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Schutz der verbrauchernahen Grundversorgung? Gerichtsurteil !

nettineu / 7 Antworten / Baumansicht Nickles

Im Gerichtsurteil (BVerwG 4 C 1.08; BVerwG 4 C 2.08) des Bundesverwaltungsgerichts ist entschieden worden: "... dass auch sog. Nahversorgungsbereiche zentrale Versorgungsbereiche sein können, die vor schädlichen Auswirkungen durch Einzelhandel außerhalb dieses Bereichs zu schützen sind."

Das bedeutet, das Lidl, Aldi und Norma usw. von gemeindlichen Behörden die Baugenehmigung verwehrt werden darf, um ortsansässige "alte" Versorger zu stützen.

Meine Meinung, wie sollen es die letzten "alten Geschäfte" als Grundversoger es schaffen, wenn auf der anderen Seite durch steuerliche Abgaben, steigenen Lohn und Betriebskosten die Geschäfte an die wirtschaftliche Grenze gebracht werden? Das Ganze ist schlichtweg zu spät erkannt worden, da bereits in den 70er Jahren die Weichen für Discounterketten politisch gestellt wurden und kleinere Versorger es schon lange nicht mehr gibt.

Hier die Pressemitteilung:
http://www.bundesverwaltungsgericht.de/enid/e068a32baa392e340cef90817c464c91,0bca167365617263685f646973706c6179436f6e7461696e6572092d093132373031093a095f7472636964092d09353737/Pressemitteilungen/Pressemitteilungen_9d.html

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Crazy Eye nettineu „Schutz der verbrauchernahen Grundversorgung? Gerichtsurteil !“
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ich frag mich nur, warum man sich nicht bei discounter versorgen kann - ich seh da immer lauter Lebensmittel

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nettineu Crazy Eye „ich frag mich nur, warum man sich nicht bei discounter versorgen kann - ich seh...“
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aber selbstverständlich kann man sich im Discounter versorgen. Es ist aber noch ein anderes Problem.

Beispiel deutsches Obst aus der Bodenseeregion. Nein, da bekommst Du nicht gut und günstig beim Discounter. Billiger ist das per Fugzug (CO2-Diskussion) aus Afrika oder Chile hergeschafftes Obst. Ja warum? Gehen wir von gleicher Qualität und Geschmack aus, ein Bodenseebauer hat einfach nicht die gleichen staatlichen Bedingungen wie in Afrika oder Chile. der Bodenseebauer, wenn er den fleißig und gut ist, muß über 50% Einkommenssteuer bezahlen, hinzu 7 bzw. 19% auf den Verkauf. Auch Lohnnebenkosten bei deutschen Mitarbeitern ist ein Faktor. So, nun wissen wir, warum deutsches Obst so teuer ist und politisch geregelt werden muß, das wir bei den "alten Versorgern" teuer einkaufen sollen. deshalb auch keine Baugenehmigungen für Discounter.

Ähnlich ist es bei gutem Holzspielzeug aus Oberbayern oder Erzgebirge, nö, Chinesenkram wird verkauft. Deutschland ist kein Wirtschaftsland, bei dem Kultur, Nahversorgung und angepasste Wirtschaftskreisläufe dem bedarf angepasst werden. genau umgedreht. Es wir versuch den Bürger anzupassen.

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Crazy Eye nettineu „aber selbstverständlich kann man sich im Discounter versorgen. Es ist aber noch...“
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aber grade bei lebnsmitteln, wird in der regel der eigene Markt durch Subventionen(intern) und Einfuhrlimitierungen(extern) geschützt, die Aldi äpfel kommen zumindest aus Deutschland, die Pilze aus den Niedriglohnland Holland, das Aldi Wasser kommt aus einer Quelle die ich in einer Stunde mit den fahrrad erreichen kann. Das ist jetzt nur mein erster lebensmittel check von meinen Aldi einkauf.

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Max Payne nettineu „aber selbstverständlich kann man sich im Discounter versorgen. Es ist aber noch...“
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hinzu 7 bzw. 19% auf den Verkauf
DAS ist nun wahrlich kein Argument - die Umsatzsteuer ist eine Verbrauchersteuer und wird am Ort des Verkaufs erhoben - da stehen also Importeure und Bodenseeobstbauern gleich.

Aus Chile kommt das Obst, wenn bei uns jahreszeitbedingt keine Äpfel mehr zu bekommen sind. Im Februar/März ist halt am Bodensee keine Erntezeit...

Die Äpfel kommen übrigens üblicherweise per Schiff. Die Kosten für Luftfracht um ein Vielfaches teurer und Äpfel lassen sich gut lagern. Ananas dagegen kommt per Flieger, meist von der Elfenbeinküste - allerdings gibt's relativ wenige Ananas-Bauern am Bodensee.

