Off Topic 20.352 Themen, 225.936 Beiträge

Wer ist der dumm-dreisteste deutsche Politiker?

Tilo Nachdenklich / 24 Antworten / Flachansicht Nickles

Ich rede nicht vom Fußvolk. Mein Favorit seit heute (n-tv-Interview):
CHRISTIAN WULF (Ministerpräsident von Niedersachsen)

Er findet Friedrich August von Hayek (Ökonom, Gesellschaftstheoretiker) ganz toll und behauptet frech, der sei KEIN Neoliberaler.
www.hayek.de/frames/zitate.html
www.mehr-freiheit.de/idee/hayek.html
www.sozialistische-klassiker.org/diverse/Div14.html
www.udo-leuschner.de/liberalismus/fdp34.htm

So was geht bei n-tv unhinterfragt über den Sender. Damit hat n-tv jede Reputation verloren. Ich glaube da hat stattgefunden, was in vielen Zeitungen schon längst Realität ist. Scheinbar redaktioneller Text ist einfach schlicht Werbung. Ich vermute mal ganz intuitiv, dafür wird irgendwie indirekt bezahlt. Nach dem Krieg hat man die deutschen Journalisten "umerzogen"; man hat ihnen investigativen Journalismus beigebracht, jedenfall in Rundfunk, Fernsehen und den wichtigsten Zeitungen. Von dieser Umerziehung ist nichts mehr übrig. Typisch geistig-moralische Wende. Ich finde es ist so ne Art journalistischer Schiedsrichterskandal.

Bin mal neugierig wie lange der berechnende Traumtänzer Wulf mit dieser Tour durchkommt, sich "die Wetten manipulieren lassen".

bei Antwort benachrichtigen
Tilo Nachdenklich Nachtrag zu: „Wer ist der dumm-dreisteste deutsche Politiker?“
Optionen

Christian Wulff sagt die Unwahrheit

Halten wir erst mal fest, Christian Wulff hat die Unwahrheit gesagt. Man könnte auch von einer fundamentalen Lüge sprechen, müsste dann aber nachweisen können, dass er es absichtlich gemacht hat, sonst drohen juristische Konsequenzen.

Mir graust davor, dass mit Christian Wulff jemand Kanzler-Kandidat der CDU werden soll (später mal), der politisch weiter rechts steht, als Franz Josef Strauss. Und der sich über sowas wie soziales Gewissen grinsend lustig macht. Der bringt ja sogar Blüm, Geisler und Seehofer zum Wut-schnauben; da vergessen die jede Parteidiziplin.

Hayek, Milton Friedman und ihre Schüler haben das Pinochet-Regime in Chile möglich gemacht, die wirtschaftliche Unterstützung gesichert. Auch die Namen Thatcher, Reagan und 2 x Bush stehen für diese Richtung.

Meine Kritiker in diesen Thread mokieren sich darüber, ich würde fälschlich unterstellen, die Dinge wären mal anders gewesen. Sie waren anders.
Franz Strauss wurde noch von den arschkriechensten Journalisten nach Menschenrechten gefragt, wenn er nach Chile reiste.
Hayek steht nicht nur für ein plünderndes Wirtschaftssystem, er steht auch für eine radikale autoritäre Gesellschaftsveränderung, wie sie ja wohl auch Schily (Telefondatenspeicherung) vorschwebt. Ich sage nicht, dass die neue "Konservative Revolution" (feststehender politischer Begriff) auf die CDU beschränkt ist, von wegen!

