Hallo Gemeinde,
beim Lesen des BS-LINUX-Threads weiter unten hier ging es mir wieder durch den Kopf, dass wir hier vielleicht - gerade auch die älteren Knochen mit 2-3 Jahrzehnten IT-Erfahrung – deutlich anders ticken, als die Youngster.
Ich kam nur darauf, weil meine beiden nun erwachsenen Töchter schon mit 2-3 Jahren vor ihrem Spielcomputer saßen und wohl als 1. Generation mit EDV-Anwendung wirklich von Kinderbeinen an groß geworden sind inkl. IT-Unterricht an Schulen dafür aber dank "Pappa nervt eh nur" vom Elternhaus über das Normmaß völlig unverbildet. Das Ergebnis dieses biologischen Experiments ist erstaunlich zwiespältig (wobei ich zugebe, dass der Stichprobenumfang rel. gering bemessen ist *g*).
Zum einen gehen sie selbstverständlich und virtuos mit allen möglichen Anwendungen um, können sich sehr gut benötigte Infos aus dem WEB holen ohne in Abofallen o.ä. zu tappen, nutzen das untereinander dank FaceBook und Konsorten zur ständigen Kommunikation und sind "Multitasker" mit ProlTV im Hintergrund bei gleichzeitiger Musikberieselung während des lockeren Dahinsurfens (wobei es da in ihren Schulklassen noch ganz andere Freaks gibt)
ABER
Bei irgendwelchen rechnerspezifischen Arbeiten, die weiter über das z.B. primitive Niveau des Speicherns von Daten hinausgehen sind sie absolut unbeleckt-interessiert sie gar nicht, weil sie das nicht brauchen. Und am BIOS rumfummlen, BS Installation, manuelle Treiberinstallation, Aufbau eines neuen Systems oder gar an der Hardware rumschrauben? Gott bewahre! Dafür gibt's doch den Alten.
So gehen sie selbstverständlich mit LINUX-basierten Programmen oder beliebiger Freeware unter WIN um. Wechsel von BS oder Anwnedung ist kein Thema. Wichtig ist nur, dass die gleichen bunten Knöpfchen an den gleichen bunten Stellen auf die selbe intuitive Weise zu finden sind. Dann ist ihre Welt i.O. Dabei wird nur oberflächlich das ausgeschöpft, was man braucht. Was die SW vielleicht noch könnte - uninteressant, brauche ich nicht, wozu soll ich das wissen? Das gilt auch für das BS!?!! WIN XP, 7 oder LINUX?Egal, Hauptsache, der Firefox brummt darauf rund.
Ich resp. wir gingen immer davon aus, dass, wenn erst mal die ersten IT-Cyborgs groß geworden sind, wir vollkommen abgehängt werden und wir überhaupt nicht mehr durchblicken, in welchen Sphären sich die Sprösslinge bewegen. Nichts davon. Auch der sog. IT-Unterricht an ihren beiden Schulen bringt da kaum Licht in's Dunkel, da zwar positiv mit freeware-Anwedungen gearbeitet wird, BS o.ä. aber offensichtlich gar kein Thema sind. (Natürlich auch nicht Sicherheit, Hardware o.ä.) Die reine Anwendung steht im Vordergrund, alles anderen übernehmen der IT-Betreuungslehrer, später die netten Herren aus Fachhandel (resp. die ein, zwei Computerfreaks aus der Klasse, die es immer noch gibt).
Vor diesem Hintergrund können wir wohl predigen, überlegen, spekulieren, was wir wollen, die breite Masse tickt (zunehemnd) anders, als viele von uns hier. Die wollen bei ihren Rechnern - wie bei ihren Autos, Waschmaschinen oder Telefonen- , dass die Scheiße problemos läuft und wenn nicht, soll's gefälligst wer richten, der sich damit auskennt (So, wie wir hier bei unseren Autos, Haustieren, Waschmaschinen....)
Mir fällt auch auf, dass einen in den 90ern sowieso aber auch noch wenige Jahre nach der Jahrtausendwende viele nach Lösungen im IT-Bereich etc. ständig fragten. Mittlerweile ist das weniger geworden (sieht man meiner Meinung nach schön auch hier im Forum mit seinem Überhang an potenter Beratung, dass über die wenigen fachlich bezogenen Fragestellungen hier herfällt, wie die Geier über ein totes Karnickel und die endlos totpostet). Die Nutzer sind informierter geworden (dank WEB), viele Entwicklungen sind in Nutzeraugen so wenig produktivitäts- resp. usabilitysteigernd, dass es nicht lohnt, sich da einzuarbeiten und die Dinge laufen bei Soft- und Hardware zunehmend problemloser. Diese Combo verschiebt die Masse-ähnlich, wie in den Anfängen der KfZ-Entwicklung- auf die reinen, technisch absolut unbeleckten Anwender und auch uninteressierten, weil nicht mehr notwendig für die Erreichung der eigentlichen Ziele.
