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AMAZON Prozess-Generator 'Firefly'

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AMAZON Prozess-Generator 'Firefly'

Von M. L. Schuermann

Das pompös vorgestellte AMAZON-Smartphone „Fire Phone“ hat einen Tsunami an Meldungen in allen Medien ausgelöst. Der erwischte dann irgendwann irgendwo jeden. Selbst die stockkonservativen Nachrichten in den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten machten sich über das Fire Phone her. Im ARD-Mittagsmagazin wurden darüber hinaus einige Begleitumstände  angesprochen (https://www.youtube.com/watch?v=v2shjGxPiIQ).

Quelle: https://www.youtube.com/watch?v=v2shjGxPiIQ

Tatsächlich ist das Fire Phone von AMAZON etwas, das man getrost einen „Hammer“ nennen kann. Es verblüfft durch eine Quasi- oder besser „Pseudo“-3D-Darstellung, bei der man je nach Neigung des Gerätes in bestimmten Fällen sogar „um die Ecke gucken“ kann. Noch mehr kann es durch seine ungeheure Vielfalt von Verlinkungen beeindrucken, die stets zu einem weiteren Schritt verleiten mögen, der letztendlich in einem Kauf bei Amazon enden kann. Auch die Aufteilung des Displays je nach angewähltem Vorgang scheint einen bequemen Weg zu eröffnen, auf weitere Informationen zuzugreifen. Meistens wird das nicht ganz fünf Zoll große Display vertikal geteilt und bietet im oberen Teil die Hauptinformation an sowie im unteren Teil entsprechende Verlinkungen. Neu ist vor allem auch, dass man bei diesem Smartphone nicht ständig mit dem Finger über das Display wischen muss. „Scrollen“ und „Blättern“ kann man, indem man entsprechend sanft oder ruckartig das Gerät vertikal oder horizontal neigt.

So weit, so gut. – Was sich als Knackpunkt und unter Unständen als ein großes auch juristisches Problem beim Fire Phone herausstellen mag, nennt sich „Firefly“. Ehe wir aber auf dieses feurige Fliegentierchen zu sprechen kommen, sollten wir uns mit etwas anderem beschäftigen.

Bekannt sind ja bereits allgemein jene seltsamen Grafiken, die aus unterschiedlich breiten Strichen oder seltsam angeordneten quadratischen Bildpunkten bestehen. Sie prangen auf nahezu allen Produkten im Markt und begegnen uns immer häufiger in gedruckten Medien oder gar auf TV-Bildschirmen. Handelt es sich um Quadrate mit einer Menge kleiner und unregelmäßig angeordneter Bildpunkte, hat man es mit dem „QR-Code“ zu tun. Der QR-Code leitet – wenn er korrekt ausgelesen und „übersetzt“ wird – zu einer Information über etwas Bestimmtes weiter, so zum Beispiel auch zu einer bestimmten Webseite mit einem Video oder mit erläuternden Texten und Abbildungen.

Die so genannten UPC-, EAN- oder neuerdings GTIN-Codes („Barcodes“) bestehen aus einer Reihe von verschieden breiten Strichen. Alte und Neue Welt gingen mit UPC und EAN bislang getrennte Wege, doch soll jetzt der GTIN-Code die Deklarations- und Erkennungsmethoden weltweit vereinheitlichen. Ist das auf die Dauer erst einmal geschehen, lässt sich bei jedem so ausgezeichneten Produkt blitzschnell alles erfahren, wofür man sich unter Umständen interessiert. Besitzt man zu einem Produkt nichts anderes als diesen Code, kann man durch seine Angabe, die auch aus der zugehörigen Nummer allein aus Zahlen bestehen kann, bei vielen Anbietern über das Internet gleich die entsprechende Artikelseite vor allem mit dem Preis und etwaigen anfallenden Versandkosten erfahren. Daneben gibt es bei AMAZON auch noch die ASIN-Nummern (Amazon Standard-Identifikationsnummer), die nur für die von AMAZON angebotenen Artikel gültig sind.

