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News: Ende des Traums

Vernichtendes Urteil: Linux hat auf Desktops verloren

Michael Nickles / 414 Antworten / Flachansicht Nickles

Die PCWorld hat jetzt einen Beitrag rausgelassen, der Linux-Fans restlos erschüttern dürfte. Bereits die Überschrift bringt es auf den Punkt: "Desktop Linux: The Dream Is Dead" (Desktop Linux: der Traum ist tot).

Auf Servern in Unternehmen ist Linux wohl gewiss noch führend, auf heimischen PCs hat es allerdings ausgespielt. Es ist den Linux-Machern nicht gelungen, ihren Marktanteil im Desktop-Bereich auch nur um einen Hauch zu steigern - der dümpelt unverändert bei knapp einem Prozent rum. Dabei hatte Linux gerade in den vergangenen Jahren enorme Chancen.

Es gibt längst sehr gute installationsfreundliche Distributionen wie Ubuntu, Microsoft hat zwischenzeitlich mit Vista einen Flop hingelegt und auch neue Geräteklassen wie Netbooks und Tablets, waren eine Chance für Linux. Diese Chancen wurden laut PCWorld-Chefredakteur Robert Strohmeyer allesamt verspielt. Strohmeyer bedauert das, aber er glaubt einfach nicht mehr daran, dass Linux es im Desktop-Bereich jemals mit Windows oder gar Mac OS aufnehmen können wird.

Noch 2008 spekulierte Strohmeyer, dass spätestens 2009 das "Jahr von Linux" wird, das Jahr, in dem viele zu Linux wechseln und dabei bleiben. Aus gutem Grund: Linux (vor allem Ubuntu) bot da bereits eine sehr einfache Installation und exzellente Hardware-Unterstützung, war eine echte Alternative zum teuren und lausigen Windows Vista.

Verloren haben die Linux-Leute aus Strohmeyers Sicht vor allem wegen zwei Dingen: dem Irrsinn der Versions-Vielfalt und der Sturheit der "Open-Source-Fanatiker". Die vielen eigentlich fast identischen, aber in Details allerdings doch fickrig unterschiedlichen Linux-Distributionen, machen Einsteiger verrückt.

Und dass eine Linux-Distribution diverse Multimedia-Inhalte nicht abspielen kann, weil das halt mit "Open Source" nicht geht, interessiert normale Menschen auch nicht - denen ist es schnuppe ob etwas "Open Source" oder "proprietär" ist, die wollen einfach, dass es funzt. Da nützt es auch nichts, dass sich Abspielproblemen mit einem "Mausklick" eigentlich schnell lösen lassen.

Immerhin räumt Strohmeyer Linux noch eine "letzte" Chance ein: Cloud Computing. Durch Internet-basierte, unter anderem über HTML5 laufende Anwendungen, spielt für Anwender das vorhandene Betriebssystem (vor allem auf mobilen Geräten) eigentlich zunehmend keine Rolle mehr.

Michael Nickles meint: Ich kann Robert Strohmeyers Aussagen leider nur unterstreichen. Im Hinblick auf die Tatsache, dass ich Linux mag und deshalb auch Linux-Bücher schreibe, fällt mir das natürlich schwer.

In den Linux-Reports habe ich im Prinzip die gleiche Kritik geäußert. Es gibt zu viele Distributionen, zu viel Chaos und einfach zu viel Sturheit bei den Linux-Machern. Und gerade Mark Shuttleworth, der Macher des herausragenden Ubuntu, ist einer der Linux-Mörder Nummer 1.

Es ist einfach geisteskrank, dass alle 6 Monate eine neue Ubuntu-Version erscheint. Und bei jeder Version gibt es zu viele Änderungen im Detail. Mal fliegt was raus, mal kommt was rein, mal wird eine Methode komplett neu erfunden, mal wieder umgebaut. Wer ein Problem mit Ubuntu hat und im Internet eine Lösung sucht, der dreht schnell durch.

Zu viele Problemlösungen beziehen sich auf exakt eine bestimmt Ubuntu-Version, alles was über Ubuntu geschrieben wird, veraltet schneller, als es geschrieben werden kann - und die Masse an wertlos gewordenen Tipps im Internet wächst schneller, als "Google" sie entrümpeln kann.

In den Linux-Reports versuche ich diese Umstände so gut wie möglich zu berücksichtigen - das ist elend aufwändig und macht wenig Spaß. Man kann nur hoffen, dass die Linux-Götter durch vernichtende Urteile wie jenem von Robert Strohmeyer, vielleicht doch mal den Denkapparat einschalten und sich darüber klar werden, woran sie scheitern.

