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kleine waffenkunde ausgekotzt
gerhard38 Crazy Eye „Ich wußte gar nicht das die Amis solch große Caliber zuhause rumstehen haben,...“
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Im Film "Bowling for Columbine" gehr der Dokumentarfilmer Michael Moore diesem Phänomen nach. Wenn ich mich recht erinnere, wird dort auch diskutiert, dass für "Deer-hunting" nicht unbedingt Automatik-Waffen benötigt würden. Jedenfalls ist der Waffenbesitz in der US Verfassung festgeschrieben und in einzelnen (einem einzigen?) Bundesstaaten ist jeder Haushalt sogar (angeblich) verpflichtet, eine Waffe zu haben. Da Mord, Notwehrüberschreitung, fahrlässige Tötung in den USA natürlich auch strafbar sind, muss sich jeder selbst überlegen, unter welchen Umständen er zur Waffe greift.

Ganz von der Hand zu weisen ist die US Regelung nicht: Es ist unmöglich, hinter jeden Bürger einen Polizisten zu stellen, der bei Gefahr in Verzug schnell genug eingreifen kann. Hier bietet das Gesetz dem Bürger die Möglichkeit, sich selbst zu schützen, wenn er das Gefühl hat, dass er einer Bedrohung ausgeliefert ist, vor der ihn zwar formal das Gesetz, jedoch nicht ein Polizist schützt. Das scheint jedoch eher zur Beruhigung der Leute zu dienen, denn ein möglicher Angreifer bei einem Überfall wartet sicher nicht darauf, dass der Angegriffene seine Artillerie hervorholt, und insgesamt führt es eher dazu, dass der Angreifer ebenfalls erhöht gewaltbereit ist. Die Effizienz der landesweiten Bewaffnung als Schutz vor Gewaltdelikten scheint in keiner Weise nachgewiesen, dafür gibt es umgekehr die weltweit (sofern Zahlenmaterial zugänglich ist, also bevorzugt "westliche" Länder) mit großem Abstand größte Zahl Todesfälle durch Schusswaffeneinsatz. Die US Kriminalstatistik ist eher der gegenteilige Beweis (statistisch gesehen, nicht kausal interpretiert!), dass erhöhte Bewaffnung der Bevölkerung zu mehr Sicherheit führen würde.

Interessant ist auch der kulturelle Vergleich mit Kanada, also einem angrenzenden Land und einer Bevölkerung, die ja soziologisch der amerikanischen nicht so unähnlich ist, die gleichen europäischen kulturellen Wurzeln hat etc. etc., wie dort die Zustände ganz andere sind.

Moore diskutiert auch die Möglichkeit, dass es Bestandteil der US Politik sein könnte, die Bevölkerung in ständiger Furcht vor zahlreichen und unterschiedlichen Bedrohungen zu halten (nicht nur Terroristen, auch Killerbienen, Ozonloch, etc.) um dadurch leichter Gesetze und Beschlüsse durchsetzen zu können, die dann deshalb von der Bevölkerung akzeptiert werden, obwohl sie stets auch Grundrechte beschneiden, da es ja vorgeblich zu deren eigenem "Schutz" vor diesen hochstilisierten Gefahren ist.

Als "krank" würde ich das nicht bezeichnen wenn eine Gesellschaft sich selbst andere Spielregeln gibt wie ich sie vielleicht bevorzugen würde. Aber vielleicht halten uns die Amis ja im Gegenzug für krank, da der einzelne Bürger bei uns nicht mehr bereit ist, selbst etwas für seine Sicherheit zu tun, sozusagen eine Ansammlung von Weicheiern und Memmen, die sich lieber auf die Polizei verlässt, die dann irgendwann einmal vorbeikommt oder auch nicht. Was man sicher machen kann ist, die Vor- und Nachteile von privatem Feuerwaffenbesitz zu diskutieren und dabei auch die psychologischen Effekte mit einzubeziehen: Wie ist das Lebensgefühl der breiten Masse, ihr durchschnittliches öffentliches Verhalten, wenn sie sich a) ständig persönlich bedroht fühlt und b) sie eine Waffe mit sich führt / führen darf / führen soll, und ob das, vom Gesichtspunkt eines angestrebten harmonischen, zivilisierten und kultivierten Miteinander innerhalb eines demokratischen Staates, eher förderlich oder eher abträglich ist.

Gruß, Gerhard

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