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Schutz der verbrauchernahen Grundversorgung? Gerichtsurteil !

nettineu / 7 Antworten / Flachansicht Nickles

Im Gerichtsurteil (BVerwG 4 C 1.08; BVerwG 4 C 2.08) des Bundesverwaltungsgerichts ist entschieden worden: "... dass auch sog. Nahversorgungsbereiche zentrale Versorgungsbereiche sein können, die vor schädlichen Auswirkungen durch Einzelhandel außerhalb dieses Bereichs zu schützen sind."

Das bedeutet, das Lidl, Aldi und Norma usw. von gemeindlichen Behörden die Baugenehmigung verwehrt werden darf, um ortsansässige "alte" Versorger zu stützen.

Meine Meinung, wie sollen es die letzten "alten Geschäfte" als Grundversoger es schaffen, wenn auf der anderen Seite durch steuerliche Abgaben, steigenen Lohn und Betriebskosten die Geschäfte an die wirtschaftliche Grenze gebracht werden? Das Ganze ist schlichtweg zu spät erkannt worden, da bereits in den 70er Jahren die Weichen für Discounterketten politisch gestellt wurden und kleinere Versorger es schon lange nicht mehr gibt.

Hier die Pressemitteilung:
http://www.bundesverwaltungsgericht.de/enid/e068a32baa392e340cef90817c464c91,0bca167365617263685f646973706c6179436f6e7461696e6572092d093132373031093a095f7472636964092d09353737/Pressemitteilungen/Pressemitteilungen_9d.html

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Crusty_der_Clown nettineu „Schutz der verbrauchernahen Grundversorgung? Gerichtsurteil !“
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Ich habe das die Tage auch gelesen und weiß bis heute nicht, ob ich eigentlich lachen oder weinen soll.

Wer schützt unser kleines Unternehmen denn vor Internetanbietern, die einen Artikel für meinetwegen EUR 300,- einkaufen und für EUR 302,50 wieder verkaufen? Gut, die haben es mit Privatkunden auch nicht einfach, wenn diese laut neuester Rechtssprechung sogar für von ihnen selbst verursachte Schäden nicht aufkommen müssen, wenn sie ihren Auftrag widerrufen, allerdings betrifft das auch "normale" Händler, die nur ab und zu was über's Internet verkaufen.

Warum müssen scheinbar sogar die "Großen" sich selbst gegenüber geschützt werden. Hier bei mir im Ort hat REWE, sicherlich kein kleines Unternehmen in der Branche, vor einigen Wochen einen alten, baufälligen Markt aufgegeben und ist auf die gegenüberliegende Seite in einen Neubau gezogen. Dort war geplant, daß sich auch ALDI niederlassen sollte, woraus allerdings nichts geworden ist. Durch die Planung hat REWE die Auflage bekommen, daß der Markt maximal 800 m² groß werden dürfte. Das Ende vom Lied? Der Markt ist klitzeklein und wenn man Waschmittel bzw. Drogerieartikel kaufen möchte, was in einem Supermarkt ja schon mal vorkommen soll, muß man den Supermarkt verlassen und in den angrenzenden Getränkemarkt von REWE wieder rein, nochmal an die Kasse etc. In den Getränkemarkt, ja, da erwartet man eine Packung Persil als erstes.

Nun ist ALDI aber nicht gekommen und die 800 m² hätten doch überschritten werden dürfen, jetzt dürfte man also. Also sagt die Stadt: Nun ja, dumm gelaufen, aber ihr könntet die Wand ja einreißen oder einen Durchgang schaffen. Geht aber eben nicht, denn der Landkreis weiß es besser: Es handelt sich um eine Feuerschutzwand, da wird weder was eingerissen noch kommt da ein Durchgang hin.

Warum müssen Supermarkt-/Discountergrößen gegenüber sich selbst geschützt werden und wer schützt einen vor Politikerdummheit?

Kik, wahrlich nicht der Laden, in dem ich einkaufen möchte, dennoch vollkommen unbestritten für viele, viele Mitbürger eine der wenigen Möglichkeiten, sich für relativ wenig Geld neu einzukleiden, möchte hier seinen schlecht erreichbaren und relativ baufälligen Standort verlassen und einen knappen Kilometer weiter neu bauen, "zufälligerweise" neben dem oben erwähnten REWE-Markt. Dürfen sie nicht, aus den von "nettineu" genannten Gründen.

Okay, mag zunächst einleuchtend klingen. Die Frage ist nur, was gibt es hier an Alternativen? Keine, um genau zu sein. Zwei Bekleidungsfachgeschäfte, eins gibt gerade auf, bleibt noch ein zweites, dieses für die Zielgruppe "Geld spielt keine so große Rolle, ich hab' ja eine ordentliche Rente und mag es, wenn mich zwei Verkäuferinnen gleich beim reinkommen betüddeln und EUR 79,90 für ein dünnes Pullöverchen sind auch ein durchaus angemessener Preis, da gönnt man sich doch noch gerne ein T-Shirt für den Sommer für nur EUR 39,90". Ja, so ein Laden muß unbedingt vor Kik geschützt werden, es geht ja nicht, daß der Kleinverdiener mit seinem 800-Euro-Brutto-Zeitarbeitsjob oder die Rentnerin mit ihrer 400-Euro-Rente plötzlich auch noch als Kunde verlorengeht.

Das ist doch alles eine verlogene Brut. Seltsam, daß ausgerechnet jetzt, wo die Umsätze der Discounter erstmal seit Jahren der Expansion sinken, der Händler vor Ort vor ihnen geschützt werden muß.

Na ja...

Gruß
Jürgen

"Man kann Nudeln machen warm, man kann Nudeln machen kalt." Ode an die Nudel von Peter Ludolf, dem Erfinder des Lagerhaltungssystems "Haufenprinzip"
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