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Bedenkliche Postmasche: Einwurfdatum bei Einwurfschreiben nicht erkennbar

Michael Nickles / 3 Antworten / Flachansicht Nickles
Modernes Einwurfeinschreiben der Post. Für den Empfänger lässt sich nicht feststellen, wann das Schreiben zugestellt wurde. (Foto: mn)

Bei juristischem Krempel müssen oft Termine peinlich exakt eingehalten werden. Das gilt auch für Fristsetzungen die eine Reaktion erfordern. Wie kann ein Betroffener aber feststellen ob beispielsweise eine in einem Einwurfeinschreiben gesetzte Frist korrekt ist?

Das auf einem Schreiben angegebene Verfassungsdatum hat keine Aussagekraft, weil daraus nicht hervorgeht, wann das Schreiben auch tatsächlich abgeschickt wurde.

Ein "Poststempel" ist gleichermaßen nichts aussagend, weil der lediglich den Zeitpunkt erfasst, an dem ein Brief von der Post bearbeitet wurde. Wann der Brief tatsächlich im Briefkasten des Betroffenen zugestellt wurde, weiß nur der "Postbote". Und das auch nur dann, wenn der Brief in einer entsprechenden Form wie beispielsweise einem Einwurfeinschreiben verfasst wurde. Hier kriegt der Versender des Schreibens bei der Briefaufgabe eine Sendungsnummer und der Briefzusteller vermerkt beim Einwurf wann er das gemacht hat.

Der Versender kann inzwischen im Idealfall auch online verfolgen, was der Status seines Einwurfschreibens ist, wann es eingeworfen wurde. Der Empfänger indessen findet in seinem Briefkasten irgendwann das Schreiben. Und wie kann er feststellen, wann es eingeworfen wurde?

Im anscheinend üblichen Blödfall überhaupt nicht mehr. Auf einem modernen Einwurfeinschreiben gibt es weder Poststempel (das wäre schon mal wenigstens mehr als garnichts) noch irgendein Zustellungsdatum. Anstelle der Briefmarke gibt es eine Frankierung per Datamatrix-Code. Solche "Briefmarken-Codes" sind zwar nicht von Menschen direkt entzifferbar, aber es gibt Methoden die helfen (siehe Faule Fristen in Briefen - richtiges Versanddatum entschlüsseln). In der Praxis klappt das aber nur bei solchen Datamatrix-Frankierungen, deren Entschlüsselung von der Post zugelassen ist. Und genau das sind leider nicht alle!

Anscheinend bei Einschreiben üblich ist inzwischen die sogenannte Premiumadresse, die von der Post als "Ihre digitale Adresspflege" vermarktet wird. Die Funktionsweise dieses Premiumdingsbums erklärt die Post in diesem PDF. Recht offensichtlich profitieren vor allem Unternehmen die ihre Adressdaten für zukünftige Aussendungen optimieren wollen. Sie kriegen dabei halt direkt vom Postboten ein Feedback, ob ein Schreiben zustellbar war. Der Datamatrixcode enthält bei Premiumadressen diverse digital verschlüsselte Informationen (siehe Seite 16 des PDF). Enthalten ist wohl auch das Einlieferungsdatum (also nicht das Zustellungsdatum).

Bislang ist mir keine Methode, kein Tool bekannt, wie sich der Datamatrixcode aus dem hier gezeigten Einschreiben sinnvoll auslesen lässt. So oder so: es ist schon eine arge Zumutung, dass Menschen überhaupt Briefe mit Terminen erhalten, deren ordnungsgemäße Fristeinhaltung gar nicht überprüfbar ist - zumindest nicht mit "menschlichen" Methoden.

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gelöscht_311356 Michael Nickles „Bedenkliche Postmasche: Einwurfdatum bei Einwurfschreiben nicht erkennbar“
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Im Ernstfall verwendet man KEIN (billiges, nicht bescheinigtes) Einwurfeinschreiben, sondern ein Übergabe-Einschreiben oder gleich ein Rückschein-Einschreiben!

Wer es besonders streng nimmt, bedient sich eines Gerichtszustellers (PZU-Verfahren).

So weit ich selbst die Erfahrung machte, wird in bestimmten Fällen schon alleine der Absendenachweis als ausreichend für rechtliche Konsequenzen angesehen, beispielsweise bei Kündigungen von Arbeitsverhältnissen oder Mieten.  Es gibt nämlich Zeitgenossen, die einfach nie den Briefkasten leeren oder auch dreist behaupten, dass nichts vorgefunden wurde...

Was nun die "Zumutbarkeit" (letzter Absatz) betrifft: Es wird oft viel zugemutet, auch von IT-Fitzen, die zu Veranstaltungen einladen, welche vor 3 Tagen bereits stattfanden.  Oder von Journalisten, die serienweise voneinander ihre Lügenberichte abkupfern.  Ich sehe keine "Postmasche", auch nicht als Kritiker am immer weiter abgebauten Zustellwesen und Einreißen einer Service-Menatalität, die noch zu Zeiten der behördlichen Post undenkbar gewesen war.

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