Bei der Erkennung von Barcodes wird nun „der Hase im Pfeffer“ liegen respektive die Klippe zu finden sein, um die AMAZON mit dem Fire Phone erst noch unbeschadet herum kommen muss. Denn AMAZON tönt in seiner Werbung etwa:
Firefly ist eine neue Technologie, die gedruckte Web- und Email-Adressen, Telefonnummern, QR- und Barcodes, Grafiken, Filme, Musik und Millionen von Produkten schnell erkennt und es leicht macht, an Informationen zu gelangen, sie mit Freunden zu teilen und vieles mehr. Das funktioniert in Sekunden - einfach die Firefly-Taste drücken und halten.“ (Leitseite http://www.amazon.com/)
So stellt http://www.t3n.de/ schon in der Überschrift zu einem Kommentar bereits fest: „Das Amazon Fire Phone ist kein Smartphone, sondern ein Onlineshop für die Hosentasche“ Das Wall Street Journal tut auf http://www.wsj.de/article/SB10001424052702303580504579632850519441232.html kund: „’Fire Phone’ von Amazon: Ein Smartphone als Einkaufswagen“. BILD hebt hervor (http://www.bild.de/digital/handy-und-telefon/amazon-fire-phone/fire-phone-amazon-smartphone-weiss-was-sie-sehen-36446454.bild.html): „Vor allem aber kann das Fire Phone Gegenstände des täglichen Lebens identifizieren – mehr als 100 Millionen, verspricht Amazon!

Dass das Fire Phone zum Beispiel ein Gemälde erkennen kann und flugs zu Wikipedia verlinkt, wo das Gemälde samt Künstler und Ausstellungsort ausführlich beschrieben wird, oder Straßennamen erkennt, zu denen es dann „an der richtigen Stelle“ eine Karten-APP öffnet, ist zwar schön, soll jedoch hier außen vor bleiben. Ebenso mag hier keine Rolle spielen, dass man mit dem Fire Phone nach kurzem Belauschen von Musikstücken oder Videos erfahren kann, wie deren Titel lauten und  zu welchem Preis man sie bei AMAZON als CD oder DVD erwerben kann.

Das alles mag zurücktreten hinter der Tatsache, dass man mittels Firefly über die schlichte Erfassung als Bilder oder Namen (wie etwa „Nutella“), erst recht jedoch über das Ablesen von Bar- oder QR-Codes ein Produkt identifizieren kann, zu dem AMAZON dann innerhalb von Sekunden ein Angebot unterbreiten mag. In zahllosen YouTube-Videos ist das bereits als Möglichkeit dokumentiert und propagiert.

 

Das ist  ungeheuerlich! Gelinde gesagt ist das sogar ein Skandal! Denn Amazon macht den Benutzer eines Fire Phones dadurch zum Marktforscher, zu einem Spion, der konkrete Daten aus dem Markt an AMAZON liefert, damit AMAZON auf diese Daten dann vertriebstechnisch reagieren kann. Über GPS-Daten und die Auswertung einer Datenbank mag AMAZON sogar erfahren, in welchem Geschäft sich ein Fire Phone-Benutzer gerade befindet, einschließlich Datum und Uhrzeit sowie – sieh an! – mit einem möglichem „Bewegungsprofil“. Mit einer solchen Technologie, die auf Kauflust und Bequemlichkeit spekuliert, kann AMAZON dann zum Totengräber für den lokalen Einzelhandel werden. Und man wird ähnlich wie bei Apple mit einem iPhone dann mit dem Fire Phone am Nasenring auf AMAZON-Verkaufskurs gehalten. Denn um die Bequemlichkeiten und Informationen von AMAZON anzapfen zu können, muss das Fire Phone ja auch einen permanenten Kontakt mit AMAZON aufrechterhalten.

Jetzt wird es haarsträubend. – Dazu verdeutliche man sich: Ein Vorstadt-Einzelhändler, der sowieso am Abgrund krebst, weil er gegen Supermärkte und Discounter bestehen muss, zeigt in seinem Sortiment einen bestimmten Artikel. Bei einem gemütlichen Bummel entdeckst du diesen Artikel, hältst dein Fire Phone drauf, drückst den Firefly-Knopf und entdeckst, dass AMAZON dir diesen Artikel 50 ct billiger anbietet. Das kann AMAZON bequem so einrichten, weil dir dieser Artikel nicht unter der normalen ASIN angeboten werden könnte (was du nicht weißt), sondern in diesem Fall aus einem „getürkten“ speziellen „Special Offer Marketplace“, aus einem virtuellen Bereich, über den AMAZON auch unterbieten mag, wenn ansonsten Preisgleichheit bestehen würde.

