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Da bin ich wieder

Fieser Friese / 14 Antworten / Flachansicht Nickles

Hallo Community,

nach langem Zögern möchte ich mich wieder zurück ins Leben melden. Was niemand von Euch wusste: Vor gut 2,5 Monaten bekam ich zu den ganzen anderen Vorerkrankungen einen Schlaganfall (genauer: Pons- oder Stammhirnblutung), die in der Regel sehr übel ausgeht. Die Spezialisten der Neuronotaufnahme waren erstaunt darüber, dass ich den Notarzt selbst gerufen hatte und dem RTW entgegen gelaufen bin. Man hatte alle Hände voll mit mir zu tun. Entgegen sonstiger Gewohnheiten war ich in diesem Moment allein Zuhause. Frauchen war zum Sport; ich konnte wegen einem lädierten Knie nicht mit.

Aus der Intensivstation heraus konnte ich mich per Internet mit der Welt verständigen, so auch mit Euch in den ganzen Threats. Damit war die Zeit dort etwas erträglicher für mich. Bewegungslosigkeit ist mir Flummi ein absoluter Graus.

Die Folgen dieser Ponsblutung waren linksseitige Lähmung von Arm, Bein, Mundwinkel, starke Gleichgewichtsstörungen und derbe Sprachdefizite. Von der ersten Sekunde an habe ich das Schicksal angenommen und versucht, aus allem das Beste zu machen. Ich habe nie meinen Humor verloren, selbst dann nicht, als ich in die Notaufnahme eingeliefert wurde. (Gespräch mit dem Notarzt in der Klinik: "Rauchen Sie?" "Nein." "Trinken Sie?" "Kommt ganz drauf an, was haben Sie denn anzubieten?") Von meiner Seite aus übelst lallend.

Zum einen klappt das Autofahren wieder 1a. Bin über Land (~60km) Nachhause gefahren, no Problem. Zum anderen habe ich heute eine weitere, heftige Prüfung im Karate (speziell AKS) abgelegt. Wenn man weiß, wie es noch vor 2,5 Monaten aussah, kennt man meine Erleichterung. Ich musste ja nicht nur mehrere Wochen Zwangspause aufholen, sondern auch noch die Defizite im technischen Bereich. Von der flöten gegangenen Kondition erst gar nicht zu sprechen.

Innerlich hatte ich frühestens Ostern 2012 ins Auge gefasst, alles andere schien für mich abwegig³. Unser Trainer war jedoch anderer Ansicht. Womöglich habe ich mich in den letzten drei Wochen seit Aufnahme des Trainings nach dem Stroke doch nicht ganz so ungeschickt angestellt.

Trotzdem war es ein verdammt hartes Stück Arbeit, da ich zwischendurch durchaus noch Aussetzer zu vermelden hatte (Gleichgewicht, aber auch Blackouts, was die Technik betraf). Bekloppt wie ich nun mal bin, habe ich das als Anlass genommen, noch 'ne Schüppe draufzulegen. Nach der Prüfung bekam ich von vielen Zuschauern und Sportkammeraden ein Lob über die Ausführung der Techniken. Die ganze Plackerei (und Blasen unter den Fußsohlen) war nicht vergebens.

Darum war ich selten derart so verlegen wie heute. Wenn man völlig unerwartet vor versammelter Menge (~80 Teilnehmer plus etliche Zuschauer, da bundesweite Veranstaltung) vortreten darf, und der Prüfer dann auch noch lobend über jemanden spricht, den man überhaupt nicht kennt :grin: , wird man demütig.

Demütig, dass man das riesen große Geschenk erhalten hat, wieder auferstanden zu sein (alà Phoenix). Deshalb möchte ich diesen persönlichen Erfolg all denen widmen, die es nötig gebrauchen können. Immer straight ahead nach vorne blicken und niemals aufgeben. Sich bloß nicht seinem Leiden hingeben.

Ich hoffe ihr denkt nicht, dass ich mit meinem offenen Threat Fishing for Compliment betreiben möchte. Irgendjemand hatte mir das schon mal derbe unterstellt. An dieser Stelle übrigens einen "schönen Gruß" an Pumbo => Urteile nicht eher über einen Menschen bevor Du nicht ein paar Meilen in seinen Stiefeln gelaufen bist.

Vielmehr ist es mein Anliegen, anderen Betroffenen Zuversicht und Mut vermitteln zu wollen. Ganz gleich wie beschissen es aussieht, es geht irgendwie weiter.

Ein dankbarer Friese

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