Hier mal eine etwas andere Betrachtungsweise zur Annäherung an Linux. Ich frage mich die ganze Zeit, ob Linux auf der breiten Front noch unter seinem Exoten-Status zu leiden hat. Nach dem Motto "was der Bauer nicht kennt frisst er nicht". Meiner Meinung nach gibt es ein paar handfeste Gründe für die Zurückhaltung. Auch unter PC-Technikern gibt es Etliche, die Linux sehr sympatisch finden, aber irgendwie keine besondere Bindung dazu aufbauen können. Ich selber bin da wohl ein Musterexemplar.
Die Vorteile liegen auf der Hand. Mit einer modernen Distri á la Ubuntu ist ein Rechner innerhalb einer 3/4-Stunde perfekt mit Allem eingerichtet, was 70 Prozent der mänlichen und 90 % der weiblichen Normalo-User brauchen. Und das ganze gratis.
Woran liegts? An den Anwendungen? Jein, Photoshop und Quark lassen sich nicht einfach ersetzen. Im reinen Bürobetrieb brauchen dagegen nur exzessive MS-Office-User ihr Windows.
Leistungsfähigkeit? Das ist leider garnicht wirklich die Domäne von Linux. Denn das der Kernel ohne Fenstermanager auf einem 386er läuft ist irrelevant. Um sich mit Xp vergleichen zu lassen muss ein aktueller KDE oder Gnome ins Rennen. Und die fühlen sich auf 2 GHz mit üblicher Ausstattung recht schlapp an, wohingegen XP mit einem Drittel weniger Leistung sehr gut klarkommt.
Wartung? Hier wird es interessant. Der Verzicht auf Defrag und Virenschutz macht Nickles-Leser der ersten Stunde skeptisch.
Reparatur? Heisses Eisen. Es knallt selten, aber wenn dann heftig und kryptisch. Ich hatte vor Jahren mal in der Produktion einen Suse Office Server mit Dateisystempannen. Mir war klar, ich bräuchte eine Servicefunktion wie Checkdisk. Dummerweise mußte ich Stundenlang recherchieren um diese zu finden. Habs allerdings auch gefunden. Jedenfalls muß man selbst mir 20 Jahren harter Windows-Erfahrung schon wieder von Vorne anfangen.
Unterm Strich fragt man sich als Techniker: Empfehle ich so ein System einem Renter, der danach kaum noch meine Hilfe braucht und wo ich wenn es dann doch knallt kaum helfen kann? Wohl kaum! Dazu kommt ja erschwerend dazu, daß man durch die geringere Schadensquote auch erheblich langsamer Erfahrungen sammeln kann.
Treiber- und Softwareinstallation sind unter Linux immer noch eine Katastrophe. Auch hier wird es schwieriger, weil Linux es selber bis zu einem gewissen Punkt ohne Zutun perfekt tut, also wieder zu wenig zu machen um Routine zu bekommen. D.H.: Entweder perfekt auf Anhieb oder holperig. Hier sehe ich allerdings Licht am Ende des Tunnels. So banale Dinge wie die Bildschirmverwaltung sind inzwischen so komfortabel wie unter Xp und die neue Softwareverwaltung unter Ubuntu 9.10 ist auch vielversprechend.
Ich jedenfalls tue mich daher schwer, Linux bei mir oder Kunden produktiv einzusetzen obwohl ich insgeheim davon überzeugt bin. Nur kann ich nicht mit gutem Gewissen Service anbieten, denn es fehlt einfach Erfahrung.
Zu Windows 7 noch kurz: Technisch echt nix auszusetzen, aber leider hat es noch viel der Vista-Optik übernommen, und die unsinnige Zerstreuung der diversen Systemverwaltungs-"Schalter" samt nervtötender Assistenten ist keinen Fatz besser geworden. Sicher ok oder erleichternd für Normalos, aber für uns Techniker waren W2K und XP einfach perfekt...
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Ich glaube ich bin in einem Punkt gründlich missverstanden worden. Ich wollte nichts gegen Linux schreiben, im Gegenteil. Ich mag es selber und habe es auf mehreren Rechnern im Einsatz. Der wichtigste PC ist aber mein Notebook, und auf dem MUSS XP Pro drauf. D.h. bei mir scheitert der Einsatz auf breiter Front lediglich an einigen Spezialanwendungen. Und mehrere OS auf einem Rechner finde ich auch nicht so der Hit. Das ist zwar kein Problem, aber genutzt habe ich es kaum.
Es tut mir leid wenn ich wieder Grabenkämpfe verursacht habe. Mein Ansinnen war zu ergründen, warum Linux noch lange nicht den Erfolg auf dem Desktop hat den es verdient. Meine hohe Meinung habe ich aber trotz Kritik im Detail nicht verleugnet.
Über einige Aussagen habe ich mich extrem gewundert, so scheinen hier prozentual viele Anwender unterwegs zu sein, für die ein Rechner mit Unix das optimale Werkzeug ist und deren Leben sich auf der Kommandozeile abspielt. Im Eingabefenster seinen Rechner administrieren oder einen Linux-Server ohne KDE oder Gnome betreiben... ok, macht Sinn. Aber der normale Nutzer hat da andere Vorstellungen.
Die Unix-Grundsätze habe ich mir schon vor Langem zu Gemüte geführt und -glaube ich- ganz gut verstanden. Nur konnte ich nicht lesen, daß Unix nichts auf dem Desktop zu suchen hat oder grafisch aufgepeppt werden darf.
Ich habe bislang kaum ein wirkliches technisches Argument GEGEN Linux auf dem Desktop gehört, aber genug Quatsch der viele davon abhält es mal damit zu probieren. Hoffentlich wird das noch anders, KDE und Gnome haben es jedenfalls verdient!