Du glaubst, AMAZON tut so etwas nicht? -- Dann kannst Du auch an Osterhasen und Weihnachtsmänner glauben. Denn AMAZON wird alles tun, um sämtliche mögliche Konkurrenz wegzuräumen und selbst den Markt zu dominieren. 

Also machen wir es anderes: AMAZON bietet den Artikel zum gleichen Preis an. Bei kostenlosem Versand, denn Du bist „Prime“-Mitglied, was dich im ersten Jahr nach Kauf des Fire Phones nichts kostet. Du möchtest den Artikel gern haben, brauchst ihn nicht sofort und bestellst ihn deshalb an Ort und Stelle, während du noch im Laden des Vorort-Händlers stöberst. Dann entdeckst du noch einen Artikel, den du gern haben möchtest, drückst den Firefly-Knopf, entdeckst, dass AMAZON sogar etwas billiger ist und bestellst ebenfalls wieder vor Ort. Um die Anlieferung – wann auch immer – brauchst du dir keine Gedanken machen, denn die Paketsendungen für dich nimmt sowieso der Hausmeister oder Nachbar an und legt dir einen Zettel in den Briefkasten.

So schlenderst du also weiter durch den anheimelnden Vorort und stößt bei einem anderen Händler, der ebenfalls schwer gegen die Großen zu kämpfen hat, auf weitere schöne Dinge des Lebens, die du an Ort und Stelle über Firefly bei AMAZON orderst. Der Händler kriegt zwar mit, dass du häufiger auf dein Smartphone starrst, hat aber keine Ahnung, dass er von dir gerade nach Strich und Faden übers Ohr gehauen wird. Sagen wir besser: „beschissen“! – Denn was ist passiert? – Die Händler haben, um dir die Waren präsentieren zu können, vorher bei einem C&C-Großhandel herumgesucht, die Artikel gekauft, am Band sofort bezahlt, ins Auto geladen, zum Geschäft transportiert, in den Laden geschleppt und zur Präsentation für Kunden in Regale geräumt. Sie haben gearbeitet, Zeit aufgewendet und Kapital gebunden.

Das alles haben sie getan, um für Leute wie dich etwas vorzeigen und es ihnen verkaufen zu können. Sie haben also eine Leistung erbracht, die Zeit und Geld gekostet hat, nur damit jemand wie du es entdecken kann. Und was machst Du? – Du gehst als unbezahlter Außendienst-Mitarbeiter von AMAZON hin, knipst das Angebot mit deinem Firefly-Smartphone, meldest das Ergebnis an AMAZON, betreibst dadurch auch „Markt(aus)forschung“, worauf dir AMAZON auf dein Display funkt, dass du es über AMAZON komfortabel und vielleicht sogar billiger frei Haus erhalten kannst. Du bist natürlich ein bequemes Schläuerchen, hast keine Lust, eingekauftes Zeug bei deinem Spaziergang mit herum zu schleppen und bestellst. Die Händler haben die Arbeit und die Kosten, AMAZON hat hochmoderne digital arbeitende Infrastrukturen sowie dich am Nasenring und macht den Profit.

Ist das fair? Ist das unfair? – Es ist weder das eine noch das andere, sondern einfach nur möglich. Es wird deshalb gemacht und wird darum die Welt verändern. Die Händler vor Ort sind Menschen, die Handel treiben wollen und denen du als Mensch „von Mensch zu Mensch“ gegenüber treten kannst, um mit Ihnen zu sprechen, um dich beraten zu lassen, um durch sie schlauer zu werden, vielleicht sogar etwas Persönliches aus deiner Umgebung zu erfahren, und um sie am Leben zu erhalten, durch deine Einkäufe deren Existenz zu sichern, wie dir dein Boss deinen Arbeitsplatz sichert, indem er geschickt konkurriert und sich im Markt behauptet. Es gibt natürlich von Zeit zu Zeit die eine oder andere Veränderung, Neuerung, Anpassung, und du musst selbst auch neu lernen und dich anpassen, aber es läuft halt so und es geht dir ganz gut.