Ähnlich ist es bei gutem Holzspielzeug aus Oberbayern oder Erzgebirge, nö, Chinesenkram wird verkauft.
Warum nur? Weil der Kunde zwar alles mögliche haben will, aber nicht bereit ist, einen angemessenen Preis dafür zu bezahlen. Geiz ist ja so geil... Letztendlich bestimmt das Nachfrageverhalten der Kunden, was der Händler ins Sortiment nimmt. Dem Händler ist es i.d.R. schnurz, was er verkauft. Hauptsache es verkauft sich gut.
Den Autos nach zu Urteilen, die da immer vor ALDI/LIDL/Penny/... geparkt werden, sind es auch nicht ausschließlich Leute mit dem schmalsten Geldbeutel, die da einkaufen. Wie sagt die Werbung: "Warum mehr bezahlen?"
The trouble with computers is that they do what you told them – not necessarily what you wanted them to do.
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Crusty_der_Clown nettineu „Schutz der verbrauchernahen Grundversorgung? Gerichtsurteil !“
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Ich habe das die Tage auch gelesen und weiß bis heute nicht, ob ich eigentlich lachen oder weinen soll.

Wer schützt unser kleines Unternehmen denn vor Internetanbietern, die einen Artikel für meinetwegen EUR 300,- einkaufen und für EUR 302,50 wieder verkaufen? Gut, die haben es mit Privatkunden auch nicht einfach, wenn diese laut neuester Rechtssprechung sogar für von ihnen selbst verursachte Schäden nicht aufkommen müssen, wenn sie ihren Auftrag widerrufen, allerdings betrifft das auch "normale" Händler, die nur ab und zu was über's Internet verkaufen.

Warum müssen scheinbar sogar die "Großen" sich selbst gegenüber geschützt werden. Hier bei mir im Ort hat REWE, sicherlich kein kleines Unternehmen in der Branche, vor einigen Wochen einen alten, baufälligen Markt aufgegeben und ist auf die gegenüberliegende Seite in einen Neubau gezogen. Dort war geplant, daß sich auch ALDI niederlassen sollte, woraus allerdings nichts geworden ist. Durch die Planung hat REWE die Auflage bekommen, daß der Markt maximal 800 m² groß werden dürfte. Das Ende vom Lied? Der Markt ist klitzeklein und wenn man Waschmittel bzw. Drogerieartikel kaufen möchte, was in einem Supermarkt ja schon mal vorkommen soll, muß man den Supermarkt verlassen und in den angrenzenden Getränkemarkt von REWE wieder rein, nochmal an die Kasse etc. In den Getränkemarkt, ja, da erwartet man eine Packung Persil als erstes.

Nun ist ALDI aber nicht gekommen und die 800 m² hätten doch überschritten werden dürfen, jetzt dürfte man also. Also sagt die Stadt: Nun ja, dumm gelaufen, aber ihr könntet die Wand ja einreißen oder einen Durchgang schaffen. Geht aber eben nicht, denn der Landkreis weiß es besser: Es handelt sich um eine Feuerschutzwand, da wird weder was eingerissen noch kommt da ein Durchgang hin.

Warum müssen Supermarkt-/Discountergrößen gegenüber sich selbst geschützt werden und wer schützt einen vor Politikerdummheit?

Kik, wahrlich nicht der Laden, in dem ich einkaufen möchte, dennoch vollkommen unbestritten für viele, viele Mitbürger eine der wenigen Möglichkeiten, sich für relativ wenig Geld neu einzukleiden, möchte hier seinen schlecht erreichbaren und relativ baufälligen Standort verlassen und einen knappen Kilometer weiter neu bauen, "zufälligerweise" neben dem oben erwähnten REWE-Markt. Dürfen sie nicht, aus den von "nettineu" genannten Gründen.

Okay, mag zunächst einleuchtend klingen. Die Frage ist nur, was gibt es hier an Alternativen? Keine, um genau zu sein. Zwei Bekleidungsfachgeschäfte, eins gibt gerade auf, bleibt noch ein zweites, dieses für die Zielgruppe "Geld spielt keine so große Rolle, ich hab' ja eine ordentliche Rente und mag es, wenn mich zwei Verkäuferinnen gleich beim reinkommen betüddeln und EUR 79,90 für ein dünnes Pullöverchen sind auch ein durchaus angemessener Preis, da gönnt man sich doch noch gerne ein T-Shirt für den Sommer für nur EUR 39,90". Ja, so ein Laden muß unbedingt vor Kik geschützt werden, es geht ja nicht, daß der Kleinverdiener mit seinem 800-Euro-Brutto-Zeitarbeitsjob oder die Rentnerin mit ihrer 400-Euro-Rente plötzlich auch noch als Kunde verlorengeht.

