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Abenteuerreise 2016 (Teil 3) - irrtümlich ans Ende der Welt

Michael Nickles / 7 Antworten / Flachansicht Nickles
Wer Ruhe sucht findet sie in Wittingau (Třeboň) garantiert. (Foto: mn)

24.6.2016. Man kann drüber streiten, welcher Ort am ehesten die Bezeichnung „am Ende der Welt verdient“. Vermutlich gibt es viele auf die das zutrifft. Auf Wittingau (Třeboň) trifft es garantiert zu – zumindest dann wenn man in die „falsche“ Ecke von Wittinggau gerät.

Wer einen Blick auf Karte und Route wirft, kann leicht verstehen, warum Wittingau mein nächstes Reiseziel war: ganz einfach weil es der nächste „größere“ (also belebte) Ort ist, zu dem man gelangt, wenn von Krumau aus weiter in Richtung Osten gefahren wird und es auch keine allzu lange Tagestrecke sein soll.

Třeboň war nur knapp 50 Kilometer weg. Von Krumau aus hatte ich mir per Booking.com App eine Pension in Wittingau ausgesucht und gebucht. Bei den Fundlisten in Booking.com habe ich jeweils nach „Niedrigster Preis zuerst“ sortiert und dann eine Pension oder ein Hotel mit dem meines Erachtens nach bestem Preis-/Leistungsverhältnis ausgesucht. Am attraktivsten war für mich das Angebot „Pension Domanin“, das zum Reisezeitpunkt für 25 Euro als Schnäppchen offeriert wurde.

Während ich das hier schreibe, liegt der Schnäppchenpreis von Booking.com bei 30 Euro pro Nacht. Booking.com lockt auch mit „Unsere Gäste haben entschieden! Die Unterkunft Penzion Domanín ist eine unserer beliebtesten Unterkünfte in Třeboň.“.

Also: günstig, in Třeboň, sehr beliebt. Wer hier zuschlägt, fällt rein! Die Grundregel beim Nutzen von Booking.com lautet nämlich: niemals glauben, dass es dort den besten Preis gibt. Eine simple Google-Suche nach „trebon pension domanin“ führt zur (auch deutschsprachigen) Webpräsenz der Pension: http://www.penzion-domanin.cz/de.

Webpräsenz der Pension Domanin mit der Preisliste.

Gemäß Preisliste der Pension kostet eine Nacht für Erwachsene 365 Kronen

Ich bin (während ich den Beitrag schrieb) mal auf eine Währungsumrechnungsseite und hab die 365 Kronen in Euro umrechnen lassen: das waren zu diesem Zeitpunkt 13,50 Euro.

Lustig: auf der Umrechungsseite wurde (dank Cookie-Tracking) eine Anzeige von Booking.com eingeblendet. Dort stand wie im Bild zu sehen: Penzion Domanin 30 Euro Bestpreisgarantie.

Währungsumrechnungsseite und darunter die „Bestpreis“-Werbung von Booking.com.

Der Bestpreisgarantie von Booking.com betrug also 30 Euro, gleichzeitig wurde die Unterkunft von der Pension direkt für 13,50 Euro angeboten.

Das ist schon ein verdammt extremer Preisunterschied. Wie Booking.com „Bestpreisgarantie“ exakt definiert und wie Kunden das verstehen oder missverstehen können/sollen, weiß der Henker.

Juristisch wird es gewiss irgendwie gedeckelt sein. Und sollte die Verbraucherschutzzentrale irgendwann mal Ärger machen, wird Booking.com das nötige Taschengeld bestimmt bereitliegen haben.

Booking.com Bewerbung der Pension.

Booking.com bewirbt die Lage der Pension als „fantastisch“, als Adresse ist „Penzion Domanin, Domanín 148, Třeboň, 379 01, Tschechische Republik“ angegeben.Das sieht nach einer kapierbaren Bezeichnung wie „Straße, Ort, Land“ aus.

Ich interpretierte „in Třeboň, in der Straße Domanín, Hausnummer 148". Gemeint ist das hier: man fährt nach Třeboň, von dort dann so 5 Kilometer übers Land raus zu einem Dörfchen namens Domanín und irrt dort so lange rum, bis man irgendwo die Penzion Domanin findet. Hausnummern scheint es in Tschechien in ländlicher Umgebung nicht zu geben.

