Wahrscheinlich wenig verwunderlich, bin ich entschieden für das zweite Modell.
Ich habe sehr viel mit Kindern und Jugendlichen (mit und ohne Behinderung) gearbeitet und tue es teils auch heute noch. Ich habe also genügend fachlichen und empirischen Background, um ziemlich genau zu verstehen, was Du meinst.
Dazu passt folgendes: Mir war schon Ende der 70er / Anfang der 80er Jahre aufgefallen, dass die Geschwister von (schwer)behinderten Kindern fast regelmäßig überdurchschnittlich hohe soziale Kompetenzen zeigen - und das, obwohl sie zu Hause üblicherweise viel zurück stecken müssen und hinsichtlich dessen, was man sich gemeinhin unter "Förderung" vorstellt, oft zu kurz kommen, weil sie quasi immer im Schatten des behinderten Kindes stehen, welches fast zwangsläufig mehr Zeit, Aufmerksamkeit und Sorge auf sich zieht.
Dass solche Geschwister trotzdem typischerweise eindeutig von der Situation profitieren, menschlich wesentlich reifer sind und mehr "über das Leben" wissen als durchschnittliche Kinder gleichen Alters, bestätigt letztlich auf etwas anderer Ebene, was Du zum zweiten Schulmodell geschrieben hast.
Aus dem gleichen Grund bin ich auch ein überzeugter Verfechter integrativer Beschulung - also Integration Behinderter in normale Schulen und Klassenverbände statt "Sonderschulen" -, wann immer das praktikabel ist. Beide Fraktionen profitieren dabei erheblich voneinander.
Ach ja, was auch noch erwähnt werden sollte: das funktioniert nicht nur bei Kindern untereinander. Auch ich habe den (angeblich "schwierigen") Kindern und Jugendlichen unendlich viel zu verdanken und lern(t)e viel von ihnen, mit ihnen und durch sie. Man muss es nur an sich heran lassen.
Gruß, Manfred