Zukünftig wird das Erfolg haben, was einfach einfach ist. Ist es dazu noch billig-gerne! Von daher müsste sich so was , wie die BS-Diskussion auch für Software/Hardware erledigen. Bringt z.B. die LINUX-Gemeinde irgendwann in breiter Front das BS für Volksrechner, so hat sich' s mit einer WIN-Dominanz erledigt. Ich bin fest davon überzeugt, das immer weniger Nutzer schon mal selber ein aktuelles BS aufgesetzt haben und das in Zukunft für Otto-Normal-User gegen 0 gehen wird, da ja fertig so gekauft und die Kiste läuft und läuft und läuft (zum Musikhören, Chatten, DVD-Glotzen, Telefonieren, mailen und surfen-das war'S nämlich bei den meisten). Gleiches für rein manuelle Installationen von Hardware. Wenn das BS dann noch ohne maintenance durch den eigenen „Bordmechaniker“ in Form des Nutzers auskommt, ist die Diskussion eh vom Tisch. Oder macht ihr euch 'nen Kopp über das BS des Geldautomaten eurer Bank resp. Hinterachsaufhängung eures Autos?
Nur meine Gedanken dazu, was hätte alles schönes-neues werden sollen und was geworden ist.
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Hi Pumbo, deine Beobachtungen halte ich für zutreffend.
Als ich meinen ersten Desktop-Computer bekam, war ich 23 - halb so alt wie jetzt. Hauptmotivation für die Anschaffung meines Atari 1040 ST/F war mein Interesse an Programmierung, mein HP41-Taschenrechner wurde mir allmählich zu klein. Zu der Zeit gab es kaum jemand, der sich einen Rechner geholt hat, nur um damit "fertige Software" laufen zu lassen, die meisten haben sich mit Basic, Pascal oder gar C, später auch C++ und Modula-2 auseinandergesetzt. Ganz schmerzbefreite Freaks haben nicht einmal vor Assembler zurückgeschreckt.
Und heute? Klar, Menschen die programmieren, egal ob aus beruflichem oder privatem Interesse, gibt es immer noch, wäre auch der Tod des Computers, wenn nicht. Aber die ganz breite Masse interessiert das nicht, und auch ich muss freimütig zugeben, dass auch ich mich so ca. 1993 davon zurückgezogen habe.
Der Computer ist mittlerweile zu einem Massenartikel geworden, einem Einrichtungsgegenstand vergleichbar mit Fernseher, Telefon oder Mikrowelle - keineswegs nur ein Steckenpferd für ambitionierte Freaks. Würde man eine Nutzerstatistik erstellen, beruhend auf der Frage "Was macht ihr hauptsächlich mit euren Rechnern?", einmal auf dem Stand von 1987 und einmal von 2010, es würden sich signifikante Unterschiede ergeben.
Übrigens eine glatte Parallele zur Entwicklung des Synthesizers.
Vor einem Vierteljahrhundert waren die Teile sündhaft teuer und wurden hauptsächlich an Profis verkauft, die mit ihrer Musik Geld verdienten. Auch damals musste viel programmiert werden, bis man endlich die gewünschte Klangfarbe "zusammengeschraubt" hatte. Die Stellungen der Potis und Regler musste man sich sorgfältig notieren, um sie jederzeit reproduzieren zu können, da war noch nichts mit Abspeichern von Presets.
Und heute? Der Synthesizer ist zu einem billigen Massenartikel geworden, mit Hunderten von Presets an Bord, die auf kurzen Knopfdruck zur Verfügung stehen, und die ihn wahlweise wie eine Gitarre, ein Schlagzeug, ein Saxofon oder wie ein ganzes Sinfonieorchester klingen lassen - nur nicht wie er selbst.
Leider ist es so, dass diese "Vermassung" immer zu Lasten von Individualität und Qualität geht, hin zu mehr Seichtheit und Simplifizierung.
CU
Olaf