Jedem politischen Journalisten, der nicht seinen Tag verpennt, ist Friedrich August von Hayek seit 20 Jahren - oder auch viel länger schon - ein (Krawall-) Begriff. Das darf man ruhig als Dogma nehmen...so wie jeder Computerfachmann Intel und Microsoft kennt.
Und was schreibt dieser Hayek, dieser "Reform"-Papst ? Ich zitiere mal aus den oben verlinkten Dokumenten, die teilweise von Hayek-freundlichen Seiten stammen:

Zuerst ein Zitat basierend auf einem unhistorischen Freiheitsbegriff, der - würde man ihn ernst nehmen - Verbrechern und Faschisten Tür und Tor öffnet. Hayek beginnt mit einem nachvollziehbaren Satz, um ihn im Nachsatz in Unsinn zu verkehren:
"Die Freiheit (kann) nur erhalten werden ..., wenn sie nicht bloß aus Gründen der erkennbaren Nützlichkeit im Einzelfalle, sondern als Grundprinzip verteidigt wird, das der Erreichung bestimmter Zwecke halber nicht durchbrochen werden darf....
Eine wirksame Verteidigung der Freiheit muß ... notwendig unbeugsam, dogmatisch und doktrinär sein und darf keine Zugeständnisse an Zweckmäßigkeitserwägungen machen."

Merken wir uns das und schauen wir auf ein anderes Zitat, bei dem er in die Gegenrichtung argumentiert:
"Das Verständnis für und der Glaube an die Freiheit sind in hohem Maße dadurch zerstört worden, daß die Bedeutung des Wortes so ausgedehnt wurde, daß es jeden klaren Sinn verloren hat."

Kommentar:
Grenzenlose Ausdehnung des Freiheitsbegriffes mag für bestimmte Kreise in Gesellschaften ja zutreffen; allein sein Satz steht in krassen Widerspruch zu dem oben von mir als unsinnig bezeichneten Satz, indem er Freiheit schlicht als Grundprinzip ausgweitet sehen möchte.
Halten wir fest: Wortgeklüngel mit Imponierbegriffen, schreckliches Zeugs, keine sauberen Thesen, sondern Sätze mit vielfältigen problematischen Bezügen. Disziplinlosigkeit des Denkens wie...bei Adolf Hitler. Widerspruchsfreiheit wird nicht mal versucht (als Programierer wäre er ne absolute Null, er würde vermutlich ständig Deadlocks verursachen). Disziplinlosigkeit des Denkens, also Volontarismus ein grundlegendes Phänomen in Faschismus und Stalinismus.
Was er also an wohltönenden Phrasen absondert, hat kein Prinzip und ist nicht ernst zu nehmen. Er ähnelt darin Leuten wie Rudolf Steiner, der dümmliche rassistische Hetze abgesondert hat und sich gleichzeitig ausführlich gegen den Rassismus wandte. Gierig nach Aufmerksamkeit, unerträglich opportunistisch, sollen sich die anderen mit Widersprüchen rumschlagen. Wir haben keine großen Geister vor uns, das könnten höchstens antiintellektuelle Spießer annehmen, die keine Beurteilungskriterien kennen (wollen) und in Personen wie Hayek (oder Steiner) das Wahre Gute und Schöne hineinprojezieren, weil diese Leutchen halt auch Wohlklingendes abgesondert haben.

Im folgenden schmeißt Hayek persönliche Verantwortung, Altruismus und Moral über Bord. Die rethorische Methode ist die - wenig glaubhafte - Differenzierung nach Situationen. Er begibt sich damit - so dramatisch schlicht muss man es sagen - mit den Satanisten auf eine Stufe. (Wir erinnern uns an so manche Nickles-Debatte; die eigentlichen Vorbilder der Faschisten und Neoliberalen sind die perversen Satanisten...sage ich):

Freiheit und "Altruismus"

"Allgemeiner Altruismus ist .... sinnlos. Niemand kann sich wirklich um alle anderen kümmern; die Verantwortungen, die wir übernehmen können, müssen immer partikulär sein, sie können nur jene betreffen, von denen wir konkrete Tatsachen wissen und mit denen wir uns entweder durch Wahl oder durch besondere Umstände verbunden fühlen. Es gehört zu den fundamentalen Rechten und Pflichten eines freien Menschen, zu entscheiden, welche und wessen Bedürfnisse ihm am wichtigsten erscheinen."
(Die Verfassung der Freiheit, 3. Aufl., Tübingen 1991, S. 98)

