Den Aussagen von ChrE kann ich mich im vollen Umfang anschließen - den Aussagen von olliver1977 nur sehr bedingt.
Auch nichts abgewinnen kann ich dem Reflex, empört aufzuschreien, wenn mal wieder jemand "geoutet" wird oder, wie im Fall Günter Grass, sich jemand nach zig Jahrzehnten outet.
Auf der einen Seite ist es Privatsache, was für "Mainstream-Dummheiten" man in der Jugend gemacht hat.
Und dazu gehört auch das (Persönlichkeits-) Recht, darüber zu entscheiden, ob man es publik macht oder nicht.
Zu diesem Persönlichkeitsrecht gehört sogar auch, sich überhaupt nicht damit auseinander setzen zu wollen - weder öffentlich noch mit sich selbst.
Dass sich Letzteres negativ auf einen selber auswirkt, ist eine andere Sache.
Anders ist es, wenn dies gravierende Auswirkungen auf andere gehabt hat - ich nenne hier beispielhaft die Todesurteile von Hans Filbinger.
Doch wenn quasi ein ganzes Volk in Verbrechen verstrickt wird, die es so zu 99% nie gewollt, aber aus Angst und Verblendung mitgemacht hat - wo zieht man hier die Grenze?
Das Milgram-Experiment (Tilo kennt es) zeigt auf, wozu die große Mehrheit einer jeden Bevölkerung in der Lage ist.
Als ich mit 17 Jahren einen Film darüber sah, spürte ich, dass ich mich auch nicht viel anders verhalten hätte als die Testpersonen - trotz aller Skrupel und Entsetzen, die ich beim Zusehen empfand.
Ich habe allerdings die Konsequenzen aus dieser Selbsterkenntnis gezogen - bin anders aus dieser Doku herausgegangen als ich hineinging.
Was ich damit sagen will: es gilt, daraus zu lernen und sich dahin zu entwickeln, dass mit einem selber so etwas nicht mehr zu machen ist.
Erst dann ist der Scheiß (in einem selbst) wirklich vorbei.
Dies wird nicht auf jeden Opa zutreffen, der früher in der HJ war. Dazu muss man kein Nazi sein, sondern nur Mitläufer genug geblieben sein.
Bei Menschen wie Dieter Hildebrand oder Günter Grass habe ich diesbezüglich überhaupt keine Zweifel.
Gruß
Shrek3