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Abtastraten bei der Digitalisierung von Musik

Olaf19 / 21 Antworten / Flachansicht Nickles

Hallo zusammen.

Mal wieder eine theoretische Frage, die mich schon recht lange beschäftigt.
Wenn man Musik in CD-Qualität digital aufnehmen will, benötigt man eine Datenbreite von 16 bit und eine Abtastrate von 44100 Hz = 44,1 kHz. Letzteres ist auf den ersten Blick unverständlich, da das menschliche Ohr nur bis 20 kHz hören kann - und das auch nur in jungen Jahren. Alles, was darüber liegt, ist schon Ultraschall.

Es gilt aber das nach einem schwedischen Physiker benannte "Nyquist-Theorem": Die Abtastrate von Audio-Material muß mindestens bzw. mehr als doppelt so hoch sein wie die höchste Frequenz des Nutzsignals - also (über) 40 kHz Abtastrate für 20 kHz im Nutzsignal. Sonst kommt es zu sog. "Artefakten" (Störanteilen im Nutzsignal). Bei diesen Artefakten handelt es sich um Spiegelungen von Frequenzen aus dem Ultraschallbereich in den hörbaren Bereich hinein.

Vor einigen Jahren habe ich mit einem AKAI-Sampler recht höhenlastiges Material mit der halben Sampling-Rate, nämlich 22,05 kHz aufgenommen. Und in der Tat: Das Ergebnis klang "muffig", d.h. die Höhen waren in ihrer Klangqualität hörbar beeinträchtigt, obwohl die Abtastrate 10% über der höchsten hörbaren Frequenz gelegen hat.


Herr Nyquist hatte also recht. Nun zu meiner schlichten Frage: Weiß jemand, warum das so ist?
Wie ist diese akustische Fata Morgana - denn um nichts anderes handelt es sich bei diesen Frequenz-Spiegelungen - zu erklären?
Es sollte mich nicht allzu sehr wundern, wenn dieser Thread mit null Antworten im Nickles-Archiv verschwindet - aber einen Versuch ist es mir wert.

Danke schon mal für Eure Antworten.

CU
Olaf19

Abtasttheorem nach Shannon rill
LP-Direktschnitte rill
LP-Direktschnitte Olaf19
Herman Munster Pumbo „Das kam doch so Anfang bis Mitte der Achtziger Jahre herum auf“
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Stimmt! Nicht nur in der Mode kommt alles immer mal wieder hervor...

Und - um nun die Ausgangsfrage damit VOLLKOMMEN zu verlassen ;-)) (wie war sie doch gleich...) - war der dann aufkommenden Tonbandtechnik beinahe auch schon wieder das vorzeitige Ende beschieden gewesen.

Von Anfang an wurden für die Tonbänder (bis man auch die richtigen Materialien für das "Band" selber kam... öha!) Reineisenbänder verwendet. Was da also in den 80er bei Cassettenrekordern wieder mal die letzte technische Errungenschaft war, Kassetten mit Eisenmetall, nicht mit Rost drin, war schon damals ´n alter alter Hut.

Nur gab es ein großes Problem: für einen feinen Klang mußte das Eisenmetall auch in sehr feinen Körnchen vorliegen. Und bei so derart kleinen Körnchen, wie man es hierfür benötigte, ist das Eisen, wie der Chemiker sagt pyrophor (in etwa: "feuertragend"). Eisenmetall oxidiert, rostet, kennt man, alter Hut. Aber sehr feinkörniges Eisenmetall rostet derartig plötzlich und mit einem derartigen Energieausstoß, daß man es problemlos eine Explosion nennen darf - ohne Übertreibung! Wegen der enormen Oberfläche sämtlicher Eisenpartikel. So ähnlich wie eine Kohlestaubexplosion, brennt besser als grobe Brocken, explodiert aber auch leichter. Das Kieler Wärmekraftwerk hat es in den 70ern (oder so) mal beinahe vollkommen zerfetzt...

Zurück zum Eisen. Man war in einem Dilemma. Einerseits MUßTE das Eisen sehr feinkörnig sein (so klein, daß es fließt wie eine Flüssigkeit) für einen guten Klang, andererseits war es damit eine extrem potente Bombe. Und andererseits rostete es schneller, je größer (feinkörniger) die Oberfläche ist. Außerdem waren die Eisenkörner, die man sich getraute zu produzieren, so groß und zwangsläufig so scharfkantig, daß der arme Tonkopf im Nu abgeschliffen war. Bzw. seine Riefen zerstörte das Bandmaterial.

Eine Lösung war, die Eisenpartikel mit so viel Bandmaterial zuzukleistern, bis die Oberfläche glatt war. Aber dadurch waren die Eisenteile zu weit weg vom Tonkopf (die Magnetfeldstärke der damals auch noch nicht so starken Tonköpfe sinkt etwa mit dem Quadrat der Entfernung, so übern Daumen), also geringe Magnetisierung, dadurch hohes Grundrauschen, damit mieser Klang.

Außerdem waren diese dicken Bänder spröde. Sie mußten ja von einer Rolle ab- und von einern anderen wieder aufgewickelt werden. Und waren sie gebrochen (bisweilen sogar total durchgebrochen) oder eingerissen, fingen sie prompt an zu rosten. Was dem Band dann endgültig den Garaus machte. Es zerfiel im Sinne des Wortes.

Also war die Lösung: nehmen wir doch gleich Rost, also Eisenoxid. Das kann man beliebig fein pulverisieren ohne daß es BUMMS! oder auch nur pif macht, ist aber immer noch magnetisierbar. Da es - feiner gekörnt und ebener und gleichmäßiger auf dem Band verteilbar - recht viel dünnere Tonbänder ermöglicht (=längere Spielzeit bei gleichen Abmessungen der Rollen), sind diese auch dem Tonkopf viel näher, d.h. höhere Magnetfelder, bessere Durchmagnesierbarkeit, damit nicht zuletzt auch erhöhte Dauerhaftigkeit der Aufnahmen. Die Tonköpfe selber mußten auch nicht mehr sooo stark magnetisieren können, was sich in einfacherer Herstellung und im niedrigeren Preis niederschlug. Und diese Bänder rosten nicht, da sie schon das Endprodukt des rostens darstellen.

Ein kleines Problem war noch, daß man für Tonbänder eine bestimmte Sorte Eisenoxid (eine bestimmte Kristallform, "Rost" gibt es in zig Erscheinungsformen, was die Kristalle betrifft, aus denen er besteht) in Reinform haben mußte, aber das hatte man schnell in den Griff bekommen. Jahre später kamm man dann auf das Chromdioxid, das noch etwas bessere magnetische Eigenschaften hat.

Und als man dann die Sache mit der gefahrlosen Feinstpulverisierung von metallischem Eisen, deren sichere und nicht alternde Unterbringung in den Bandmaterialien voll im Griff hatte, kam als "ganz neue Entwicklung" die Reineisenkassette heraus! Kläff! Äh, WOW!

War auch gut für die Geräteindustrie, denn die Eisenbänder mußten recht was stärker magnetisiert werden, was auf den Neukauf von dazu tauglichen Kassettenrekordern hinauslief.

Also längst nicht alles, was "neu" sein soll, IST es auch!