Ich landete also nicht wirklich in Třeboň, sondern in einem Dörfchen (die Bezeichnung „Dorf“ wäre übertrieben) namens Domanín. Domanín lässt sich sehr einfach beschreiben. Wenn  man von Třeboň aus reinkommt, gibt es auf der rechten Seite ein Restaurant (das einzige in weitem Umkreis!), ein paar Meter weiter geht links eine recht kaputte Strasse runter zu ein paar Häusern, von denen eines die Penzion Domanin ist.

Also: ein Restaurant und sonst nichts. Wer essen gehen will und dazu ein alkoholisches Getränk möchte, dem bleibt generell nur dieses eine Restaurant, da in Tschechien 0 Promille angesagt ist (was den meisten Tschechen aber wohl schnuppe ist). Mal eben mit dem Auto wo anders hinfahren, Essen und Biertrinken geht also nicht beziehungsweise ist mit ausländischem Autokennzeichen eher nicht empfehlenswert.

Mein erster Gedanke war: Scheiße! Das mit „fantastischer Lage“ ist halt sehr interpretierbar. Wer so was wie „das Ende der Welt“ sucht, wird auf jeden Fall begeistert sein.

Der Weg zur Pension. (Foto: mn)

Die Pension Domanín ist außergewöhnlich super. Es handelt sich um ein größeres rund zwei Jahre altes Haus, das von der Inhaberin geführt wird.

Zimmer, eigenes Bad/WC sind 1A. Man wohnt hier eigentlich nicht in einer „Pension“ sondern in einem Haus dabei, Wohnzimmer (Esszimmer) und die große Küche werden gemeinsam genutzt, ebenso der wunderbare Garten mit Grillstation. Wer hier wohnt fühlt sich eher als Freund denn als Gast. Das macht diese Pension einmalig und ich fand so was auch im weiteren Verlauf meiner Rundreise nicht mehr.

Küche und Essbereich in der Pension Domanín - eher heimisch als "Hotel-Kälte". (Foto: mn)

Klipp und klar: wer nicht die totale Einsamkeit sucht, ist in Domanín ohne Fahrrad aufgeschmissen. Ich ließ mir von der Hausherrin eine Radtour zu einem nahe gelegenen See empfehlen. Das führte mich ein paar Kilometer weit nach Spoli.

Dort ist ein recht angenehmer Badesee, wenn man es schafft reinzukommen! Am Seeufer entlang reihen sich zig kleine Privatgrundstücke mit Häuschen drauf, erst am anderen Ende des Sees fand ich ein kleines Fleckchen, das offensichtlich öffentlich war.

Ohne das Aldi-Faltrad wäre ich da kaum hingekommen. Leider gibt es direkt am See keinerlei Kneipe oder Kiosk. Als meine Wasserflasche gegen abend alle war, bin ich vom See zurück nach Spoli wo es direkt an der Straßenecke eine kleine einheimische Kneipe mit hervorragendem Bier gab. Nach rund zwei Stunden bin ich dann die zwei Kilometer bergaufwärts zurück nach Domanín gefahren.

Der zum Scheitern verdammte Plan bestand dann darin, zurück nach Domanín zu fahren, im Restaurant zu essen und ein paar Bier zu trinken. An diesem Abend habe ich gelernt, dass man in Tscheschien sehr früh Abendessen gehen muss. Ab 20 Uhr ist es normal, dass die Küche keine Bestellungen mehr annimmt.

Glücklicherweise habe ich auf dem Rückweg von Spoli in einer Seitenstraße vom Domanín noch eine kleine Kneipe mit Biergärtchen gesehen und bin dort hin. Es gab dort wenigstens noch eine „Kleinigkeit“ zum Essen. Ich entschied mich für eine Portion „Käse mit Brot“ und das war ein Volltreffer.

Perfekte Abendmahlzeit: Brot, Käse, Bier. (Foto: mn)

Der Käse erinnert ein wenig nach fränkischem Kochkäse, allerdings etwas fester und optisch wie ein Camembert aussehend. Dazu gab es eine Oliven-/Knoblauch-Sauce mit Zwiebeln und eine große Portion sehr gutes Brot.

So ein „Snack zum Bier“ kostet in Tschechien rund 50 Kronen, also ca 1,80 Euro – und macht garantiert satt. Die Kombination aus Käse und Bier war so gut, dass ich da am folgenden Abend wieder hin bin.

