Nickles Blog 212 Themen, 8.716 Beiträge

Rätselhafter Ultra HD TV mit 3.840 x 2.160 Pixel für 555 Euro

Michael Nickles / 9 Antworten / Flachansicht Nickles

Jeden Freitag krieg ich die aktuelle Ausgabe des "Samstagsblatts" vor die Haustür gelegt. Das Samstagsblatt ist eigentlich keine wirkliche Zeitung, sondern nur eine Art Papierhülle, um ein gutes Dutzend Werbeprospekte von Möbelhäusern und Co zusammenzuhalten. Diesmal  war wieder mal ein großer Prospekt von Conrad drinnen und der hatte ein Angebot auf der Rückseite, das richtig reinknallt: ein Ultra HD LED-Fernseher für 555 Euro.

Ultra HD ist das nächste große Ding nach Full HD, bringt eine Auflösung von 3.840 x 2.160 Pixel, auch "4K" genannt. Conrad bewirbt den Fernseher eines Herstellers, der sich "Blaupunkt" nennt, mit dem Slogan "Mit Ultra HD noch mehr Details" erleben. Und ja, natürlich ist Ultra HD viermal so viel wie Full HD.

Die Frage ist nur, woher man eine Bildquelle kriegen soll, die diese Wahnsinns Auflösung bringt. Der integrierte Doppel-Tuner mit DVB-T und "HD-Kabel" wird wenig nützen - diese Übertragungswege liefern keine Ultra HD Auflösung. Einen HD-Sat-Empfänger hat der Fernseher nicht drinnen und wenn einer drinnen wäre, dann würde das auch nichts nützen.

Bei HD-Sendern über Sat kann man schon froh sein wenn sie mit 720p senden, richtiges FullHD mit 1.080p gibt es eigentlich nicht. Mit "richtiges" ist solches gemeint, das nicht nur entsprechend viele Pixel hat, sondern auch genug Bandbreite dafür liefert. Die Qualität eines Bildes, ergibt sich halt nicht nur aus der Zahl der Bildpunkte. Auch einen externen HD-Sat-Receiver dran hängen wäre also sinnlos. Theoretisch hinhauen würde das sowieso nur, wenn Receiver und Fernseher über eine HDMI 2.0 Anschlüsse verfügen, das aktuell gängige HDMI 1.4, kann 4K-Auflösung nicht brauchbar übertragen - damit sind bestenfalls 24 Bilder/s möglich.

Ist der Blaupunkt LED-TV B39C4K-TC also eher eine zukunftstaugliche Anschaffung, hat er überhaupt diese neue HDMI 2.0 Version? Eine Detailsuche auf der Fernseherübersicht auf blaupunkt.de ist sinnlos - dort wird der Fernseher noch nicht aufgelistet. Richtig lächerlich ist die Bewerbung des brandneuen Fernsehers auf der Conrad-Webpräsenz:

Laut Conrad soll der Fernseher eigentlich 999 Euro kosten. Man spart beim Kauf also angeblich satte 444 Euro. Der Preis bei Conrad ist übrigens kein besonderer Kracher. Die Glotze wird aktuell bei zig Händlern für 555 Euro angeboten.

Bei Conrad Online gibt es mehr Details als auf dem Papierprospekt. Auch dort steht aber nur, dass der Fernseher 3 HDMI-Anschlüsse hat, aber nicht welche HDMI-Version die haben. Auch das englische Datenblatt der Herstellers (PDF) verschweigt die HDMI-Version.

Sollte der Fernseher über einen HDMI 2.0 Eingang verfügen, dann besteht durchaus eine Chance, damit auch 4K-Inhalte zu erleben. Ein sehr gut ausgestatteter PC kann moderne Spiele mit 4K-Auflösung ausgeben, auch die aktuellen Konsolen von Sony und Microsoft sollen grundsätzlich 4K-fähig sein, haben aber nur HDMI 1.4. Für schnelles ruckelfreies Zocken in 4K reicht das nicht. Im Hinblick auf die anfallende Rechenleistung die echte 4K-Auflösung bringt, ist zu bezweifeln, dass die Spieleentwickler sich das antun werden. Die schaffen bei den aktuellen Konsolen selbst Full HD noch nicht konsequent.

Also - was ist aktuell der Kick bei einem 4K-Fernseher für 555 Euro? Es gilt zu bedenken, dass die 4K-Auflösung so ziemlich das einzige "Alleinstellungsmerkmal" ist, das dieser TV hat! 39 Zoll Bilddiagonale sind längst "ein Witz". Und auf diese "mickrige Bildgröße" Ultra-HD-Auflösung zu hauen, ist vermutlich noch ein größerer Witz. Der Fernseher hat keinen Sat-Empfang drinnen, kein WLAN, keine Videorecording-Möglichkeit, kein Internet, kein 3D. Sein einziger Kracher ist halt diese 4K-Auflösung. Sehr ordentliche "um die 40 Zoll"-Fernseher mit "nur-Full-HD" und besserer Ausstattung (Sat, 3D) gibt es bereits für etwas über 400 Euro.

Aber diese Werbung mit "Ultra HD" wird gewiss genug Dumme finden. Es wird garantiert genug Leute geben, die sich den B39C4K-TC kaufen, sich dann über DVB-T eine Sendung in PAL-Auflösung (720x576) angucken und sich gewaltig über die faszinierend detailreiche Darstellung freuen. Irgendwie erinnert mich das an eine Neuauflage von diesem "HD Ready"-Marketing-Gag.

bei Antwort benachrichtigen
alex179 Michael Nickles „Rätselhafter Ultra HD TV mit 3.840 x 2.160 Pixel für 555 Euro“
Optionen

Ein Vorteil von Ultra-HD-Fernsehern ist aktuell wirklich nicht vorhanden. Da selbst die neuen Konsolen wie die XBOX One bei Spielen teilweise nur mit 720P laufen sollen, ist für diese Auflösung einfach noch kein Bedarf vorhanden. Die einzige Möglichkeit, diese Auflösung zu nutzen, besteht beim Betrachten von Bildern, eigenen UHD-Videos oder evtl. bei Nutzung in Verbindung mit einem High-End-PC. Einen grossen Computer wollen aber die wenigsten in Ihrem Wohnzimmer stehen haben.

Bis sich irgendwann mal dieser UHD-Standard durchsetzt, werden solche Billig-Produkte bestimmt kaum zu gebrauchen sein und auch nicht mit den dafür notwendigen Firmware-Updates versorgt werden. Bei meinem ca. 5 Jahre alten Full-HD Fernseher von einem Markenhersteller, der teurer als dieses Gerät war, werden schon seit Jahren keine Firmware-Bugs mehr behoben. Da kann man sich ausmalen, wie es diesbezüglich bei dem Billig-Hersteller, der sich schnell mal einen alten deutschen Markennamen angeeignet hat, aussehen wird. 

Keine Internetfunktionen im Fernseher stören mich nicht. Ich habe schon mit diversen Receivern die Apps und Mediatheken getestet. So gut wie auf dem Computer, Tablet oder Handy liefen die bei mir noch mit keinem Empfangsgerät. Da schliesse ich lieber einen Mini-PC an, der dann auch wirklich alles kann.

bei Antwort benachrichtigen