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Spannung am Gehäuse

telex / 17 Antworten / Flachansicht Nickles

Ihr kennt doch diese Schraubenzieher, die hinten leicht leuchten, wenn man sie in die Steckdose steckt.
Bei mir scheint am Gehäuse vom 10 Jahre altem Drucker eine Spannung anzuliegen, wenn ich den Schraubenzieher da berühre leuchtet er leicht. Was ist das?

Drucker hat nur einen Flachstecker, dazwischen Netzteil. Angefasst : summt an der Oberfläche des DRuckers . Ist ein HP 720c.

boden ist metallisch. mir ist das nur aufgefallen, weil das Tischdeckchen unter dem Drucker auch brennt auf der Haut wenn man sie mit dem Handrücken berührt. Außerdem hatte ich dieses "Summen" auch an der PC Oberfläche vor Kurzem gespührt. DAs muss ja vom Drucker gekommen sein. Und mein PC ist im moment defekt. Vielleicht deswegen? aber eigentlich ist es doch Niederspannung?

Nach dem Netzteil : 1,7 ampere, 18 V laut Aufschrift

70 Volt, gemessen am Gehäuse.

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dl7awl telex „Spannung am Gehäuse“
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Hallo,

auch wenn ich normalerweise als "Sicherheitsfanatiker" gelte, sehe ich die Dinge hier etwas lockerer als knoeppken und kann "Teilentwarnung" geben, obwohl er mit seinen Mahnungen zur Vorsicht natürlich auf der sicheren Seite ist und ich prinzipiell genauso denke.

ABER: Die beschriebenen Erscheinungen sind in bestimmten Situationen so normal, dass es doch eher unwahrscheinlich ist (wenngleich nicht völlig auszuschließen), dass sie Anzeichen eines Gerätedefekts sind. Ein "kribbelndes" Gehäuse ist erstmal nichts weiter als ein sicheres Zeichen für einen fehlenden Schutzleiter - nicht mehr und nicht weniger. Für sich allein bedeutet das noch keine Gefahr.

Hintergrund: Jedes Schaltnetzteil (z.B.) enthält als Störschutzmaßname Abblockkondensatoren zwischen jedem der beiden Netzleiter und dem Gehäuse bzw. der Gerätemasse. Diese beiden Kondensatoren sind so bemessen, dass die durch sie möglichen Ströme unschädlich sind, außerdem müssen sie wegen ihrer "kritischen" Position das VDE- oder ein gleichwertiges Prüfzeichen tragen.
Wird nun ein solches Gerät (Schaltnetzteil oder ein schaltnetzteil-versorgtes Gerät) ohne Schutzleiter betrieben, dann bilden die Kondensatoren, die ja für Wechselstrom bedingt leitfähig sind, einen Spannungsteiler, der das Gehäuse bzw. die Gerätemasse hochohmig auf halbe Netzspannung (115 Volt) legt (manche nennen es fälschlich "statische Aufladung", meinen aber sicherlich dasselbe). Das verursacht dann das "Summen" bzw. Kribbeln beim Berühren des Gehäuses. Das bedeutet für sich allein keine akute Gefahr, denn wie gesagt, es ist eine normale Begleiterscheinung besagter Kondensatoren, welche ja auf Ungefährlichkeit ausgelegt sind (obwohl ich das dann doch lieber nicht mit den Füßen in der Dusche stehend testen möchte...). Das Kribbeln bedeutet aber sehr wohl, dass eben der Schutzleiter fehlt, und damit die durch ihn gewährleistete zusätzliche Sicherheit im Falle eines tatsächlichen Gerätedefekts.

Das bedeutet, ein fehlender Schutzleiter wird erst dann zur Gefahr, wenn noch ein Gerätedefekt (z.B. ein Kurzschluss innerhalb eines der beiden Kondensatoren) hinzu kommt!

Warum kann nun der Schutzleiter fehlen? Einige typische Möglichkeiten:

1. das Gerät ist schutzisoliert (ein klar definiertes Prüfkriterium) und muss deshalb gar nicht über einen Schutzleiter - sprich Schutzkontakt-Stecker - verfügen. Solche Geräte haben entweder einen Netztecker in der Form eines Schukosteckers, jedoch ohne die entspr. Außenkontakte, oder einen zweipoligen Euro-Flachstecker.

2. Das Gerät ist an einer Nicht-Schuko-Steckdose angeschlossen (die es in Altbauten oder im Ausland noch geben mag)

3. Das Gerat ist zwar an einer Schuko-Steckdose angeschlossen, deren Schutzkontakt jedoch nicht ordnungsgemäß verbunden. Dies könnte ein Fehler der Hausinstallation sein.

4. Es mag auch Billigschrott aus Fernost im Umlauf sein, z.B. Verlängerungskabel oder Steckdosenleisten, die gar keinen Schutzleiter enthalten oder so schlampig montiert sind, dass dieser sich intern löst.

Dass eine Schutzleiter-Verbindung vorliegend fehlt, ist angesichts der Symptome sicher. Ein angesagter Schritt wäre nun, herauszufinden, warum (Tipps dazu auf Anfrage). Wenn der Grund geklärt ist, sollte, falls es nicht (1) ist, baldmöglichst für Abhilfe gesorgt werden; eine akute Gefahr für Leib und Leben besteht jedoch, solange nicht zusätzlich ein Gereätedefekt vorliegt, nach menschlichem Ermesssen nicht.

Anders sieht es für elektronische Geräten aus: wird ein "kribbelndes" Gerät mit einem anderen verbunden, können im Moment des Zusammensteckens Spannungsspitzen entstehen bzw. Ausgleichsströme usw. fließen, die sehr wohl der Elektronik schaden können, insbesondere dann, wenn der Massekontakt nicht vor den Signalkontakten schließt (bei neueren Steckern wie USB usw. versucht man das konstruktiv sicher zu stellen).

Einstweilige Vorsichtsmaßnahmen bei fehlendem Schutzleiter: Geräte erst untereinander verbinden und erst dann ans Netz anschließen. Das Gehäuse des "kribbelnden" Geräts mit Erde (Heizung, Wasserleitung usw.) verbinden oder falls das nicht möglich ist, den Netzstecker versuchsweise andersrum reinstecken und prüfen, ob man das Kribbeln damit reduzieren kann. Fazit: bei umsichtigem Umgang und wenn man weiß was man tut, muss man allein wegen eines fehlenden Schutzleiters nicht gleich alles stilllegen - bis in die Zeiten meiner Kindheit und Jugend war das sogar der Regelzustand!

Beim kleinsten Verdacht auf einen echten Gerätedefekt sollte dies jedoch tatsächlich umgehend aus dem Verkehr gezogen oder von einem Fachmann überprüft werden.

Ich hoffe, die allgemeinen Zusammenhänge etwas verständlicher gemacht und damit einen umsichtigen Umgang erleichtert zu haben. Dies nach bestem Wissen und Gewissen, aber ohne Gewähr. Die konkrete Verantwortung vor Ort trägt natürlich letztlich jeder selbst.

Gruß, Manfred
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