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Charity Reise nach Kambodscha

Indronil Ghosh / 7 Antworten / Flachansicht Nickles

Liebe nickles.de Gemeinde,
Ich möchte etwas über meine Reise nach Kambodscha berichten. Michael Nickles hatte bereits im OffTopic meinen Spendenaufruf aus Facebook verlinkt.

https://www.nickles.de/forum/off-topic/2016/nickles-vip-indronil-ghosh-hilft-armen-kindern-in-kambodscha-wer-hilft-mit-539169803.html

nickles.de, hat wie von Michael ankündigt sich mit 540,00 Euro an der Aktion beteiligt, unzählige nickles.de User haben sich per eMail, Facebook, den Messenger bei mir gemeldet und haben Geld gespendet!

Ich schulde Euch allen meinen größten Dank, es werden die kommenden Tage insgesamt 4. Einträge zu dieser Reise kommen. 
Ein paar Daten vorab:

Insgesamt sind einige 100 Kinder mit Lebensmitteln versorgt worden, aus Deutschland habe ich zum größten Teil gespendete Stofftiere mitgenommen, eine Karateschule bei mir im Ort, Achim, hat neben viel Geld auch seine Kunden angesprochen die sich ebenfalls mit Geld und Sachspenden an der Aktion, bzw. den Einsätzen beteiligt.

- 75 Stofftiere
- 60 Zahnbürsten
- 12 Tuben Zahnpasta

Vor Ort eingekauft wurden:
- 5000 Kilogramm Reis
- ca. 100 Kilogramm Obst, Brote, Getränke, Süßigkeiten 

Vielleicht ein paar einleitende Worte zu dem Land und wieso das Land in der jetzigen Situation ist und wieso ich tue was ich tue.

Kambodscha, ist ein Land in Südostasien, zwischen Vietnam und Thailand, im Norden grenzt es an Laos. Die Südseite mündest in wunderschönen Stränden im Golf von Thailand.
bis 1953 gehört Kambodscha zum kolonialen französisch Indochina, 1954 erlangte es die vollständige Souveränität zurück und war bis 1970, ein stolzes Land, es gab einige Reiberei, aber im großen und ganzen hatte der König das Land im Griff.
1970 kam es zu einem Putsch wo der amtierende König abgesetzt wurde und durch einen General (Lol Non) vertreten wurde, dieser führte das Land in einen Bürgerkrieg mit einer Guerilla Truppe, die später unter den Namen: "Rote Khmer" in der westlichen Welt bekannt werden sollte. 
Im April 1975, mit dem Fall der Hauptstadt, Phnom Penh, war der Bürgerkrieg beendet, die Guerillatruppe, hat unter der Führung Saloth Sar, später bekannt im westen als Pol Pot den Krieg gewonnen. 

Auf alten Fotografien und Berichten aus dieser Zeit sieht man die Bewohner von Phnom Penh am Straßenrand stehen und jubeln, endlich Frieden...

Die Roten Khmer, "evakuierten" die Stadt Phnom Penh, als Grund wurde ein baldiges amerikanisches Bombardement angegeben. 
Die Menschen sollten das nötigste zusammenpacken um für 1-3 Tage die Stadt verlassen zu können.
Die diejenigen die sich weigerten, Soldaten die unter dem Kommando von Lol Non gestanden hatten, Intellektuelle, ein Stift in der Brusttasche des Hemdes oder eine Brille genügten, wurden noch in der Stadt erschossen.

In der kommunistischen Weltbild was die Roten Khmer hatten, gab es keine Städte, keine Industrie, es sollte mit dem Jahr 0 (April 1975), ein kompletter "Bauern und Arbeiter Staat" entstehen. 
Um eine Millionenmetropole wie Phnom Penh zu räumen ist zu der Lüge des bevorstehenden Bombardements gebraucht worden. 

Bis zum Jahr 1979, wurde eine mörderische Diktatur errichtet, die Menschen waren zu harter Feldarbeit gezwungen, ohne genügen Nahrung zu erhalten, es wird davon ausgegangen das ca. 50% der Bevölkerung an Hunger und Krankheit gestorben ist, ein nicht unwesentlicher Teil wurde gefoltert und ermordet. 
Mit dem Einmarsch der Vietnamesen in dem Land, wurde etwas Frieden geschaffen und eine Regierung eingesetzt, die Führer der Roten Khmer, wurden allesamt zum Tode verurteilt. Teilweise konnten die Urteile vollstreckt werden, teilweise wurden der Kader in Abwesenheit verurteilt.

Auch wenn es viele Kambodschaner und der Westen geschlossen vergessen, haben Sie dem Land ein Stück Frieden und Sicherheit gebracht. Trotzdem sind gerade im ersten Jahr aufgrund der Kämpfe rund 200.000 Khmer umgekommen.

