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Am 8. 11.1983 haarscharf am Atomkrieg vorbeigeschrabt

Tilo Nachdenklich / 23 Antworten / Flachansicht Nickles

Bisher dachte man die Kubakrise sei das Non-Plus-Ultra gewesen.

Die "Nachrüstung" mit amerikanischen Mittelstreckenraketen verkürzte für Russland die Vorwarnzeit auf 8 Minuten und ein bischen mehr. Die Nato musste natürlich gleich mit den neuen Waffen Manöver veranstalten und neue Funkcodes einsetzen. Die Aktivitäten plus der neuen Tarnung wurde vom russischen Geheimdienst als Angriff eingeschätzt. Etwas unklar bleibt, warum um alles in der Welt, sie nicht die Knöpfchen gedrückt haben. Wenn man so Leute wie die beiden Helmuts (Schmidt und Kohl) hört, waren die Anti-Raketen-Demonstranten ja der letzte Abschaum. Heute muss man sagen, dass die großen Strategen die uns regiert haben Zauberlehrlinge und unzurechnungsfähige Knallköpfe waren. Eingeleitet hat diese Nachrüstung noch der nette Herr Carter (US-Präsident und Friedensfreund). Der kalte Krieger Ronald Reagen (the friendly beast) hat, als er von den Geheimdiensten aufgeklärt wurde, sofort einen Vertrag mit Moskau abgeschlossen, um die Gefahrenlage abzuwenden.

Textprobe:
"Gegenüber früheren NATO-Übungen wurden dabei für den Übergang vom konventionellen zum atomaren Krieg neue Formate für die entsprechenden Funkbefehle verwendet.

Diese wurden vom russischen Abhördienst aufgefangen. Dabei stellten die Sowjets fest, dass die neuen Funksprüche ein anderes Format als die früheren Übungs-Funkbefehle hatten. Sie schlossen dabei aber nicht auf ein neues Übungs-Format, sondern vermuteten irrtümlich, dass es sich um die lange erwarteten echten Befehle zum Nuklearangriff handelte. In der Nacht vom 8. auf den 9. November warnte das KGB-Hauptquartier in Moskau seine Auslandsniederlassungen, dass es eine Mobilmachung auf den US-Stützpunkten in Westeuropa gäbe, obwohl dies real nicht der Fall war."
www.heise.de/tp/r4/artikel/18/18998/1.html


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8 Minuten. Tilo Nachdenklich
vanGoehs Tilo Nachdenklich „Am 8. 11.1983 haarscharf am Atomkrieg vorbeigeschrabt“
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So bald man sich den kalten Krieg näher betrachtet und diesbezüglich recherchiert, trifft man immer wieder auf die "was wäre gewesen wenn" Frage. Situationen wie die von Dir beschriebene gab es in den 40 Jahren, die der kalte Krieg dauerte recht häufig. Das ist erschreckend. Darüber besteht Einigkeit. Schwieriger wird es hingegen bei der Entscheidung welche Schlüsse man aus alledem ziehen sollte.

Stichwort: "Fiktion der Abschreckung" . Ein Atomwaffenarsenal, das quantitativ im fünfstelligen Bereich lag, war gewiss keine Fiktion. Es war ein Versprechen für beide Seiten, dass im Fall einer Eskalation die Welt wie man sie kannte verschwinden würde. Langfristige strategische Kriegsführung wurde unplanbar. Hat dies den dritten Weltkrieg verhindert ? Ist natürlich eine rhetorische Frage, die Antwort ist ja. Der bruchlose Übergang des zweiten Weltkrieges in einen dritten wurde durch die Erfindung der Atombombe verhindert.

Der Konflikt zwischen der USA und der UDSSR wurde nicht direkt ausgetragen- nur über Stellvertreterkriege. Die Abschreckungsstrategie gehört dennoch zu den gefährlichsten und wahnsinnigsten Ideen der Mnescheitsgeschichte.

Im Kern enthielt sie nämlich folgende These: Die Welt wird sicher ( bzw. sicherer ) wenn man erst das Potential aufbaut, sie völlig zu vernichten - um dann auch genau damit dauernd zu drohen.

Ich denke mit "Sicherheit" hatte all dies nichts zu tun. Man hat die Verhinderung eines offenen Konfliktes mit dem Wort Sicherheit gleich zu setzen versucht. Ein schwerwiegender Denkfehler. Sicherheit hätte man durch die politische Lösung des Konfliktes erreichen können- nicht durch die Beharrung auf den politischen Status quo, der eine krude Mischung aus Aufrüstung, Drohung und deeskaliernden Konferenzen war.

Ich denke die Formulierung "fiktion der Abschreckung" ist falsch. Aber es gab eine fatale Fiktion. Die Fiktion von Sichherheit. Und eben diese hätte die Welt tatsächlich in den Abgrund reissen können. An Ihr lag es sicherlich auch, dass die reale Bedrohung des kalten Krieges 40 Jahre lang währte. Eine Zeitspanne, die den beteiligten Machthabern auf beiden Seiten, angesichts der Gefahr eines Atomkrieges, ein Armutszeugnis ausstellt.

Ich sag mal, lasst uns froh sein, dass das hinter uns liegt.


Gruß

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