AMAZON dagegen ist kein Mensch, sondern eine Maschine, die dir eine Maschine verkauft, die „Fire Phone“ genannt wird und dich in Ketten legen möchte, damit du als Konsument im Zeitalter der digitalen Ökonomisierung Teil einer maschinellen Funktion wirst, die für irgendwelche mächtigen Strategen ungeheuren Profit abwirft und nolens-volens eine Schneise der Verwüstung, eine Spur von Not und Elend durch Pleiten in die jahrhundertealten Handels-Usancen fräst. Ohne deine Mithilfe und das Mitmachen ungezählter Anderer kann AMAZON das nicht gelingen. Doch AMAZON kennt dein Ego, kennt deine Wünsche, deine Gier, deine Schwächen, deine Bequemlichkeit, deine Verführbarkeit und deinen Geiz. Die AMAZON-Maschine hat allmählich dein Gehirn aufgeweicht, hat dich durch Großzügigkeiten bei Reklamationen oder Garantiefällen verblüfft, dein klares Denken paralysiert, dich blind gemacht für Zusammenhänge und soziale Verantwortungen, dich im Umfeld einer absurden kapitalismushörigen Politik auf dich selbst zurückgeworfen und fit gemacht für die Überzeugung: „Erst ich, dann die anderen!“

Draußen bleiben!

„Firefly“ ist das gefährlichste Geschütz, das so ein Handelsschlachtschiff wie AMAZON auf den klassischen Handel richten kann, um ihn wegzupusten. Jeder Einzelhändler (wozu sogar Kaufhäuser, Supermärkte oder Discounter gehören), der nicht groß und deutlich am Eingang plakatiert, dass bei ihm das Einschalten und Nutzen von „Fire Phone“ strikt verboten ist, macht sich zum Hanswurst einer digitalen Revolution, die ebenso schaden wie nützen kann sowie ohne eine sanfte Transformation in menschlichen Gesellschaften zu einer hochexplosiven Bombe werden kann. Jede Händler-Organisation, die nicht schon frühzeitig auf den Plan tritt und mit aller Macht fordert und durchsetzt, dass so etwas wie Firefly von einem „konkurrierenden“ Anbieter nicht zur Ausforschung „konkurrierender“ Angebote im Bereich des „Hausrechts“ eines lokalen Anbieters eingesetzt werden darf, hat ihre Existenzberechtigung verspielt.

Es gibt QR- und Barcode-Scanner für iOS und Android, mit denen jeder mittels Smartphone einen Code auslesen kann, um sich Informationen zu besorgen, die hinter dem Code zwar verborgen, jedoch frei zugänglich sind. Gegen solche Scanner-Software ist nichts einzuwenden. Aber auf einem Gerät, dass mittels Erkennung von Objekten oder Codes etwas identifiziert und das Ergebnis (samt Datum, Uhrzeit und GPS-Location?) an einen Anbieter meldet, der innerhalb von Sekunden „konkurrierend“ ein entsprechendes Angebot selbst unterbreiten kann, hat solche Software nichts zu suchen. Wer sie etwa in Deutschland zulässt oder untätig in Kauf nimmt, kann auch den Handel mit Handfeuerwaffen freigeben. Das würde dann weniger Schaden anrichten als Firefly es kann.

