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News: Scharfe Kritik

Swisscows: Springer und Google leisten der Presse Sterbehilfe

Michael Nickles / 28 Antworten / Flachansicht Nickles

Der Schweizer Suchmaschinenbetreiber Swisscows, der sich als anonyme Alternative zu Google etablieren will, hat anlässlich der Kapitulation der Verlage vor Google beim Leistungsschutzrecht eine Mitteilung veröffentlicht. Hier der Originaltext:

Egnach, 6. November 2014 – Die Angst von Mathias Döpfner vor dem Suchgiganten Google ist bekannt – jetzt knickt der Großverlag mit mehr als 10.000 Mitarbeitern endgültig ein. Mit der freiwilligen Gratislizenz wird der Suchmaschine die uneingeschränkte Nutzung der Medienausschnitte – der sogenannten Snippets – aus allen Online-Publikationen von Springer ermöglicht.

Andreas Wiebe. Betreiber der Suchmaschine Swisscows. (Foto: Swisscows)

„Das ist aktive Sterbehilfe für die Medienlandschaft in Deutschland“, kommentiert Andreas Wiebe, Betreiber der Suchmaschine Swisscows.

Während der schwelenden Auseinandersetzung bereits schlug er einen „Runden Tisch“ der Medienbranche vor, um die Sachlage zu besprechen und einen Plan – möglicherweise mit einer dauerhaften digitalen Aussperrung von Google – zu erarbeiten.

„Ich gehe davon aus, dass Axel Springer als Unternehmerpersönlichkeit hier sicher anders gehandelt hätte. Mit dem Verlag ergibt sich die gesamte deutsche Medienbranche“, sagt Wiebe weiter.

Nutzer haben die Macht – nicht Google

Nach Wiebes Theorie entschieden die Nutzer über die Suchmaschine – abhängig davon, wo aktuelle Inhalte zu finden seien. Und das könnte sich schnell ändern – auch bei machtvoller Position von Google.

„Zehn Jahre vor Google gab es bereits Yahoo als börsennotiertes Unternehmen. Und dennoch wurde Google gegründet und hatte Erfolg – das ist aber keinesfalls für die Ewigkeit vorgesehen“, sagt der Swisscows-Betreiber.

Sein Vorschlag ist eine Umsatzbeteiligung der Verlage durch den Suchmaschinenbetreiber. So hat Google im Jahr 2013 einen Reingewinn von 12,9 Milliarden US-Dollar verzeichnet – ohne die Lieferanten der wertvollen Inhalte daran zu beteiligen. Die Verlage stützen sich derweil alleine auf Werbeschaltungen, deren Preise sich anhand der Trafficzahlen messen.

„Diese Abhängigkeit ist fatal – Werbung alleine wird die deutsche Medienlandschaft nicht retten!“, so Andreas Wiebe.

Kollegenschelte bleibt aus

Eine Maßnahme wie diese – die auch ein Alleingang gegen die weiteren Mitglieder der VG Media darstellt – entbehre jeder Grundlage vor dem Journalismus und der Unabhängigkeit der Medien. Langfristig sieht der Swisscows-Betreiber ein weiteres Mediensterben kommen – mit allen Konsequenzen für die Mitarbeiter und Journalisten.

„Hier werden noch mehr Menschen ihre Arbeit verlieren, und Journalismus wird einseitiger sein“, fürchtet Wiebe für die Branche. Erstaunlich sei zudem die Tatsache, dass bis auf wenige kleine Ausnahmen die sonst in der Medienbranche gängige Kollegenschelte ausbleibe – „Ein weiteres Zeichen für die Macht- und Orientierungslosigkeit einer gesamten Branche!“, so Wiebe.

Michael Nickles meint:

Es handelt sich hier wohlgemerkt um einen Kommentar eines (wenn auch unbedeutsamen) Google-Konkurrenten. Ich habe den Text im Original gebracht, weil ich das Gedankengut prinzipiell unterschreibe.

Es wäre besser gewesen, wenn sich die großen Verlage geschlossen gegen Google vereint hätten und dabei standhaft geblieben wären. Jämmerlich ist insbesondere wie schnell sie eingeknickt sind.

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mawe2 Michael Nickles „Swisscows: Springer und Google leisten der Presse Sterbehilfe“
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Die Zeitungen haben angefangen, sich selbst abzuschaffen, als sie ihre kompletten redaktionellen Inhalte kostenfrei ins Internet gestellt haben und den Verkauf der bedruckten Papierausgabe damit obsolet gemacht haben.

Wenn ich heute z.B. die "Thüringer Allgemeine" oder die "Thüringer Landeszeitung" im Web lese und mir dann das gedruckte Exemplar kaufe, lese ich dort genau das selbe (mit genau den selben Schreib- und sonstigen Fehlern).

Der einzige Mehrwert der gedruckten Ausgabe sind die Todesanzeigen! Und selbst die werden in immer stärkerem Maße in den kostenlosen Wochenblättern / Anzeigern usw. veröffentlicht, weil die Hinterbliebenen damit mehr Leute erreichen als über die ehemals etablierten Lokalzeitungen.

Also das Zeitungs- bzw. Verlagssterben ist zum großen Teil von den Verlagen selbst verursacht.

Ob die Präsenz bei Google daran jetzt noch viel ändern kann, wage ich zu bezweifeln.

Ich fand die Idee, von Google & Co Geld für die Snippets zu verlangen, von vornherein zum Scheitern verurteilt. Dass hier der Schwanz mit dem Hund wedelt, wusste jeder - bis auf die Verlage. Das allein zeigt, wie weltfremd die Verantwortlichen bei Springer & Co jahrelang ihren Job gemacht haben.

Wieso werden solche Verlage immer noch mit dem Begriff "Qualitätsjournalismus" in Zusammenhang gebracht, wenn die nicht mal kapiert haben, dass das Verschenken von Inhalten im Internet die Reduzierung der gedruckten (und verkauften) Papierauflage zur Folge hat?

Gruß, mawe2

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