Hallo,
was haltet Ihr davon:
Vor ein paar Jahren hat ein älterer Mann für sich und seine Frau jeweils eine Sterbegeld-Versicherung abgeschlossen.
Abgeschlossen wurden die Verträge durch einen nebenberuflichen Versicherungsmann der Versicherung A.
Auch auf dem Antragsformular steht oben der Kopf der Versicherung A. Erst darunter sieht man den Namen der eigentlichen Versicherer und zwar die Versicherung B.
Im Antragsformular sind die Vertrauensperson und die Bezugsberechtigte Person anzugeben. Als Vertrauensperson wurde der jeweilige Ehepartner angegeben - das Feld für die Bezugsberechtigte Person wurde freigelassen.
(Vermutlich absichtlich)
Aber es war vom Versicherungsnehmer gewollt, dass der jeweilige Ehepartner als Bezugsberechtigte Person eingesetzt wird - analog zur Vertrauensperson).
Als die Policen zugesendet wurden stand plötzlich als "unwiderruflich bezugsberechtigte Person" - ein großes deutschlandweit agierendes Bestattungsunternehmen C (in Bestatter-Kreisen auch bekannt durch möglicherweise dubiose Geschäftspraktiken).
Diese Unstimmigkeit ist damals nicht aufgefallen - wie ältere Leute halt eben nicht immer alles so genau verstehen.
Was ebenfalls etwas seltsam ist, ist die Tatsache, dass das Bestattungsunternehmen C ein Tocherunternehmen der Versicherung B ist.
Und nun ist der Versicherungsfall eingetreten - die Ehefrau ist verstorben.
Als Bestatter wurde der örtliche und befreundete Bestatter D genommen werden.
Allerdings geht jetzt nicht die gesamte Versicherungssumme an den Ehepartner bzw. den beauftragten Bestatter D.
Denn zuerst bekommt der Bestatter C das gesamte Geld überwiesen und behält sich (Branchenüblich) 10% der Versicherungssumme als Gebühr ein.
Was haltet Ihr von dieser Sache ?
Ist die Bindung an den Bestatter C wirklich unwiderruflich oder ist sie möglicherweise sittenwidrig und somit unwirksam?
Danke schon mal für Eure Antworten.
Archiv Contra Nepp 3.045 Themen, 42.321 Beiträge
Hallo Ihr zusammen, als Versicherungskaufmann deute ich das so:
§ 5 Abweichender Versicherungsschein (Versicherungsvertragsgesetz; Abschnitt 1)
(1) Weicht der Inhalt des Versicherungsscheins von dem Antrag des Versicherungsnehmers oder den getroffenen Vereinbarungen ab, gilt die Abweichung als genehmigt, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 erfüllt sind und der Versicherungsnehmer nicht innerhalb eines Monats nach Zugang des Versicherungsscheins in Textform widerspricht.
(2) Der Versicherer hat den Versicherungsnehmer bei Übermittlung des Versicherungsscheins darauf hinzuweisen, dass Abweichungen als genehmigt gelten, wenn der Versicherungsnehmer nicht innerhalb eines Monats nach Zugang des Versicherungsscheins in Textform widerspricht. Auf jede Abweichung und die hiermit verbundenen Rechtsfolgen ist der Versicherungsnehmer durch einen auffälligen Hinweis im Versicherungsschein aufmerksam zu machen.
(3) Hat der Versicherer die Verpflichtungen nach Absatz 2 nicht erfüllt, gilt der Vertrag als mit dem Inhalt des Antrags des Versicherungsnehmers geschlossen.
(4) Eine Vereinbarung, durch die der Versicherungsnehmer darauf verzichtet, den Vertrag wegen Irrtums anzufechten, ist unwirksam.
Das heißt im Klartext:
Hat der VN (Versicherungsnehmer) die Police (Versicherungsschein) erhalten, und auf dieser war nicht deutlich eine Abweichung vom Antrag vermerkt, bzw. der VN wurde nicht darauf hingewiesen, dann ist der Vertrag so zustande gekommen, dass in diesem Fall das Feld für die Bezugsberechtigung im Antrag leer ist. D.h. es gilt die gesetzliche Erbfolge. Die Versicherungssumme geht an die Angehörigen.
In manchen Fällen wird bei einer Sterbegeldversicherung die ja im eigentlichen Sinn die Bestattungskosten decken soll, das Bestattungsunternehmen welches die Beerdigung durchführen soll, genannt. Da dies offensichtlich (leeres Feld im Antrag) nicht der Fall war, gilt obiges (Anspruch für die Angehörigen).
Die Sache auf jeden Fall der BaFin (Bundesaufsichtsamt für Finanzdienstleistungen) melden, die sind zumindest in der Lage, gegen die Anbieter der Versicherung vorzugehen. Und Anzeige bei der Polizei machen. Arglistige Täuschung. Da die Summe ja noch nicht an das Unternehmen C ging, liegt noch kein Betrug, aber allerdings die Absicht vor. Schließlich bleibt es ja jedem selbst überlassen, welchen Bestatter man nimmt.
Bei entsprechender Vollmacht kann die Versicherung (in diesem Fall B) den Vertreter oder Vermittler (hier A) verantwortlich machen.
Im Klartext, der Gesellschaft B kann man kaum was machen, außer man kann nachweißen, dass Sie Ihre Vermittler/Vertreter bewusst solche Verträge abschliessen lässt. Aber durch obiges Gesetz hätten sie keine Chance.
Traurig dass es solche Fälle gibt. Der hat bestimmt ordentlich Provision kassiert...
Die Verjährungsfrist für Provisionsstorno ist ja auch schon abgelaufen.
(P.S.: Ich hoffe, dass ich es so hinbekommen habe wie ich es gelernt habe ;-))
Gruß Marco