Die Rede findet sich hier:
http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/co/15978/1.html
Sicherlich nicht so sehr, jedenfalls vordergründig beim Schräglesen. Es kommen zwar heftige Anklagen gegen Teile der Juden (Bolschewiken, ungläubige), aber er bekennt sich auch unablässig (!) zur deutschen Schuld den Juden gegenüber. Um dann feststellen zu können, die ständige Erinnerung daran sei doch etwas sehr Schädliches. Wenn seine Rede hier schon ein wenig infam ist, was werden wir dann wohl noch finden? Schauen wir mal an, wie er vorgeht.
Zunächst redet er ziemlich durcheinander. Vom Kalifen von Köln, von Miami-Rolf, von Viagra für Sozialhilfeempfänger (die Leute sind wohl grundsätzlich Schuldige). Seine Rede zum Judenthema ist zwar nicht per Argumentation, aber doch per Nebeneinanderstellung mit dem Schmarotzer-Thema verwoben - das kennen wir, nur eben in der direkteren Variante, aus der Nazizeit.
Er bekämpft dann noch Eigennutz und Anspruchsdenken nicht nur bei Sozialhilfeempfängern, nein er vergisst nicht einmal skandalöse Managerabfindungen. Wäre er doch bei diesem Thema geblieben, aber er hat gerechtes Lamento auf seinem Plan stehen, denn es gibt nicht nur Anspruchsdenken, nein es gibt eben auch ungerechte Belastungen!
Er hat da Probleme ausgemacht, interessanter Weise um zu lamentieren. Wie man das politisch besser gedreht bekommt, weiß er nicht, außer vielleicht einfach nix mehr zu zahlen. Wehklagen an ein ungerechtes Schicksal, nebenbei, das war Hitlers wichtigste Rethorikfigur!
1) Zahlungen an die EU
2) Deutsche Zwangsarbeiter wurden nie entschädigt???? Rethorisch richtig trixi: Ob Deutschland für diese Faschismusfolge gegenüber seinen Bürgern selber eingetreten ist, wird nicht behandelt. Vielmehr wird auf ausländische Regierungen abgehoben...obwohl die Länder ihre Kriegsschäden nur bruchstückhaft ersetzt bekamen.
3) "Ist die Bundesregierung angesichts der Wirtschaftsentwicklung und des Rückgangs der Steuereinnahmen bereit, ihre Entschädigungszahlungen nach dem Bundesentschädigungsgesetz (also an - vor allem jüdische - Opfer des Nationalsozialismus) der gesunkenen Leistungsfähigkeit des deutschen Staates anzupassen? Die Antwort war: Nein, der Respekt vor dem damaligen Leiden dieser Menschen gebiete, das Entschädigungsniveau uneingeschränkt aufrechtzuerhalten. "
Seine Schlussfolgerung: Der deutsche Staat sollte vor allen Dingen für die eigenen Bürger da sein. Warum ist das nicht so? Es liegt an der Geschichte. Eben an Hitlers Untaten und dass diesen Untaten immer noch zu vielzuviel Raum eingeräumt wird. Er zitiert Olaf Henkel: "Unsere Erbsünde lähmt das Land."
Hier bahnt sich also an, was später als Argumentation rauskommt. Weil die Juden nicht verzeihen können, kommt das Land nicht in Schwung. Die abgewürgte Konjunktur hat mit den Juden zu tun, die nicht vergessen können.
"Der Rest der Welt hat sich hingegen in der Rolle der Unschuldslämmer - jedenfalls der relativen Unschuldslämmer - bestens eingerichtet." Während bei uns Hinterfragen, das Kritisieren, das Entlarven angesagt ist. Dann knöpft er sich noch Goldhagen vor, naja.
Er schimpft noch ein bisschen auf die NPD und Hitler - kann man ja auch verlangen - um dann überzuleiten: "Nicht die braunen Horden, die sich unter den Symbolen des Guten (?) sammeln, machen tiefe Sorgen. Schwere Sorgen macht eine allgegenwärtige Mutzerstörung im nationalen Selbstbewusstsein, die durch Hitlers Nachwirkungen ausgelöst wurde." (Fragezeichen von mir eingefügt)
Dass wir ein Tätervolk sind, lähmt den Mut.
Nach der bisherigen rethorischen Einstimmung - immerhin mehr als die Hälfte der Rede - kommt jetzt ne rethorische Keule zum Einsatz, wie man sie nicht alle Tage hört:
"Auf diesem Hintergrund stelle ich die provozierende Frage: Gibt es auch beim jüdischen Volk, das wir ausschließlich in der Opferrolle wahrnehmen, eine dunkle Seite in der neueren Geschichte oder waren Juden ausschließlich die Opfer, die Leidtragenden?"
