".
Die einzige Spur, die ein "Täter" für eine mögliche Identifizierung hinterlässt, ist die IP (die Uhrzeit, Ports, Dauer, Datei.-Hash, DL-Volumen). Was der BGH nun in seinem Urteil feststellte ist, dass man den Rechteinhaber nicht einfach dadurch entrechten kann, indem man ihm verweigert, die einzige Spur, die er hat, zu benützen, um einen möglichten Täter auszuforschen. Ich glaube, das kann man einsehen und akzeptieren.
Es liegt dann am Gericht, die vorgelegten Beweise zu würdigen. Wie das Urteil des LG Köln (s.
http://www.justiz.nrw.de/nrwe/lgs/koeln/lg_koeln/j2008/109_1_08beschluss20080925.html ) beweist, sind dem Gericht durchaus all die Mängel und Probleme bekannt, die da auftreten können. Die Urteilsbegründung fährt / fuhr mehrgleisig. Der eine Argumentationsstrang war, dass es im Falle einer Rechtekollision abzuwägen gilt, ob das Recht des Rechteinhabers oder das Recht auf "überwiegende schutzwürdige Interessen der Beschuldigten" schwerwiegender ist (Absatz 20 - 23). Das Gericht entschied zugunsten der Interessen der Beschuldigten, u. a. auch wegen eines jeweiligen Streitwertes unter 3.000,-- (Abs. 28).
Der andere Argumentationsstrang beschäftigte sich unter Berufung auf die Staatsanwaltschaft mit dem Problem, dass die Daten in 50% der Fälle, in einem Fall sogar in 90% falsch waren (jedoch ohne Angabe, welche Fälle das waren und wie da die IPs ermittelt worden waren). Von daher stammen die berühmten Behauptungen, dass mehr als 50% der ermittelten IP-Adressen falsch sind. Die Klägerin ihrerseits hatte nicht bekannt gegeben, wie sie die IP-Adressen ermittelt hatte ("Auf welche Weise sie selbst die dynamischen IP-Adressen ermittelt hat, teilt die Antragstellerin im einzelnen nicht mit.", Absatz 12), und daher sagte das LG Köln, es könnte ja - mangels Kenntnis bei Gericht über die Art und Weise, wie die Daten ermittelt wurden -, ja auch so ein Fall sein, den die Staatsanwaltschaft schon kennt, wo sogar 90% der Daten falsch war. Im Hinblick auf die Folgen, nämlich Zivilprozesse mit geschätzen Kosten von 500 pro Beschuldigten (Abs. 21), könne - das ist jetzt meine Formulierung - bei so einer Fehlerrate nicht in Kauf genommen werden, dass derart viele zu Unrecht Verdächtigte in einen Prozess verwickelt werden. Und auch deshalb (nebst weiterer Gründe), wird der Antragstellerin die Akteneinsicht nach § 406e IV 2 StPO verwehrt (die Staatsanwaltschaft hatte die Beschuldigten bereits erhoben, sie waren somit bereits aktenkundig, die Staatsanwaltschaft hatte aber das Verfahren "sogleich nach § 170 II StPO eingestellt" d. h., die Staatsanwaltschaft sah keinen Grund für eine öffentliche Klage (http://dejure.org/gesetze/StPO/170.html).
Die Klägerin stand jetzt vor dem Problem, dass der Staat im Sinne der StPO nicht gewillt war, ihr Recht zu schützen ("keine öffentliche Klage"). Beim LG Köln blitzt sie abermals ab, als sie versucht, ihr Recht auf Akteneinsicht nach § 406e IV 2 StPO durchzusetzen. Wenn ihr also die Staatsanwaltschaft und auch das LG nicht weiterhilft, wer dann? Was hättest denn Du getan, wenn du beispielsweise monatelang an einer Software oder einem Buch schreibst, und dann stellst du fest, dass du es kaum verkaufst, aber ganz überraschend viele es haben?
Die Klägerin ging mit dem Problem vor den BGH.