© 2014 by M. Grosner/BrainWARe

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Links (ungeordnet) für weitere Infos:
http://www.gepir.de/v31/v31_client/
http://www.enzyklopaedie-der-wirtschaftsinformatik.de/wi-enzyklopaedie/lexikon/informationssysteme/crm-scm-und-electronic-business/Electronic-Business/Standards-im-Electronic-Business/gtin-1/index.html
http://de.wikipedia.org/wiki/Global_Trade_Item_Number
http://onlineshop-strategie.de/2013/06/25/ueber-den-ean-upc-gtin-isbn-asin-warencodes-fuer-amazon-und-co/
http://www.amazon.de/gp/seller/asin-upc-isbn-info.html
http://www.gs1-germany.de./
http://www.gs1-germany.de/im-fokus/always-on-mobile-interaktion-steigt/
http://derhonigmannsagt.wordpress.com/2012/01/10/aus-ean-wird-gtin-info/
http://www.welt.de/wirtschaft/webwelt/article129251453/Amazons-Fire-Phone-ist-der-Horror-fuer-Einzelhaendler.html
http://www.bild.de/digital/handy-und-telefon/amazon-fire-phone/fire-phone-amazon-smartphone-weiss-was-sie-sehen-36446454.bild.html
http://www.youtube.com/watch?v=w95kwXy_MOY
http://www.amazon.com/
http://t3n.de/news/amazon-fire-phone-kein-552397/
http://www.wsj.de/article/SB10001424052702303580504579632850519441232.html
http://www.amazon.com/dp/B00EOE0WKQ/ref=amb_link_1?pf_rd_m=ATVPDKIKX0DER&pf_rd_s=gateway-center-column&pf_rd_r=1V0MHFBSV0156CAJA5KM&pf_rd_t=101&pf_rd_p=1828037122&pf_rd_i=507846
http://www.amazon.com/s/ref=lp_9432806011_st?qid=1403209466&rh=n%3A2350149011%2Cn%3A%212445993011%2Cn%3A9432806011&sort=review-rank 

Quelle: http://www.youtube.com/watch?v=w95kwXy_MOY

Bitte ganz besonders diesen Auszug aus der Pressekonferenz beachten: 
https://www.youtube.com/watch?v=vZBhw67Oq6c

Quelle: https://www.youtube.com/watch?v=vZBhw67Oq6c
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Plötzlich „erblindet“?

Kollege Christian Wölbert schreibt seit fünf Jahren für c't. Seine Themen sind Nachhaltigkeit, Verbraucherschutz und mobile Geräte.

Wölbert schreibt zu Fire Phone in seinem Beitrag vom 19.06.2014 unter anderem, das Gerät koste mit 650 US-Dollar zu viel für einen Spontankauf: „Highend statt Schnäppchen. Mit einem Killerfeature hätte es trotz des hohen Preises einen Kaufreflex auslösen können – doch eine solche Innovation fehlt dem Smartphone.“

Unter „heise online“ wird dann in einem Video visuell aus dem Material der AMAZON-Pressekonferenz zitiert. Dabei beschränkt sich die c't auf das Optische und meint: „Für die meisten Nutzer ist das kein Killerfeature.“

Dem Autor fällt es offensichtlich schwer. überhaupt irgendein positiven Aspekt zu finden. Im Gegenteil, er bemängelt sogar: „In Amazons App Store [...] landen viele spannende Apps später als bei der Konkurrenz. Fitnesstracker, Spiele, Navi-Apps – unterwegs wollen Smartphone-Nutzer unendlich viel mehr tun als Einkaufen, und dafür wollen sie die gerade angesagten Apps. Außerdem haben sich die Menschen, die 650 Dollar für ein Handy ausgeben, schon an das Bedienkonzept und die Cloud-Dienste von iOS und Android gewöhnt. Umsteigen fällt da schwer.“

Offenbar etwas blind für das wahre Potential des Fire Phones stellt der Autor fest: „Die Technik hinter der "dynamischen Perspektive" ist zwar beeindruckend, und der Effekt sieht den ersten Eindrücken der US-Journalisten zufolge auch sehr schick aus. Aber es handelt sich eher um ein Gimmick als um eine Erfindung, die das Leben leichter macht. Die Dinge-Erkennungs-App Firefly mag im Alltag ein wenig Zeit sparen, vor allem in den USA, wo viel mehr bei Amazon gekauft wird als in Europa. Für die meisten Nutzer ist das kein Killerfeature.“

