"Das einzige, was mir nicht so ganz klar ist: Wie dramatisch sind die Folgen der Umsatzeinbrüche wirklich? Ist es nicht eher so, dass die Umsätze von "mega-gigantisch" auf "gigantisch" zurückgegangen sind?"
Ich fürchte, dem ist nicht so. Man vergißt schnell, dass mit den unfassbaren Gewinnen von Robbie Williams, Madonna, Elton John, Alexander, Britney Spears oder Christina Aguiliera wiederum unzähligen Künstlern eine Veröffentlichung finanziert wird. Ist dies noch eine Art Generationenvertrag, der durch die Tauschböresen gestört wird, so ist die Produktion und Veröffentlichung von Nischenkünstlern ökonomisch gesehen Wahnsinn, somit kultureller Luxus ( den es zu hegen und zu pflegen gilt ) . Man denke nur an Ben Harper, Porcupine Tree, etc. etc.
Bei aller berechtigetn Kritik an der Musikindustrie, sollte man doch auch nicht vergessen, dass sie sich immer noch eine Rest am kultureller Verantwortung bewahrt hat. Noch immer werden Musiker und Bands gesignt, die garantiert niemals eine Goldene Schallplatte bekommen werden. Die Tauschbörsen jedoch zwingen die MI in noch BWL-lastigere Denkmuster und Firmenkonzepte, da der Geldfluss ihrer Goldesel beschnitten wird.
Dei Umsätze sind nicht mal mehr gigantisch ( zumindestens in deutschland nicht ) . Sie sind bedenklich. 7000 verkaufte Einheiten pro Woche reichen für einen Top 10 Hit. Vor nur 4 Jahren noch undenkbar.
Um die Ausgaben für ein anständiges Video zu decken ( ohne das man keinen Erfolg mehr haben kann ) , braucht es allein 20000 verkaufte Singles.
Von den Produktionskosten will ich gar nicht anfangen. Nein, der Ausdruck "gigantsich" stimmt nicht mehr. Höchstens wenn man die Zahl der Entlassungen ansieht.
Kleine Labels krebsen am Existenzminimum, Veranstalter werden immer vorsichtiger, lokale Bands bekommen in der Regel gar keine Gage mehr. Aber auch Major-Labels strukturieren sich um, ziehen sich aus dem deutschen Markt zurück und schränken die Ausgaben ein wo es geht.
Kein Zeichen für ein Jammern auf hohem Niveau. Man konzentriert sich darauf, möglichst nur noch kommerziell vielversprechende Acts zu signen oder aber am besten zu casten. Catterfield, Biedermann, Sasha, Alexander, Elli, Kübelböck, Thomas Anders, Bohlen etc, sind die Richtlinien. Alles andere ist ein Luxus, den man sich nicht mehr leisten kann.
Eine Band wie Radiohead würde in Deutschland zur Zeit niemals einen Plattenvertrag bekommen.
Natürlich liegt die Firmenpolitik noch immer in der Hand der Labels. Dennoch haben die Tauschbörsen so großen Schaden verursacht, dass der Nachwuchs an innovativen Künstlern inzwischen keinen Vertrag mehr bekommt. Ja schlimmer noch, es werden reihenweise Bands gedropt, die den kommerziellen Richtlinien nicht entsprechen.
Auf Dauer produziert die P2P- Szene meiner Meinung nach immer mehr Mainstream und immer weniger aufregende neue Musik. Das ist nicht kriminell, da gebe ich dir recht, aber kontraproduktiv. Sie sind auch nicht die Alleinschuldigen. Aber an der jetzigen Misere haben sie großen Anteil. Besser machen sie es jedenfalls mal bestimmt nicht. Schlechter mit ziemlicher Sicherheit.
Macht Spaß, sich mit Dir auszutauschen. Deine Ansichten sind interessant.
Gruß