Und da hat er Henry Ford ausgemacht, den mit der Tin Lizzy, der weiß die Antwort.
"Er (Henry) vermeinte, einen "alljüdischen Stempel auf dem roten Russland" ausmachen zu können wo damals die bolschewistische Revolution tobte. Er bezeichnete die Juden in "hervorragendem Maße" als "Revolutionsmacher"."
Auch um andere Zitate ist er nicht verlegen:
"Der Sozialismus ist eine jüdische Idee ... Jahrtausende predigten unsere Weisen den Sozialismus."
Leider, leider vergisst Hohmann dabei, dass alle Religionen Sozialismus-Elemente enthalten, da knabbert selbst die CSU gelegentlich ratlos dran rum. Man muss sagen an dieser Stelle hat er sich doch so einseitig auf die Juden eingeschossen, dass es in Zukunft nicht mehr zum Spitzenpolitiker reichen wird.
Nun zählt er Prozentsätze von Juden auf (erschreckend hoch), bei SPD und KPs und vergisst, dass jüdische Intellektuelle sowie so überall dort überrepräsentativ vertreten waren, wo man mit gedanklicher Beweglichkeit noch was werden konnte, Beziehungen oder Abstammung nicht allein den Karriereweg ebneten.
Jetzt kommt der Zarenmord, die Münchener Räterepublik (da unten gibt es ja noch immer diese anarchistischen Biergärten).
"Auch die Ende April 1919 von Rotgardisten durchgeführte Erschießung von sieben Mitgliedern der "Thule-Gesellschaft", die in enger Verbindung zur späteren NSDAP stand, zeigt die Entschlossenheit des revolutionären Prozesses." Zu wenig Entschlossenheit werden andere Leute als Hohmann meinen, schade dass nicht die gesamte Thule-Gesellschaft samt NSDAP weggeputzt wurde, aber Hohmann findet nun mal Mord ist Mord und zeige mörderische Gesinnung, wer kann sich so simpler Logik entziehen? Denn diese Tschekisten haben auch noch viele Kirchenleute getötet. Schließlich stellt er noch fest, dass nicht-religiöse Juden (Trotzki) religiöse Juden gemordet haben. Da sieht er das Grundproblem, den Unglauben. (Nebenbei, Hitler meinte jede große Idee hätte sich durch religiösen Fanatismus ausgezeichnet.)
Am Anfang dieser Argumentationslinie hatte er zwar noch die jüdische Religion für sozialistische Ideen verantwortlich gemacht, aber wirklich schlimm sind die anti-religiösen Juden. Doch was nun, Schluss mit der Differenzierung die kein klares Bild ergibt, zum rethorischen Redeschluss kommt nun mal der ganzheitliche Rundschlag.
"Daher könnte man Juden mit einiger Berechtigung als "Tätervolk" bezeichnen. Das mag erschreckend klingen. Es würde aber der gleichen Logik folgen, mit der man Deutsche als Tätervolk bezeichnet." Na mit der Logik steht Hohmann eben auf Kriegsfuß. Mord = Täter. Eine Ideologie, die alle Juden vernichten wollte (also etwas, das noch erschreckender ist, als Mord aus niederen Beweggründen oder abgestürzten Idealen) kommt in dieser eindimensional-zurechtgestutzten Logik nicht vor.
Nach all den grausigen Erkenntnissen folgt nun nicht der gerechte Zorn, kein Progromaufruf, ja nicht einmal etwas Bedenkenswertes oder ein Zukunftsprojekt, sondern positives Denken pur, in brutaler Schlichtheit:
"Unser Leitspruch sei: Gerechtigkeit für Deutschland, Gerechtigkeit für Deutsche."
"Mit Gott in eine gute Zukunft besonders für unser deutsches Vaterland!" Ähnlich im Tonfall wird die Mehrheit aller Nazireden geendet haben.
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Die eigentliche Frage ist doch: Wer hat diese Rede denn eigentlich wirklich komplett (nicht nur in Auszügen!) gelesen? Wo ist diese Rede antisemitisch? Welche darin aufgeführten Tatsachen entsprechen nicht der Wahrheit und sind erfunden?