Das ist doch alles eine verlogene Brut. Seltsam, daß ausgerechnet jetzt, wo die Umsätze der Discounter erstmal seit Jahren der Expansion sinken, der Händler vor Ort vor ihnen geschützt werden muß.

Na ja...

Gruß
Jürgen

"Man kann Nudeln machen warm, man kann Nudeln machen kalt." Ode an die Nudel von Peter Ludolf, dem Erfinder des Lagerhaltungssystems "Haufenprinzip"
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nettineu Crusty_der_Clown „Ich habe das die Tage auch gelesen und weiß bis heute nicht, ob ich eigentlich...“
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Jürgen, in Deutschland wird bis zu Harz 4 keiner geschützt, freie Marktwirtschaft basiert auf Darwinsch'e Theorie: "Anpassung an den Lebensraum durch Variation und natürliche Selektion". Oder simpel gesagt, der Stärkere setzt sich durch, die Schwachen müssen aussortiert werden (nicht meine Meinung oder Worte!)

Gehörst Du mit Deinem kleinen Unternehmen zu den Starken oder zu denen, die es mit viel Kreativität und Zeitopfern gerade noch am Leben erhalten?

In meinem kleinen Unternehmen könnte ich sofort einen oder mehrere Arbeitsplätze schaffen, sinnvolle und attraktive Arbeit gibt es genug, aber die Bedingungen sind in Deutschland so übel, das das Risiko, auch für einen gern gesehenen Mitarbeiter schlicht zu hoch ist. Und mit dem eigenen Einkommen kann ich nicht Wirtschaftslotto spielen. So bleiben mir heftigste Überstunden und viel zuviel Abgaben an den Staat. Rechne Dir mal aus, was von 1 Euro Umsatz Dir in der Tasche bleibt. Gute Nacht!

Aufgrund unserer Erziehung und dem Wirtschaftssystem ist jedem vertändlicherweise die eigene Hosentasche näher und wirft damit jeden vernünftigen Verstand und Ziele über Bord. Wo kaufen wir die Eier? ... im Supermarkt, nicht beim Hühnerhof nebenan.

Wirklich zum Weinen oder Lachen.

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Crusty_der_Clown nettineu „Schutz der verbrauchernahen Grundversorgung? Gerichtsurteil !“
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Oder simpel gesagt, der Stärkere setzt sich durch, die Schwachen müssen aussortiert werden
Es ist ja so.

Aber irgendwie kann es nicht sein, daß eine Branche geschützt wird, weil der große, böse Discounter nebenan plötzlich auch Klein Kleckersdorf mit einer Filiale beglücken möchte und der dortige selbständige Edeka-Laden plötzlich nicht mehr der alleinige Platzhirsch ist, andere Branchen hingegen mit hunderten Wettbewerbern konfrontiert werden, die vom heimischen Wohnzimmer aus irgendwelche Ware mit 1 % Preisaufschlag verkaufen und Vertragshändlern Umsätze wegschnappen, weil sie irgendwelche Importware 30 % günstiger erhaschen konnten.

Wenn wir schon sowas einführen wie "Keine neuen Discounter mehr, wenn die lokale Händlerschaft dadurch Nachteile erleiden kann", dann gehören ab sofort billiger.de und Konsorten verboten, private Paket- und Postdienste abgeschafft und die Deutsche Bahn AG muß wieder zur Deutschen Bundesbahn werden. Aber was will man erwarten, wenn die Hotel-Lobby ihre Forderung nach 7 % Mehrwertsteuer durchboxen konnte? Passt alles zu einem Land, im dem zur Grundversorgung notwendige Artikel (Rennpferde) mit 7 % und quasi verzichtbare Luxusgüter (Babywindeln) mit 19 % besteuert werden.

Ich muß mir wohl auch irgendeinen Bundestagsabgeordneten suchen, den ich mir mit Schmiergeldern gefügig machen kann. Oder erstmal irgendeinen Lokalpolitiker, denn wir sollen bald einen Elektromarkt bei uns ins Gewerbegebiet bekommen. Sind das nicht auch irgendwie Discounter...?

So, das war's erstmal mit meinem Wort zum Sonntag.

Gruß
Jürgen

Edit: Sorry, mal wieder falsch ausgehängt, mein Fehler. Ich hoffe, es ist trotzdem erkennbar, wo der Beitrag zugehört.
"Man kann Nudeln machen warm, man kann Nudeln machen kalt." Ode an die Nudel von Peter Ludolf, dem Erfinder des Lagerhaltungssystems "Haufenprinzip"
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