So weit ich hier mitdiskutiert habe, ging es um die Frage, ob der "Bundestrojaner" eine derartige Ungeheuerlichkeit ist, die mit dem Grundgesetz / Verfassung nicht in Einklang zu bringen sei, und woher da die ungeheure Aufregung kommt im Vergleich zu anderen Maßnahmen des Staates (Abhören von Telefonaten, Spolieren von Briefen, großer Lauschangriff ), die ebenfalls punktuell die Rechte auf Privatheit unter bestimmten Bedingungen außer Kraft setzen, die längst von einer satten demokratischen Mehrheit akzeptiert sind.
Insofern Du von einer "Schnapsidee" redest, vermute ich, Du beziehst dich auf die technische Realisierbarkeit oder Effizienz des Verfahrens. Dazu habe ich keine Meinung, allerdings bemühe ich mich, nicht alle indirekt für Idioten zu erklären, die eine andere Meinung in dieser Sache haben sollten wie ich. Dass die Politiker kaum EDV-Spezialisten sind, ist anzunehmen - aber glaubt wer, dass ein derart ahnungsloser Politiker aus heiterem Himmel von selbst auf die Idee "Trojaner" kommt? Diese Idee wurde ihm mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichtkeit von einem Menschen als Möglichkeit unterbreitet, der sehr wohl zumindest ein bisschen Ahnung von der Materie haben muss, sonst weiß er nämlich auch nicht, was ein "Trojaner" ist. Glaubt wer, dass sich Minister oder sonstige Spitzenpolitiker, wenn sie sich mit so einer Idee in die Öffentlichkeit wagen, vorher von einem ahnungslosen Primaner haben beraten lassen statt von einem anerkannten Experten, und sich dadurch der Gefahr aussetzen, nicht wegen des Eingriffs in die Privatsphäre, sondern wegen offensichtlicher Blödheit von der gesamten Fachwelt und den Medien in der Luft zerrissen zu werden?
Soweit ich das mitbekommen habe, ist der "Bundestrojaner" keineswegs vom Tisch, weil sich die gesamte Fachwelt über dessen Sinnlosigkeit einig wäre. Einigkeit besteht höchstens insofern, dass man sich - bei gegebenen Fachkenntnissen - dagegen schützen kann. Bleibt daher die Frage, ob es unter jenen, die Zielobjekte für den Einsatz dieser Software wären, ausschließlich solche mit Netzwerkfachkenntnissen gibt, sodass sie die Bedrohung durch den Trojaner umgehen könnten. Wenn das zu 100% gegeben ist, dann wäre der Trojaner allerdings völlig sinnlos. Ich persönlich habe keine Veranlassung, an 100% netzwerktechnisch versierter Verdächtige zu glauben, sodass eine Kosten-Nutzen-Analyse durchaus für den Trojaner sprechen könnte.
Gruß, Gerhard