Freiheit und Moral

"Es ist eine Tatsache, die all die großen Vorkämpfer der Freiheit, außerhalb der rationalistischen Schule, nicht müde wurden zu betonen, daß Freiheit ohne tief eingewurzelte moralische Überzeugungen niemals Bestand gehabt hat und das Zwang nur dort auf ein Mindestmaß herabgesetzt werden kann, wo zu erwarten ist, daß die Individuen sich in der Regel freiwillig nach gewissen Grundsätzen richten."

Freiheit und "Egoismus"

"Das Ideal, daß es den Menschen erlaubt sein soll, ihre eigenen Ziele zu verfolgen, wird oft dahin mißverstanden, daß er dann ausschließlich seine egoistischen Ziele verfolgen wird oder sogar soll. Die Freiheit, seine eigenen Ziele zu verfolgen, ist jedoch für den altruistischen Menschen, in dessen Wertskala die Bedürfnisse anderer Menschen einen sehr hohen Platz einnehmen, ebenso wichtig wie für den Egoisten. Es gehört zu der Natur des Mannes (und vielleicht noch mehr der Frau) und bildet die Hauptgrundlage seines Glückes, daß er das Wohlergehen anderer zu seiner Hauptaufgabe macht. Das ist eine der uns offenstehenden Möglichkeiten und oft die Entscheidung, die im allgemeinen von uns erwartet wird."
(Die Verfassung der Freiheit, 3. Aufl., Tübingen 1991, S. 97)

Kommentar:
Niveau eines Sonntagspredigers mit besonders schlichtem Gemüt...oder Hintergedanken. Das wird nur wirklich ahnungslosen Lesern harmlos erscheinen, also solchen, die sich nie mit dem Thema auseinandergesetzt haben (Computer-Analogie TCPA) oder die völlig unintellektuell sind. Es wäre schön, wenn Computer-Freaks mal ähnlich analystisch und vorausschauend - aber auch mit der Historie im Hinterkopf - auf die Politik blicken würden, wie sie es beim Beobachten des Betriebssystemmarktführers gelernt haben.
Zum Thema,
ähnlich wie die Satanisten, geht Hayek ganz freundlich davon aus, dass der Verzicht auf verbindliche Werte (Gegenbeispiel ist schön umgesetzt in Robert Altmans Film "Short Cuts"), diese letztlich nicht beeinträchtig, weil sie naturnotwendig - vermutlich bei der Mehrheit - weiterexistieren. Das bleibt jedem überlassen und viele Menschen sind ja glücklich, wenn sie gut sein können. Ich kann nur sagen, wer an solche Beruhigungspillen glaubt, dem ist nicht zu helfen. "People all over the world are good, people all over the world ain't bad..." dieser Songtext von Jonathan Ritchman ging mit immerzu durch den Kopf , als ich am 11. September Fernsehen guckte. Der Text stimmt nur, wenn die Menschen etwas empfinden, Sadisten empfinden nichts. Hayek will beliebiges Empfinden (natürlich auch Handeln, weitgehend) sanktionsfrei stellen, die Dinge würden sich schon regeln. Natürlich regeln sie sich...wenn wir eingreifen, also Hayeks und Christian Wulffs Credo widersprechen.

Man muss sich klar machen, dass die Neoliberalen den Markt (die Freiheit des Marktes) einen Rang über der Verfassung einräumen. Dazu passt, was hier auf den Nickles Brettern diskutiert wird, dass die allumfassende E-Mail- und Handyüberwachung vermutlich gestoppt wird; keineswegs aus verfassungsrechtlichen Bedenken, sondern wegen der wirtschaftlichen Auswirkungen. Wenn Wulff sich zu Hayek bekennt, so mag er die Freiheit des Wortes für sich Anspruch nehmen, wenn er nach Hayek handelt, so wäre das Verfassungsbruch und man müsste ihn aus seinem Amt entfernen.

