Hallo zusammen.
Nachdem die um die Jahreswende herum z.T. recht lebhaft geführten Diskussionen zum Thema TCPA/Palladium inzwischen weitgehend eingeschlafen zu sein schienen, hat Nickles-User 'higgl' - wenn auch nicht ganz freiwillig - mal wieder etwas frischen Wind in dieses Thema gebracht. Aber auch von offizieller Seite gibt es ein paar Neuigkeiten: TCPA heißt nun TCG (Trusted Computing Group). Alle Einzelheiten gibt es hier:
http://www.heise.de/newsticker/data/cp-18.04.03-000/
Passend zum Thema: Eine von 7 US-Bundesstaaten ratifizierte Erweiterung des Digital Millennium Copyright Acts - mit weitreichenden schlimmen Folgen für die Freiheit von Forschung und Lehre:
http://www.heise.de/newsticker/data/jk-20.04.03-008/
Wenn das keine faulen Ostereier sind :-(
CU
Olaf
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Deine gesamte Argumentation krankt an einem Knackpunkt: Der Zweck heiligt nicht jedes Mittel. Es muß eine Verhältnismäßigkeit gewahrt bleiben, und die sehe ich nicht, wenn jeder Computer-Benutzer in Zukunft nach Belieben ausspioniert werden kann.
Ich will es einmal mit einem etwas drastischen Vergleich ausdrücken: Wenn die meisten Bürger bei sich zu Hause Hehlerware gebunkert hätten, könnte man auch ein Gesetz erlassen, das für jede einzelne Wohnung eine Überwachungs-Kamera vorschreibt, plus regelmäßiger Hausdurchsuchungen durch die Polizei. Soll ich mich bei dieser Vorstellung nun entspannt zurücklehnen, nur weil ich, wie es immer so schön heißt, "nichts zu verbergen habe"? Oder sollte ich mir nicht doch langsam mal Sorgen um meine Privat-/Intimsphäre machen? Um nichts anderes - wenn auch nur im kleinen, auf den heimischen PC beschränkt - geht es bei TCPA/Palladium.
Es gab auch mal in einigen US-Bundesstaaten eine abendliche Ausgangs-Sperre für alle Jugendlichen einer bestimmten Altersgruppe. Ich weiß nicht, wie groß der "Erfolg" dieser Maßnahme war - das ihr zugrunde liegende Prinzip der Sippenhaft halte ich für faschistoid und damit eines demokratischen Staates unwürdig. Dann hätte man die Jugendlichen auch vorsorglich gleich abknallen können...
Was ich damit sagen will: Nur weil eine Maßnahme zum Erfolg führt, ist sie noch lange nicht gut und richig. Deswegen verschreiben Ärzte auch so ungern Antibiotika: Weil die nämlich, wie der Name schon andeutet, auch nicht nur Krankheits-Erreger vernichten, sondern auch so manches andere mehr.
Im übrigen profitiert die Industrie zum Teil auch von der Kopiererei: CD-Brenner und Rohlinge, ja ganze Computersysteme und Zubehör würden sich ohne dieses "Feature" bedeutend schlechter verkaufen. Und jede Kopie ist immer auch ein wenig Werbung für das Original: So mancher, der sich eine Software raubkopiert hat, hat sie später irgendwann gekauft. Das sind gar nicht mal so wenige, die auf Dauer doch die Vorzüge einer legal erworbenen Lizenz zu schätzen wissen.
> es werden immer mehr, die einfach ohne jegliches Unrechtsbewusstsein kopieren
Im Falle von heruntergeladener Musik geschieht auch kein Unrecht im Sinne des Gesetzes - das ist erlaubt. Strafbar macht man sich nur durch das Anbieten zum Download. Die einschlägig bekannte Filesharing-Software läßt sich aber so konfigurieren, daß man herunterladen kann, auch ohne die kopierten Files gleichzeitig wieder für andere zum Download anzubieten. Ich weiß: Wenn das alle täten, würde das ganze Prinzip im großen nicht mehr funktionieren (weshalb sich die Community über "Nur-Sauger" gebührend moralisch entrüstet *LOOOL*).
> es wird kopiert und geklaut, was das Zeug hält
Zum Vorwurf des Diebstahls: Das ist nicht ganz verkehrt, was Du sagst - aber eben auch nicht ganz richtig.
Zum Vergleich: Wenn ich in einem Laden eine Ware mitnehme, ohne dafür zu bezahlen, so entsteht dem Händler ein ganz klar nachvollziezbarer materieller Verlust. Zum einen hat er selbst für die Ware bezahlt; das Geld ist nun weg. Zum anderen entgeht ihm der durch einen etwaigen Verkauf erzielte Gewinn.
Bei raubkopierter Software oder Musik liegen die Dinge längst nicht so eindeutig: Wer geistiges Eigentum nutzt, ohne dafür etwas zu bezahlen, nimmt dem Eigentümer damit nicht automatisch etwas weg. Der Unterschied liegt in folgendem Umstand begründet: Wer keine Möglichkeit hat, kostenlos an das gewünschte Musikstück oder Programm heranzukommen, wird in vielen, wenn nicht gar den meisten Fällen, ganz darauf verzichten - und nicht etwa in den Laden stratzen und das Musik- oder Software-Produkt kaufen. Auch dann schaut der Anbieter des geistigen Eigentums in die Röhre...
Anders gesagt: Diese raffgierige Ich-will-alles-kostenlos-und-zwar-sofort-Mentalität vieler Leute entsteht erst durch die technische Möglichkeit, sich alles umsonst heruntersaugen können. Gäbe es KaZaa & Co. nicht würden die Leute schlicht darauf verzichten, und zwar ohne(!) daß ihnen deswegen irgend etwas fehlen würde. Was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß... Man könnte auch sagen: "Angebot schafft Nachfrage" - wenn auch in einem gänzlich un-ökonomischen Zusammenhang.
Die Industrie würde sich wundern, wenn es tatsächlich gelänge, die Raubkopiererei einzudämmen. Ich lehne mich jetzt einmal ganz weit aus dem Fenster und behaupte: Das erwartete Riesen-Umsatzplus, bedingt durch den Umstand, daß die Leute ihre Sachen nun wieder kaufen müssen, würde ausbleiben. Die Masse der potenziellen Kunden würde auf ihr legal erworbenes Produkt ebenso verzichten wie auf ihre Raubkopie.
Es gäbe noch mehr dazu zu sagen, aber da das Posting jetzt schon rekord-verdächtig lang ist, mache ich hier erst einmal Schluß...
CU
Olaf