Allgemeines 21.957 Themen, 147.960 Beiträge

News: Klarheit gefordert

Gemeinsame Internetnutzung - wer ist verantwortlich?

Michael Nickles / 30 Antworten / Flachansicht Nickles

Wer ein ungeschütztes WLAN betreibt, der kann als Mitstörer haftbar gemacht werden, wenn Dritte über diese Verbindung Straftaten begehen. Oder auch nicht. Ob eine Strafe verhängt wird und wie hoch die ausfällt, ist Ermessenssache des jeweiligen Richters.

Ein wichtiges Urteil vom Bundesgerichtshof dazu gab es im Mai 2010 (siehe Milde Strafen für Betreiber unsicherer WLANs). Der damals Angeklagte war in Urlaub gefahren und hatte sein WLAN ungeschützt offen gelassen, es wurde für anscheinend illegale Nutzung einer Tauschbörse missbraucht.

Er wurde als Mitstörer verurteilt, aber die Richter ließen nur 100 Euro Abmahnungskosten zu. Weiter hat der Bundesgerichtshof bei seiner Urteilssprechung eine Auflage geschaffen, dass Besitzer eines WLANs sich bei dessen Einrichtung um einen zeitgemäßen Schutz kümmern müssen. Bezüglich WLANs und Mitstörer-Haftbarkeit hat der Bundesgerichtshof also eine Richtlinie geschaffen.

Jetzt gibt es einen neuen Fall um Mitstörer-Haftung, die auf höchster Ebene geklärt werden muss. Und zwar bei generellem Missbrauch eines Internetzugangs/Festanschlusses. Angeklagt war ein Polizist, über dessen Internetzugang Tauschbörsendelikte begangen wurde.

Kurioserweise war der Polizeibeamte selbst auf Onlinerecherche und Internetpiraterie spezialisiert. Es stellte sich raus, dass der volljährige Sohn seiner Lebensgefährtin die Leitung missbraucht hat.

Die Kosten für die Abmahnung soll der Polizist tragen, da er der Anschlussinhaber und damit verantwortlich ist, urteilte das Landgericht. Das Oberlandesgericht lehnte die eingereichte Berufung ab, bezog sich auf ein früher gefälltes Urteil.

Nach dem müssen Internetanschlussbesitzer andere Nutzer ihrer Leitung darüber aufklären, dass illegale Tauschbörsennutzung verboten ist. Da das Oberlandesgericht keine Revision gegen sein Urteil zuließ, wurde es jetzt vom Bundesverfassungsgericht dazu gezwungen den Fall erneut zu verhandeln.

Damit wird der Fall also wohl demnächst auf höchster Ebene landen und es wird dann ein grundsätzliches Urteil zur Haftbarkeit von Anschussinhabern geben.

Michael Nickles meint: Bislang urteilen Gerichte unterschiedlich bei der Mitstörerhaftung. Eine klare Richtlinie von oben kann da nur gut sein. Rauskommen kann allerdings nur ein Urteil: dass Anschlussinhaber in vollem Umfang haftbar sind.

Man kann sich als typischen Fall ja eine WG vorstellen, bei der sich mehrere einen Internetanschluss teilen. Passiert über diesen Anschluss etwas Illegales - wie soll dann ermittelt werden, wer es war?

Kommt ein Urteil, dass Anschlussinhaber nicht verantwortlich sind, dann ist das quasi ein Freibrief für beliebige illegale Internetnutzung. Das wird gewiss nicht passieren.

bei Antwort benachrichtigen
right. ry SoulMaster SoulMaster
Olaf19 Andreas42 „Hi! Ich finde wir haben hier das generelle Problem, dass die Rechtsprechung das...“
Optionen
Ist jemand überrascht, dass die Abmahnindustrie das genau NICHT macht? Die Ermittlung der IP-Adresse hält sie so geheim, dass selbst die c't bisher noch keinen Bericht darüber bringen konnte, wie das genau passiert.

Sind die Provider nicht verpflichtet, diese an die Rechtsvertreter der Contentindustrie herauszugeben?

Allerdings wundert mich in diesem Fall eines - wenn das so ist, dass die Abmahner die IPs immer von den Providern bekommen, dann könnten diese doch parallel dazu eine Warnung an ihren Kunden schicken. "Sie hatten dann und dann die und die IP, und wir mussten sie herausgeben". Wenn der Kunde dann begründete Zweifel hat, könnte er noch reagieren, nicht aber, wenn erst einmal so viel Zeit ins Land streicht, dass die Logfiles schon wieder gelöscht sind.

CU
Olaf 

"Das sind Leute, die von Tuten und Ahnung keine Blasen haben" (ein Reporter auf die Frage nach der politischen Bildung des typischen Anhangs von Donald Trump)
bei Antwort benachrichtigen