Was die Vietnamesen nicht konnten, waren ausreichend Ärzte und Lehrer auszubilden, bis 1989 war das Land nun erneut in einem Bürgerkriegszustand.
Regierungssoldaten gegen die Roten Khmer, die an der Grenze zu Thailand und in Thailand Schutz fanden.
Auch eine internationale Ächtung des kommunistischen Vietnam in einem „souveränen Land“ trug nicht zu Besserung bei.. so wurde unter Einsatz der UN 1991, in Paris, ein Friedensabkommen geschlossen, mit dem Ziel, Kambodscha wieder zu einem demokratischen Land zu führen. Die entsprechenden Missionen waren: United Nations Advance Mission in Cambodia (UNAMIC) und „United Nations Transitional Authority in Cambodia“.
In beiden Missionen war die Bundeswehr aktiv beteiligt, mit einem Hospital was zur Versorgung der UN-Truppen dienen sollte, vor Ort haben die Verantwortlichen Offiziere, sehr schnell die Behandlung von Einheimischen übernommen. Landminenopfer, Geburtshilfe und vieles mehr.
Das damalige Hospital ist bis heute im Betrieb, von den Einheimischen wird es „House of Hope“ genannt.
Es war der erste Auslandseinsatz der Bundeswehr und der erste, gefallene Soldat, nach dem II. Weltkrieg.
Nach der ersten freien und sehr demokratischen Wahl, in Kambodscha, zog die UNTAC ab und das Land steht seit 1992 an einem Punkt wo sich Deutschland 1945 befunden hat.
Erschwerend kommt hinzu das mit Premier Minister Hun Sen ein Präsident an der Macht ist, der sehr auf sein eigenes Wohlergehen achtet (Ich kann und ich werde nichts weiter dazu sagen!).

Die Generation die in der Zeit der Red Khmer Rouge geboren wurde, die Diktatur überlebt hat, oder nach dem Bürgerkrieg geboren wurde, stellt die Mehrheit in dem Land, eine Generation fast ohne Chance aus dem Elend in das sie hineingeboren wurden raus zukommen.

Nun gibt es viele Kinder, da Kinder immer noch Altersvorsorge bedeutet, oder einfach Sex, der für wenige Minuten alles an Sorgen und Nöten vergessen lässt, für wenige Augenblick einfach mal unbeschwert und frei sein können…, leider sind Verhütungsmittel sehr teuer und es wird schon nichts passieren.. Wie kann man das so entstandene Kind ernähren, oder die Müttersterblichkeit, bei der Geburt..
So gibt es in dem Land viele Kinder, entweder Waisen, oder abgehauen.. diese finden in diversen Einrichtungen Schutz und Hilfe. , nur sind diese Einrichtungen weder staatlich noch sind es NGOs aus dem reichen Ausland.. es sind Einrichtungen die von Spenden leben.

Nun komme ich ins Spiel:
Spendengelder sind natürlich hochwillkommen… de ersten Jahre habe ich Geld gegeben, bis eine vonmir geachtet und unterstütze NGO in die Schlagzeilen geriet, das nur ein Bruchteil des Geldes tatsächlich den Empfängern zu gute kommt.
Ich war verbittert und überlegte wie kann ich dies zukünftig verhindern? Die Lösung war Einkauf und Verteilung der Lebensmittel vor Ort durch mich selber.
Meine eigene berufliche Situation hatte sich massiv verändert und ich stand vor der Entscheidung, Schluss machen, oder in der Öffentlichkeit und im Kundenkreis nach Spenden zu bitten.
Das ist der Stand bis heute…

Von den Spendengeldern wird vor Ort Reis, der über einen längeren Zeitraum gelagert werden kann und Sachen für den sofortigen bis kurzfristigen Verzehr eingekauft.

Transportkosten im Land (Auto, Tuk-Tuk, oder LKW), Kosten für Übernachtung, Anreise, Übersetzter, etc. bezahle ich von jeher komplett aus eigener Tasche! Nicht ein Cent von dem gespendeten Geld wird oder wurde für was anders aus Lebensmittel und diverse Hygiene Artikel, ausgegeben!

Spielzeug was ich hier auf Flohmärkten gekauft habe ist ebenfalls von mir selber bezahlt worden. 


In der oberen Collage ist ein kleiner Ausschnitt aus den vergangen Jahren zu sehen.
Im zweiten Teil kommt dann wieso und warum ich mich entschlossen habe in dem Land das zu tun was ich seit 2007 tue.

Danke für eure Geduld und ich hoffe etwas informieren zu können, wieso und warum das Land so ist, wie es ist.

Indronil

http://de.betterplace.org/projects/5500-lebensmittel-fur-kambodschanische-kinder
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Indronil Ghosh Nachtrag zu: „Charity Reise nach Kambodscha“
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2006, ich bin gerade in Thailand, in Bangkok an der Khao San Road, habe ich Schilder gesehen die ein mir bekanntes Gebäude zeigen. Angkor Wat, kurz vor der Reise hatte ich über den Tempel gelesen, der weltweit größte Hindutempel.. 

Hm wenn ihr Plakate hängen muss das ja in der bähe sein, im Reisebüro erfahren was die für einen Ausflug dahin haben wollen, viel zu teuer, dass geht viel billiger, meint das Internet!