Auch hier gelang es mir allerdings nicht, irgendwelche Leute kennenzulernen. Die einheimischen Kneipen die ich im Verlauf der Reise besuchte waren zwar stets recht gut besucht, ich fand aber keinen Kontakt und es sollte auch leider bis zum Ende der Reise zu bleiben. Das scheint in Tschechien als Alleinreisender schlichtweg schwer zu sein, so man nicht spezielle sehr kontaktfreudige „Nachtclubs“ aufsucht und sich eher weit außerhalb der Touristenecken aufhält: an einen Tisch mit Deutschen dazusetzen wollte ich mich im Rahmen dieser Reise einfach nicht.

Am zweiten Abend bin ich rein nach Třeboň in ein (das) Wellzentrum gefahren, wo es auch Schwimmbad und Sauna gibt. Sauna und Schwimmen zusammen ging merkwürdigerweise nicht sondern nur entweder oder. Ich entschied mich für eine Stunde schwimmen. Der zum Scheitern verdammte Plan bestand dann darin, zurück nach Domanín zu fahren, im Restaurant zu essen und ein paar Bier zu trinken. An diesem Abend habe ich endgültig  gelernt, dass man in Tschechien sehr früh Abendessen gehen muss. Ab 20 Uhr ist es normal, dass die Küche keine Bestellungen mehr annimmt. Es gab also wieder „Käse“ in der Kneipe, was mir sowieso recht war.

Cooles Schnäppchen: meine neue Fahrrad-Sonnenbrille hat in einem Penny-Markt in Tschechien nur knapp 3 Euro gekostet. (Foto: mn)

Die Tage in Wittingau gingen rasch rum, es war ein perfekter Ort um vom Alltagstress erstmal so richtig runterzukommen. Tagsüber war ich noch zwei Mal direkt in der Altstadt, die zwar malerisch hübsch, aber sonst recht „langweilig“ ist. Am Rand des Stadtkerns habe ich ein sehr gutes Restaurant entdeckt, in dem ich zwei Mal mittags essen war.

Als perfekt hat sich die Kombination erwiesen, mit dem Auto wo hinzufahren, das Faltrad rauszuholen und einfach die Gegend zu erkunden. Dabei entdeckte ich unter anderem einen Seezugang an einem Campingplatz. Mit Auto kommt man da nicht so leicht ran.

Der Aufenthalt in Domanín endete schließlich mit der unglücklichen Situation, mit mehreren Leuten im Hausflur zu stehen und auf den Hof rauszugucken, zu beobachten, wie ein Hagelregen mit hühnereigroßen Eisbrocken die draußen geparkten Autos ruinierte. Auch meinen Ford Fiesta hat es leider übel erwischt. Ich habe jetzt also einen 14 Jahre alten Ford Fiesta mit schwerem Hagelschaden.

Geplant war eine Nacht, geblieben bin ich drei. Ich weiß nicht warum, aber der Abschied fiel mir schwer. Wenn ich das nächste Mal eine Autoreise Richtung Osten mache, werde ich wieder „unten bei Passau“ reinfahren, aber Krumau auslassen und direkt nach Wittingau beziehungsweise zum Dorf Domanín fahren. Drum nochmals: die Pension Domanín ist ein Geheimtipp, wenn man ein paar Tage Ruhe sucht, Radfahren und Baden an Seen mag.

Um schneller weiter nach Osten vorzudringen habe ich mich entschieden, von der ländlichen Einsamkeit in Třeboň nach Brünn weiterzureisen, also auch wieder mal etwas Stadtluft schnuppern. Und erneut kam es total anders, als ich es mir vorgestellt habe.

Fortsetzung folgt…

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andy11 Michael Nickles „Und hier noch ein paar Bilder aus dieser Reiseetappe:“
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Wie sagte mal einer so schön?:

"Der weg ist das Ziel".

Das sind und bleiben immer die schönsten Touren.

Die, ins Unbekannte.

Ach, ähmm, kein Trip nach Pilzen? Oder war es Budweis,

das in der Nähe war. Grüße Andy

Ohne Wein kan?s uns auf Erden Nimmer wie dreyhundert werden Ohne Wein u. ohne Weiber Hohl der Teufel unsre Leiber. J.W.vG.
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