Der BGH hat nun mit dem Beschluss vom 19. April 2012 Az. I ZB 80/11 (http://openjur.de/u/438903.html#) gesagt, so geht es nicht, dass die Auskunftspflicht gem § 101 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 UrhG nur dann gegeben ist, wenn der Verdacht auf gewerbliche Verletzung des Urheberrechts besteht, sondern "Ein solcher Antrag ist vielmehr unter Abwa?gung der betroffenen Rechte des Rechtsinhabers, des Auskunftspflichtigen und der Nutzer sowie unter Beru?cksichtigung des Grundsatzes der Verha?ltnisma?ßigkeit in aller Regel ohne Weiteres begru?ndet." (Abs. b.). Als Folge wird der Spruch des LG Köln vom 20. 9. 2011 aufgehoben und das LG angewiesen, die (gerichtlich ermittelten) Verkehrsdaten herauszurücken. In Anmerkung 14 steht ausdrücklich:
"Kann die Auskunft nur unter Verwendung von Verkehrsdaten (§ 3 Nr. 30 TKG) erteilt werden, ist für ihre Erteilung nach § 101 Abs. 9 UrhG eine vorherige richterliche Anordnung über die Zulässigkeit der Verwendung der Verkehrsdaten erforderlich, die von dem Verletzten zu beantragen ist."
Und "Die Vorschrift erfasst vor allem Rechtsverletzungen, die im Internet unter Nutzung der Möglichkeit vorgenommen werden, dort weitgehend anonym zu kommunizieren, insbesondere das unbefugte öffentliche Zugänglichmachen von Musikwerken und Filmwerken über Tauschbörsen. Bestünde kein Auskunftsanspruch gegen den Internet-Provider, könnte der Rechtsinhaber diese Rechtsverletzungen nicht verfolgen, weil er den Verletzer nicht ermitteln könnte (vgl. Stellungnahme des Bundesrats, BT-Drucks. 16/5048, S. 53 und 59). Wäre ein Auskunftsanspruch gegen Dritte nur bei einer Rechtsverletzung in gewerblichem Ausmaß gegeben, könnten die Hauptansprüche auf Unterlassung und Schadensersatz auch nur bei einer Rechtsverletzung in gewerblichem Ausmaß durchgesetzt werden. Der Rechtsinhaber, dem Ansprüche auf Unterlassung und Schadensersatz aber nicht nur gegen den im gewerblichen Ausmaß handelnden Verletzer, sondern gegen jeden Verletzer zustehen, wäre dann insoweit faktisch schutzlos gestellt. Dies widerspräche dem Ziel des Gesetzes, Rechtsverletzungen im Internet wirksam zu bekämpfen. Insbesondere für Tauschbörsen, bei denen in großem Umfang Urheberrechtsverletzungen stattfinden, besteht ein besonderes Interesse an einer Auskunft, ohne die der Verletzer nicht ermittelt werden kann (BT-Drucks. 16/5048, S. 39 f.). Denn solche massenhaften Rechtsverletzungen beeinträchtigen die urheberrechtlich geschützten Rechte und wirtschaftlichen Interessen des Rechtsinhabers auch dann ganz erheblich, wenn die einzelne Rechtsverletzung für sich genommen kein beträchtliches Ausmaß erreicht." (Anm. 27)
Also, soweit ich das interpretiere, ist das einzige, was sich durch diesen BGH-Beschluss geändert hat, der Umstand, dass bei Urheberrechtsverletzungen nicht mehr nur das "Gewerbsmäßige" zählt, sondern grundsätzlich jede Verletzung. Daneben wird auch deutlich, dass zwar der Provider die Daten an den Antragsteller herausgeben muss, aber wie bisher erst dann, wenn der Antragsteller dafür einen gerichtlichen Beschluss erwirkt hat.
Wenn es dir wirklich ernst damit ist, was du weiter oben gesagt hast "Es geht überhaupt nicht darum, irgend einem Straftäter Schutz zu bieten!", dann mach doch mal konstruktive Vorschläge, wie der Rechteinhaber zu seinem Recht kommen soll.
Gruß, Gerhard