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News: Innenminister mit kirrem Dreh

Stasi 2.0 will Demokratie abschaffen

Redaktion / 112 Antworten / Flachansicht Nickles

Eigentlich sollte das neue BKA-Gesetz bezüglich heimlicher Online-Durchsuchungen längst beschlossene Sache sein, am 6.11 wurde es von der Koalition abgesegnet (siehe Koalition segnet Schnüffel-Gesetz ab). Dabei wurde vor allem geregelt, wie das Verfahren zur jeweiligen Genehmigung einer Online-Durchsuchung abläuft.

Grundsätzlich ist eine Durchsuchung erst nach Genehmigung durch einen Richter möglich. Aber: der BKA-Präsident kann in dringenden Fällen allerdings auch ohne Richterbeschluss loslegen. Exakt diese beliebig auslegbare schwammige Formulierung "dringende Fälle", hat bei diversen Bundestags-Abgeordneten schließlich doch noch den Denkapparat aktiviert.

Das führte dazu, dass jetzt die nötige Stimmenmehrheit zur Durchsetzung des BKA-Gesetzes fehlt. Kurzum: die Mehrheit der Abgeordneten hat inzwischen gerafft, dass das geplante Gesetz Mist ist und zumindest eine Nachbesserung durchgeführt werden muss.

Den "Stasi 2.0 Chef" Wolfgang Schäuble scheint Stimmenmehrheit der Volksvertreter einen Dreck zu scheren. Er hat eine neue Masche ausgegraben, um das BKA-Gesetz in seiner geplanten Form - gegen den Willen der Mehrheit - durchzusetzen. Der Dreh ist simpel. Aktuell ist es so, dass Stimmenthaltungen als "nein" gewertet werden und das dazu führen kann, dass keine Mehrheit zur Verabschiedung eines neuen Gesetzes gefunden wird.

Drum strebt Schäuble jetzt eine Änderung des Grundgesetzes an. Stimmenthaltungen haben dann kein Gewicht mehr. Und im Fall des neuen BKA-Gesetzes wäre das dann mühelos erledigt.

Die Grünen-Fraktionschefin Renate Künast hat es auf den Punkt gebracht und Schäuble damit quasi zum Rücktritt aufgefordert: "Dieser Minister hat entweder die Demokratie nicht verstanden, oder er will sie abschaffen", sagte sie. "In beiden Fällen ist er als Innenminister untragbar."

Michael Nickles meint: Wenn ich hier das schreiben würde, was ich grad denke, dann würde ich gewiss verdammten Ärger kriegen. Der Begriff "Stasi 2.0" hat es inzwischen übrigens sogar in die Wikipedia geschafft (siehe hier)

Quelle: Financial Times

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...ne auch nicht. - GarfTermy
gerhard38 jueki „Das ist eben das Schöne an der Sache. Und zwar das gezielte und absichtliche...“
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Zur Erklärung: Wenn ich hier das Wort "Ich" gebrauche, dann ist damit die große Gemeinschaft der Bürger gemeint.. Warum sagst Du das nicht gleich? Offensichtlich bist Du dazu ja in der Lage. Du solltest aber noch dazu sagen, ob "die große Gemeinschaft der Bürger" jetzt _alle_ Bürger sind oder nur jene, die deine Meinung vertreten. Solltest Du _alle_ meinen, dann kann ich mich nur wundern, wie man die Behauptung aufstellen kann, dass die ein Gesetz nicht verhindern könnten. Möglicherweise schließt Du von dir auf andere und überschätzt den Anteil jener, die gegen das Gesetz sind.

Das gesamte Wahlvolk hat jede Möglichkeit, jedes Gesetz zu verhindern, wenn es das will. Offensichtlich findet sich dafür aber bisher keine ausreichende demokratische Mehrheit.

Und zur Diskussion stehen ja 2 Gesetze: Das über die Online-Durchsuchung und das über die Änderung des Grundgesetzes. Bezüglich letzterem ist ja dieser Thread losgetreten worden und schon eingangs festgestellt worden, dass Die Grünen-Fraktionschefin Renate Künast ... und Schäuble damit quasi zum Rücktritt aufgefordert: "Dieser Minister hat entweder die Demokratie nicht verstanden, oder er will sie abschaffen", sagte sie. "In beiden Fällen ist er als Innenminister untragbar.".

Also, wenn jemand das Grundgesetz ändern will, hat er sehr wohl Demokratie verstanden, denn wäre es keine Demokratie, bräuchte er sich um das Gesetz gar nicht zu kümmern. Es kann auch kein Verbrechen sein, Gesetze ändern zu wollen, selbst dann nicht, wenn es das Grundgesetz ist. In jedem Fall bedarf es zur Annahme der Gesetzesvorlage einer Mehrheit.

Und da sind wir beim dritten Punkt: Die "Mehrheit", die gegen das Online-Durchsuchungsgesetz sind, sind offenbar gar keine "absolute", sonder bestenfalls eine "relative" Mehrheit, die dadurch zustande kommt, weil sich zahlreiche Abgeordnete ihrer Stimme enthalten, andernfalls hätte die Änderung des Grundgesetzes ja keinen Sinn. (Ich persönlich halte das für eine Ungehörigkeit dem Staatsbürger gegenüber, denn dafür werden die Abgeordneten bezahlt und gewählt, dass sie Entscheidungen treffen, und nicht, dass sie sich einfach der Stimme enthalten.) Mit anderen Worten: Wenn tatsächlich eine relative Mehrheit gegen ein Gesetz ist (= Nein-Stimmen), dann wäre das ohnehin schon ausreichend, um das Gesetz zu Fall zu bringen, da bedarf es gar nicht mehr der Stimmen derjenigen, die sich der Stimme enthalten, um sie auch noch als "Nein"-Stimmen zu werten. In so einer Situation hätte die Änderung des Grundgesetzes keinen Sinn, da sich an nichts an der relativen Mehrheit ändert.

Anders sieht die Sache aber dann aus, wenn die sogenannte "Mehrheit", die angeblich gegen das Gesetz ist, gar keine echte relative oder absolute Mehrheit ist, sondern nur rechnerisch dadurch zustande kommt, dass man einer Minderheit auch noch alle Stimmenthaltungen als "Nein" hinzuzählt. Als Beispiel: Wenn von 100 Wahlberechtigten 40 dafür sind, 10 dagegen und sich 50 der Stimme enthalten, ist es schon ein starkes Stück, so zu tun, als wären in Wirklichkeit 60 dagegen und "nur" 40 dafür.

Wozu gibt es dann noch "Nein", wenn Enthaltung ebenfalls "Nein" bedeutet? Und hier die Sinnhaftigkeit der Wahlordnung zu hinterfragen - nämlich Enthaltungen als "Nein" zu zählen - halte ich für durchaus legitim und die Vor- und Nachteile der jeweiligen Regelung werden sicher diskutiert werden.

Wie auch immer: Gleichgültig, ob es sich um ein einfaches Gesetz oder das Grundgesetz handelt, der Gesetzgeber wird - durchaus demokratisch -nicht drum herum kommen, eine Mehrheit finden zu müssen, die das absegnet. Ich kann hier in keinster Weise ein Demokratiedefizit erblicken.

Gruß, Gerhard
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