Nach einem ersten Studieren dieser Schrift stellte ich mir ebenfalls die oben aufgeführten Fragen. Die erhobenen Vorwürfe waren für mich nicht wirklich nachvollziehbar. Bin nun also ich antisemitisch eingestellt? - Ich glaube nicht, denn bisher bin ich allen Religionen und ihren Auffassungen mit gebührender Akzeptanz und Respekt begegnet. Gerade mit dem Judentum und ihrer Religion habe ich mich in der Vergangenheit wiederholt begeistert und fasziniert beschäftigt. Unter anderem ist der jüdische Glauben an der "Geburt" des Christentums nicht unwesentlich beteiligt und in vielen Aspekten und Ritualen erscheint er häufig wie eine "Brücke" zwischen Orient und Okzident.
Leider musste ich feststellen, dass einige der veröffentlichten Auszüge der Hohmann-Rede massivst dem Zusammenhang entrissen waren. Darum kann ich nur jedem nahe legen, sich das ganze einmal durchzulesen.
Aber auf was will Herr Hohmann in seiner Rede eigentlich hinaus?
Diese Rede stellt sich für mich als ein Versuch dar, den dunklen und traurigen Aspekten der deutsch-jüdischen Vergangenheit in sicherlich für uns ungewohnter Perspektive zu begegnen.
Wir haben es in einem vereinten Deutschland bis heute nicht geschafft, ein nationales Eigenverständnis und dem damit verbundenen Mut zur Vergangenheit zu begegnen. Bei den Worten "Juden in Deutschland" steigt vielen Politikern zumindest innerlich Schamröte ins Gesicht. Aber warum?
Ich habe den Eindruck, Juden in Deutschland werden aufgrund der Vergangeheit immer wieder wie ein rohes Ei behandelt und der Eindruck eines kleinen Staates im Staate lässt sich nicht von der Hand weisen. Aber Fakt ist: wir reden hier über Glaubensauffassungen, die nach unserem Grundgesetz immer noch eine absolut private Angelegenheit sind. Juden in Deutschland werden aufgrund der Vergangenheit leider viel zu oft als "deutsche Juden" behandelt und zugleich auch als politische Institution; die Tatsache, dass es "Deutsche jüdischen Glaubens" sind liegt in der gesamten Dikussion leider ferner denn je. Dies im wesentlichen neu zu gestalten ist ebenfalls eine Augabe des Zentralrates der Juden in Deutschland.
Ehrlisch gesagt fühle ich mich nicht verantwortlich für den begangenen Holocaust an den Völkern Europas. Und ich lehne es ab, dafür noch immer bereits in der zweiten Nachkriegsgeneration verantwortlich gemacht zu werden - nicht nur in Form von finanziellen Gutmachungen etc. Mit dieser Meinung stehe ich sicher nicht allein. Wohl gemerkt: ein schlichtes Verdrängen und Vergessen der Vergangenheit lehne ich ab. Das differenzierte und sensible Auseinandersetzen mit den Tatsachen der deutschen und europäischen Vergangenheit ist nötiger denn je. Und Fakt ist eben auch, dass neben vielen vielen Juden auch viele andere Religionen und Volksgruppen unter der Naziherrschaft intensivst verfolgt worden sind. Leider zeigt sich in der deutschen Öffentlichkeit nur allzu oft das Bild, dass der Zentralrat der Juden in Deutschland sich als "wichtigstes" (einzigstes?) Opfer des Nationalsozialismus "empfindet". Dieser Art der Selbstdarstellung sind viele in unserem Lande mehr als überdrüssig. Und wenn dann auch noch der Zentralrat Strafanzeige gegen Herrn Hohmann stellt oder Herr Friedmann in der ARD sich als vorgekokster bzw. vorbestrafter Publizist zum Thema "Glaubwürdigkeit von Politikern" bei Frau Christiansen am Sonntag Abend äussert wird dieses negative Erscheinungsbild der jüdischen Vertreter in Deutschland zusätzlich genährt.
Im wesentlichen bin ich der Auffassung, dass Herr Hohmann mit seiner Rede als Lückenfüller für die deutsche Medienlandschaft herhalten sollte. Ich bezweifle, dass die meisten Journalisten tatsächlich komplett diese Rede gelesen haben.
Und das Stolpern des Generals ist meiner Ansicht nach nichts anderes als der Versuch der SPD den Eindruck zu erwecken gegenüber der CDU einen Schritt weiter zu sein. Mit Sicherheit hätte die Bundeswehr keinen Mann zum Chef einer Eliteeinheit gemacht, wenn sie auch nur im Ansatz den Eindruck gehabt hätte, bei ihm lägen antisemitische Auffassungen im Verborgenen.
Was ist des positive Aspekt dieser Hohmann-Affäre?
Eine differenzierte und objektive Dikussion über die dunkle Vergangenheit der Deutschen und die Verfolgung anderer ist gerade in einer Zeit, in der Europa aufbricht zu neuen Horizonten nötiger denn je.