> Noch immer werden Musiker und Bands gesignt, die garantiert niemals eine Goldene Schallplatte bekommen werden. Die Tauschbörsen
> jedoch zwingen die MI in noch BWL-lastigere Denkmuster und Firmenkonzepte, da der Geldfluss ihrer Goldesel beschnitten wird.
Ich fürchte, damit könntest du recht behalten :-/
Die Logik dieser Spirale ist mir klar: weniger Umsatz - weniger Risikobereitschaft - "flacheres" Musikangebot - und noch mehr P2P, weil das Bewusstsein für den Wert von Musik weiter abnimmt. Folge: weiterer Umsatzrückgang, siehe oben.
Noch nicht ganz klar ist mir aber, wie gravierend die Umsatzrückgänge sich in der Praxis tatsächlich auswirken. Ich muss gestehen, ich habe da immer noch das Bild exzelent verdienender Plattenbosse und feudaler Schickimicki-Release-Parties vor Augen... wenn die Branche tatsächlich 11% (?) weniger Umsatz macht, ist das nicht dadurch kompensierbar, dass die Manager etwas zivilere Gehälter kassieren und z.B. Parties anlässlich Veröffentlichungen etwas "volkstümlicher" gefeiert werden?
Vor dem Hintergrund, dass mit moderner Technik schon im heimischen Schlafzimmer recht ordentlich klingende Musikproduktionn möglich sind, stellt sich außerdem die Frage, ob wirklich immer so teuer produziert werden muss. Das Gleiche gilt für Musikvideos: Ein Freund von mir hat kürzlich mit Hilfe einer erschwinglichen(!) SONY-Digicam ein Video anlässlich der Geburt seiner Tochter gedreht und mit Musik unterlegt. Ich war erstaunt über die technische Qualität, das war schon fast ein sendefähiges Video.
> Eine Band wie Radiohead würde in Deutschland zur Zeit niemals einen Plattenvertrag bekommen.
Das ist zu befürchten - obwohl sich Kid A und Amnesiac auch in Deutschland und den USA sehr gut verkauft haben. Aber warum? Weil Radiohead mit der Empfehlung hier angetreten sind, ein Top-Act aus England zu sein... als deutsche Band hätten sie wohl kaum Chancen gehabt. Der Musikgeschmack der Briten ist ein echtes Phänomen - dort sind z.T. Sachen in den Charts oder sogar in den Top10, die hierzulande Avantgardestatus hätten. Wobei auch die UK-Charts in den letzten 4, 5 Jahren etwas verflacht sind.
> Auf Dauer produziert die P2P-Szene meiner Meinung nach immer mehr Mainstream und immer weniger aufregende neue Musik.
Wenn die MI tatsächlich gezwungen sein sollte, am Aufbau neuer Künstler zu sparen, die diese Bezeichnung wirklich verdient haben - dann ja. Aber noch zweifle ich ein wenig daran, ob man nicht (s.o.) doch woanders sparen kann.
Im Grunde genommen bin ich der letzte, der sich zum "Anwalt" der P2P Szene machen will. Ich nehme ja nicht einmal selbst aktiv daran teil. Mich ärgert es nur, wenn - wie es in einzelnen Postings anderer User anklingt - diese Leute pauschal(!) auf eine Stufe gesetzt werden mit kriminellen Raubkopierern, die sich zu Lasten anderer persönlich bereichern, z.B. indem sie gebrannte CDs mit urheberrechtlich geschütztem Inhalt auf Wochenmärkten anbieten. Oder, was auch ganz beliebt ist, dass Leute als "Raubkopierer" verunglimpft werden, nur weil sie ihr legal erworbenes(!) Windows XP auf einem 2. Privatrechner installieren.
Um mal einen optimistischeren Gedanken ins Spiel zu bringen... die Zeitschrift KEYS porträtiert neuerdings in einer Serie kleine Indie Labels, vorzugsweise aus dem Elektronikbereich. Da liest man schon mal Statements wie "Uns jucken die Tauschbörsen nicht so sehr - wer unsere Musik wirklich will, der kauft sie auch". Hoffentlich behält der Mann recht.
CU
Olaf