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Linux ist keine Firma Olaf19
1% ist doch OK usernull
1%ter triker
Geht's noch? schuerhaken
Schluss! schoppes
Wie wärs mal damit? ... Maybe
Sehr gut! Ausgezeichnet! mawe2
mawe2 Olaf19 „Das trifft den Nagel auf den Kopf, rotthoris!“
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Hi Olaf,

sobald irgendwo im Forum die Begriffe "VHS" oder "Volkshohschule" auftauchen, geht in meinem Büro die Rundumleuchte an und ich muss mich zu Wort melden... :-)

In die gleiche Richtung wie deine Beispiele geht diese Geschichte mit den "European Computer Driving Licenses"

Zum Thema ECDL hatte ich gerade vor ein paar Tagen meine Meinung geschrieben:

http://www.nickles.de/forum/office-word-excel-und-co/2010/ecdl-advanced-538739036.html

Zur Ehrenrettung der ECDL-Macher muss man aber sagen, dass neben MS Office auch StarOffice / OpenOffice zum Ablegen der Prüfung anerkannt sind. Es liegt also wieder an den Nutzern - nicht an den Anbietern. Wer die Module mit OOo absolvieren will, kann das jedenfalls machen. Und bei den Prüfungen muss das sowieso jeder für sich entscheiden.

Ob das (grundsätzlich schon mal zweifelhafte) Zertifikat einen potentiellen Arbeitgeber überhaupt noch interessiert, wenn dort statt Kenntnissen in MS Office Kenntnisse in OpenOffice bestätigt werden, ist eine andere Frage.

auch Volkshochschul- u.a. -Kurse sind meist reine Werbeveranstaltungen für Microsoft.

Dich "rettet" die Verwendung des Wörtchens "meist"! Ansonsten muss ich strengstens protestieren, zumindest was unsere VHS angeht.

Wir haben jahrelang parallel zu allen MS-Office-Kursen auch OpenOffice-Kurse angeboten. Es ist nie auch nur ein einziger dieser OOo-Kurse zustande gekommen, weil es einfach keine Nachfrage gab.

In den Grundkursen mache ich regelmäßig auf OpenSource-Programme im allgemeinen und auf OOo im Besonderen aufmerksam. Die Übungen, die ich mit Anfängern zum Thema Programminstallation durchführe, führe ich immer am Beispiel von OpenOffice durch. Zuerst lernen die Leute wo und wie man sich das Installationspaket runterlädt, sie lernen Grundlegendes zu den Benutzerrechten (Adminrechte zur Installation) und dann wird OOo installiert (bzw. später wieder deinstalliert).

Trotzdem ist nie ein OOo-Kurs gelaufen. Die Anfänger, die sich für weitere Kurse anmelden, melden sich eben dann doch bei Word, Excel, PowerPoint an.

Anstatt den Leuten beizubringen, was Textverarbeitung und Tabellenkalkulation, E-Mail-Client und Webbrowser sind, lernen die Leute Word und Excel, Outlook und IE.

Einem wirklichen Anfänger diese Themen produktneutral beizubringen, ist ein Ding der Unmöglichkeit. Die meisten wollen Informationen nach dem Schema: "Zuerst klickst Du dort, dann dort und dann dort."

Wenn dieses "dort" in drei verschiedenen Programmen an drei verschiedenen Stellen ist, sind viele Anfänger komplett am Verzweifeln. Die schreiben Dir hinterher in die Seminarbeurteilung: "Ziel verfehlt", "Fähigkeiten nicht erreicht", "großes Durcheinander".

Wenn ich also in einem Textverarbeitungs-Anfängerkurs zu "MS Word" dann nicht auch noch nebenbei "OO Writer", "WordPerfect", "WordPro" usw. ins Spiel bringe, hat das zum einen methodische Gründe und ist zum anderen auch Selbstschutz, denn kein Dozent kann sich auf Dauer solche Beurteilungen leisten.

Das ist aber keineswegs böser Wille der Volkshochschulen. Zumindest unsere VHS ist offen für alles Mögliche. Leute können sich für Themen vormerken lassen, für die es laut Programmheft noch gar keine Angebote gibt. Wenn es genug Voranmeldungen gibt, wird die Software angeschafft und der Kurs gestartet. Aber das passiert nur höchst selten.

Und wenn dann auch noch, wie von dir weiter oben beim Namen genannt, Steuergelder ins Spiel kommen, dann fragt man sich allmählich, ob Microsoft bei uns den Status einer gemeinnützigen Vereinigung, einer Stiftung oder einer Ersatzreligion hat.

Zumindest einen Teil der Kosten tragen die Teilnehmer. Kein Teilnehmer ist bereit, für einen OOo-Kurs Gebühren zu bezahlen, wenn er von seinem (aktuellen oder zukünftigen) Arbeitgeber gesagt bekommt: "Wir arbeiten mit MS Office."

In meiner 15-jährigen Praxis gab es ganz wenige Gegenbeispiele (wieder so im 1%-Bereich), wo Firmen komplett auf OOo umgestiegen sind und ihre Mitarbeiter dann auch auf dieses Paket umschulen ließen.

Gruß, mawe2

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