"Ohne dass ich jetzt zynisch werden will, aber - ob ein Künstler von seiner Plattenfirma einen "halben" oder einen "viertel" Hungerlohn bekommt ist irgendwann auch egal. Er muss sich sowieso nach einer anderen Einkommensquelle umsehen. Wenn die Titel selbst komponiert und / oder getextet sind: GEMA-Einnahmen. Ansonsten Live-Konzerte, evtl. mit begleitenden Merchandising-Verkäufen (CDs, Fanartikel), ggfs. Sponsorengelder."
Die Tatsache, dass Künstler ohnehin bereits von ihren Plattenfirmen verarscht werden, sie also ohnehin schon Opfer sind, halte ich für kein stichhaltiges Argument um die moralische Problematik ( den Künstlern gegenüber ), die aus hemmungslosen Tauschorgien entsteht, zu relativieren. Natürlich hatten die Musiker auch schon vor den P2P Börsen die Daumenschrauben an, und klar die waren auch schonmal angezogen. Die Tauschbörsen führen dazu, dass die MI sie noch fester zudreht.
Alle Plattenmilliönäre ignoriend, sag ich mal, ich nehm dem Bettler auch nicht seine 5 € aus dem Hut mit dem Argument, der hat sowieso so gut wie nichts, da ist es auch schon egal.
Es bleibt für mich ein moralisches Problem.
Wäre jemals eine unbekannte Band durch Tauschbörsen groß geworden, wäre je eine Band ohne Rückhalt der MI vor 2000 Gästen aufgetreten, nur weil ihre Songs im Netz getauscht wurden, hätte ich kein Problem.
Leider ist dem( noch ) nicht so. Getauscht werden die Songs, die ohnehin bereits von den Labels unter großem finanziellen Aufwand bekannt gemacht wurden. Dieses Geld fließt aber nicht mehr im angemessenen Rahmen zurück. Da man aber in diese Bands schon viel investiert hat, der Bekanntheitsgrad bereits hoch ist, wird man die Verluste nicht auf diese abwälzen. Man tut es bei denen, deren Lobby noch zu klein ist und wo man noch nicht viel investiert hat- Bei den Newcomern. Womit wir wieder bei " copy kills music" wären .
Für die MI die ökonomisch denkt und handelt ist dies( auch handeln muß ) keine Bösartigkeit, sondern ( zumindestens was den Erhalt von Arbeitsplätzen betrifft )notwendig. Wenn auch langfristig Wahnsinn, auch ökonomisch. Denn irgendwann ist Madonna auch 60,die Stones in Rente, Pink Floyd längst Geschichte und Kurt Cobain immer noch tot. Nachfolger hat man hingegen nicht aufgebaut.
Die unfasslichen Knebelverträge und miesen Tricks der MI, von denen Du redest, sind jedoch leider bittere Realität. Da hast Du völlig recht. Die MI ist ein ökonomisches Monster, das sich am kreativen Output anderer sattfrisst und an Kunst soviel Gedanken verschwendet wie an den nächsten Latrinenbesuch.
Wenn ich die MI schädige, schädige ich dummerweise erstmal gar nicht sie selbst. Denn sie hat die Musiker, deren Musik wir lieben, in Geiselhaft genommen. Greift man sie an, reagiert sie mit der Produktionen noch hirnloserer Musik, die den Massenmarkt jedoch befriedigt; und kündigt Avantagrde- Musikern als erstes den Vertrag, Nischenkünstlern dreht sie den Geldhahn zu und Bands, deren Songs nicht nach dem ersten Anhören zünden, werden gar nicht erst gesignt.
Eine dumme Situation. Denn gute Musik wollen wir ja alle hören. Der Direktvertrieb über das Netz funktioniert noch nicht, also gibt es keine Alternative.
Daher empfinde ich Argumentationen wie:" Die Qualität ist eh scheiße, ich unterstütze die MI nicht, schaut euch doch nur Kübelböck an und deswegen saug ich fröhlich weiter und bin empört, dass man das als Kriminell bezeichnet, usw usw " als äußerst kontraproduktiv. Dadurch produziert man nur noch mehr Kübelböcke.
Die Materie ist, wie Du sagtest, viel komplexer als es aussieht. Wo die Goldene Mitte liegt, weiß ich leider auch nicht.
Wenn der Großteil der Tauschbörsennutzer mehr CD's kaufen würden, als andere, wäre das schon. Es ist aber die Minderheit.
Wer DSL Anschluß hat, kauft so gut wie gar nichts mehr. Jedenfalls nicht in meinem Bekanntenkreis. Von 20 Alben, die sie herunterladen, hätten sie 10 nie gekauft. 5 Vielleicht. Und die anderen 5 hätten sie gekauft, wenn da kein DSL wäre .
Um diese 5 Alben dreht sich letztlich alles.