Also Busfahrkarte gekauft und an die Grenze, doch schon sehr weit weg von Bangkok.. - aber am Nachmittag dann an der Grenze angekommen, nach einiges (sinn und fruchtlosen) Diskussionen was das Visum kosten soll, 20 USD und nicht 1000 THB, was zu der Zeit ca. 30 Dollar entsprach..

Am späten Nachmittag dann über die Grenze gelaufen, es wurde schon dunkel.., also was tun, ein weiterkommen geht von hier nicht, dazu kommt, wenn man aus dem blitzsauberen Thailand, in die Grenzstadt Poipet einreist, glaubt man den Vorhof der Hölle erreicht zu haben.. , es ist dreckig, laut und es stinkt..überall Bettler und Mitglieder einer Taximafia, die einen für 60-100 Dollar nach Siem Reap fahren wollen, ich wusste aber es gibt einen Bus der für ein 20.stel des Preis fährt..

Nachdem mir bewusst wurde es geht tatsächlich nicht weiter, da es schon fast 19 Uhr war, hatte ich mir ein Zimmer gesucht, wo ich die Nacht verbringen wollte. 
Da ich schon in einer Stadt bin, bin ich erstmal raus und wollte etwas essen und trinken, es war sehr unheimlich bis ich ein Restaurant gefunden hatte.... Gegessen hatte ich ein Fischcurry, namens Amok, eine Geschmacksexplosion im Mund wie sie nie zuvor erlebt hatte.. Dazu einiges Bier getrunken so da sich schon "recht gut beisammen" war..- auch ein paar Jungs von der Taximafia waren dort und wir hatten ein nettes Gespräch und ich genoss den Abend sehr.. 
Aufgefallen ist mir die brutale Armut wie sie nicht mal aus Indien her kannte, trotzdem die Freundlichkeit und das sehr entgegenkommende Verhalten der vor wenigen Stunden noch sehr rüpelhaften Jungs.., wenn man die Landessprache nicht beherscht kann es auch ein Abenteuer sein etwas zu essen zu bekommen.. , sie haben vin sich aus geholfen, auf eine ausgegebene Runde Bier hatten sie erst mal verzichtet, erst nach der xten Runde haben Sie akzeptiert!

Ich war zufrieden und wollte zurück in das Zimmer, vor dem Gasthaus lief ein Junge mit Büchern durch die Gegend und wollte mir unbedingt eines verkaufen..gerne warum nicht, ich entschied mich für ein Reiseführer und einen autobiografischen Roman: "At first they kill my father", von "Loung Ung", es war dunkel und ich konnte nicht richtig erkennen welches Buch ich unbedingt kaufen sollte, aber bei 2 Dollar ist das zu verschmerzen.. 

Im Zimmer etwas in dem Lonley Planet geblättert und schon wieder geärgert über das Buch- ich mag die LP bis heute nicht..- also den Roman angefangen zu lesen, nach wenigen Seiten, war ich stocknüchtern, nachdem ich das Buch gelesen hatte war mir speiübel, wie kann das sein das passt doch gar nicht zu dem Land und den Menschen die ich eben kennengelernt habe und mit denen ich eben gefeiert habe.. 
Voller Wut,Grauen, Trauer war ich einer der ersten die die Grenze nach Thailand überquert haben..
Die restlichen Tage habe ich dann in Thailand an der Küste verlebt... Das gelesene immer wieder aufblitzend im Hinterkopf...

Zurück in Deutschland habe ich mal nach dem Buch auf Deutsch geschaut und oh Wunder, es gibt es auch in Deutschland und in Deutsch- habe ich vielleicht mit meinem Brausekopf etwas missverstanden?
Leider nein, die Übersetzung ist eher etwas harmloser, als das Original, die Wut der Autorin ist nicht übersetzt worden, wohl auch nicht möglich. 
Aufgrund meiner tollen Erfahrungen in der Stadt Poipet habe ich angefangen mich näher mit dem Land und seiner Geschichte zu befassen, auch mein eigentliches Ziel "Angkor Wat" und um was es sich nun genau handelt..

So stand für mich 2007 fest da willst Du wieder hin, aber überlegt und mit einer gewissen Planung. Nur wie soll ich dort Urlaub machen, wenn es den Menschen so schlecht geht, ich kann nicht Scheuklappen aufsetzten und die Armut ausblenden.. Viele können es ich kann es nicht...

Also habe ich Zahnbürsten, etwas Geld und andere Hygieneartikel  eingepackt was ich vor Ort an eine NGO geben wollte und gegeben habe. Kontakt zu den Empfänger hatte ich nicht. Dies kam erst ein Jahr später und hat mich damals wie heute sehr tief berührt und auch zu einem gewissen Teil in meinen Lebensvorstellungen "korrigiert".

Danke für die Geduld Indronil


http://de.betterplace.org/projects/5500-lebensmittel-fur-kambodschanische-kinder
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