Weiter in den Hayek-Texten:
Hayek sieht das Grundübel, das wirtschaftlichen Abschwung bewirkt, in Eingriffen in den Markt. Neben dem keynsianistischen Modell hat er die Gewerkschaften als Feinde ausgemacht, für ihn gehen die gravierensten Beschränkungen von den Gewerkschaften aus.:
"Monopolistische Praktiken, die heute das Funktionieren des Marktes bedrohen, sind seitens der Arbeiter viel gravierender als seitens der Unternehmer, und ob es uns gelingt, diese wieder zu beschränken, wird für die Erhaltung der Marktordnung entscheidender sein als irgend etwas sonst."(7)"
Das lassen wir uns auf der Zunge zergehen, angekommen in einer Zeit, in derGewerkschaften nicht mal mehr gegen die gesetzeswidrige Ersetzung regulärer Arbeit (auch qualifizierter Arbeit an Computern!) durch 1 Euro-Jobs wirksam vorgehen, sich das Gewerkschaftshandeln auf Einzelfallunterstützung beschränkt, jede politische Qualtiät und Quantität verloren hat. Schade das Hayek das nicht mehr erleben durfte.

Indirekt zitiert (mein 3. Link im Eingangsposting) weitere Ansichten Hayeks:
Die Kompetenzen des Parlamentes sind zu beschneiden. - Eine partizipative Massendemokratie zielt ab auf die Schaffung eines Wohlfahrtsstaates, d.h. auf die Herstellung gleicher Lebenschancen für alle Bürger. Ein solcher "Egalitarismus", wie Hayek dies nennt, ist "freilich nicht die Ansicht der Mehrheit, sondern das Ergebnis davon, daß es in einer unbeschränkten Demokratie notwendig ist, die Unterstützung auch der Schlechtesten zu gewinnen."(10) Folglich sind die Kompetenzen des Parlaments so einzuschränken, daß der von den Schlechtesten angestrebte Egalitarismus als institutioneller Zugriff auf das Privateigentum unterbunden, ihre Position als Mehrheitsbeschaffer unbedeutend wird. Demokratische Institutionen müssen durch den Rechtsstaat im Zaum gehalten werden, damit sie nicht in eine "totalitäre Demokratie" oder sogar in eine "plebiszitäre Diktatur" (11) ausarten.
Diese von Hayek angestrebte Korrektur ist durch die Allparteienkoalition zwischen Bundestag und Bundesrat seit Jahrzehnten erreicht. Das Ergebnis ist eine katastrophale Politik, bei der die Bevölkerung bei der Wahl keine Wahl hat. Bei nur 50% Wahlbeteiligung stützt sich die Politik, wenn man CDU und SPD als bestimmende Kräfte zusammenzählt, in vielen Bundesländern nur noch auf 30% der Bevölkerung. Außerdem macht die EU-Bürokratie was sie will, Parlamente und Bürgerwillen kümmern nicht.

Kommentar:
Wulff bekennt sich zu einem verfassungswidrigen undemokratischen Gesellschaftstheoretiker, dessen Utopie längst Realität geworden ist. Nichts desto Trotz verletzt er meiner Meinung nach seinen Amtseid ganz substanziell. => Absetzen!

Das Ergebnis einer politischen Entwicklung, die durchaus Hayeks Ideal erreicht hat, ist eine katastrophale Arbeitsmarkt- und Binnenkonjunkturlage. Und diese katastrophale Lage soll nun für weitere Globalisierung, EU-Erweiterung und Marktradikalismus herhalten. NEIN! Als ersten Schritt lasst uns den Wulff der Lächerlichkeit preisgeben, inklusiv seiner botmäßigen Journalisten.


bei Antwort benachrichtigen
@tilo Hardcore1