Das ist die einzige Stelle, an der das Wort „Firefly“ vorkommt. Was dieses Feature in Wahrheit bedeutet, ist dem Autor offenbar absolut nicht aufgegangen. Er tut auch so, als könne man das AMAZON-Smartphone nur zu dem Mondpreis von 650 US-Dollar erwerben, um dann nichts anderes zu haben als ein gewöhnliches, dazu aber viel zu teures Smartphone mit einem „Gimmick“. Den letzten Absatz seines Artikels sollte man jedoch in Gänze genießen: „650 US-Dollar sind 300 Dollar mehr als Googles günstigstes Nexus 5 kostet, das eine höhere Display-Auflösung bietet. Es kann sein, dass Amazon trotzdem nichts oder nur wenig am Verkauf des Fire verdient. Aber niemand weiß, wie teuer das Augenerfassungssystem mit vier Kameras wirklich ist. Und letztlich interessiert das den Kunden wenig. Vielleicht hätte Amazon die dynamische Perspektive einfach weglassen sollen. Mit einem Fire Phone für 200 bis 300 Dollar hätte Jeff Bezos zumindest Smartphone-Neulinge und Umsteiger anlocken können; für Spontankäufer hätte es auch noch ein wenig billiger sein dürfen.“

So daneben gelegen hat die c't wohl sehr selten. Denn auch im Hauptartikel zu AMAZONs neuestem Coup unter dem Titel „Fire Phone: Amazon bringt Smartphone mit 3D-Effekt“ zeigt sich c't wenig beeindruckt. Zu Firefly heißt es nur: „Eine App namens Firefly erkennt über die Kamera beziehungsweise das Mikrofon unter anderem Kunstwerke, Musik, Fernsehsendungen – mit Hilfe von Amazons Cloud. Auch Produkte soll sie erkennen, an ihrem Äußeren oder am Barcode. Das soll wohl vor allem den Einkauf bei Amazon erleichtern, wie schon Amazons Zauberstäbchen Dash. Aber auch andere Entwickler sollen Firefly für ihre eigenen Apps nutzen können.“

Warum jetzt diese Anmerkungen?

Nun, die „c’t“ ist eine Fachzeitschrift, bei der man den Zusatz „Fach“ vor „Zeitschrift“ noch respektieren mag. Dagegen haben sich andere Zeitschriften im Computerbereich, die weit in der Vergangenheit auch noch als „Fach“zeitschriften durchgehen konnten, ziemlich ungeniert zum Sprachrohr von Industrie und Handel verpuppt. Die PC-Welt versuchte sogar recht dilettantisch, einen mit einer eigenen Softwaresammlung aufgemöbelten MEDION-Rechner als hauseigene PC-Granate unters Volk zu prügeln und damit die Bilanz etwas aufzupeppen.

AMAZON dagegen hat solche Klimmzüge nicht nötig. Der Konzern stinkt vor Geld und kann den Hals einfach nicht voll genug kriegen. Heise berichtet unter „Verträge mit Verlagen: Amazon will Bücher selbst nachdrucken“, dass die Verleger enorm unter Druck gesetzt werden und auf Souveränität in Teilbereichen verzichten sollen. So heißt es unter anderem: „Wie das Branchenblatt The Bookseller berichtet, übt Amazon massiven Druck aus, unter anderem um "on Demand" Bücher nachdrucken zu dürfen, wenn sie bestellt werden, bei Amazon oder dem Verlag aber nicht mehr vorrätig sind.“ Und weiter: „Damit würde Amazon eine beträchtliche Kontrolle über das Inventar und Marketing eines Verlags übernehmen. Das ist sei wie eine Aufforderung zum Selbstmord, zitiert der Guardian den Chefredakteur von The Bookseller. Weiterhin verlange Amazon von den Verlagen die Einführung einer Most-Favoured-Nation-Klausel. Die besagt, dass Bücher nirgendwo billiger angeboten werden dürfen als bei Amazon, auch nicht auf der Internetseite des Verlags.“

Alles in allem scheint AMAZON die Absicht zu verfolgen, im Einzelhandel mit einem breit gestreuten Sortiment eine absolute Spitzenstellung zu erringen, die viele kleinere Unternehmen auf die Dauer völlig aus dem Markt werfen dürfte.

Fireflypasst dazu wie die Faust aufs Auge. 

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