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News: Pfusch in der Gesetzgebung - oder Absicht?

Beweisfotos und Enthüllungsvideos jetzt bald strafbar?

xafford / 30 Antworten / Flachansicht Nickles
Trojanisches Pferd des Justiz-Ministeriums? (Quelle: Screenshot www.bmjv.de)

Heute hat das Bundeskabinett einen Gesetzesentwurf aus dem Justizministerium durch gewunken, der das Strafrecht in Bezug auf Kinder- und Jugendpornografie verschärft. Allerdings enthält der Gesetzesentwurf, wie so oft in letzter Zeit, einige sehr schwammige Formulierungen. Einer davon hat es in sich:

"[...] unbefugtem Herstellen, Weitergeben und Verbreiten von Bildaufnahmen, die geeignet sind, dem Ansehen der abgebildeten Person erheblich zu schaden."

Wer aufmerksam Nachrichten zu Prozessen liest weiß, dass unklar formulierte Gesetze oftmals ausgenutzt werden um absurde Klagen zu erheben. Deswegen sollte der Gesetzgeber bestrebt sein, Gesetze so klar zu formulieren, dass deren Absicht klar erkennbar ist und die Auslegung nicht erst von Gerichten erledigt werden muss. Wenn dann trotzdem solche Passagen in Gesetzestexten landen lässt dies tief blicken.

xafford meint:

Für jede Lücke in einem Gesetz findet sich mindestens ein Anwalt, der diese versucht auszunutzen und ein Richter, der sich dafür einspannen lässt. Ja, diese Aussage ist polemisch, aber spätestens seit dem Skandal um die Redtube-Abmahnungen dürften die meisten mitbekommen haben, dass missverständlich formulierte Gesetze ausgenutzt werden.

Was hat dies nun mit diesem Gesetzesentwurf zu tun? Ganz einfach: Es werden Aufnahmen kriminalisiert (nicht erst bei Veröffentlichung, sondern schon bei der Anfertigung), die geeignet sind einer Person zu schaden. So weit, so gut - niemand sollte einer anderen Person absichtlich schaden. Das Problem ist nur, dass auch ein Handy-Video eines prügelnden Polizisten diesem schadet, oder das Foto eines Journalisten von einem Politiker, wie er sich gerade bestechen lässt oder das Foto eines Prinzen, wie er gerade jemanden verprügelt. Warum landet ein so allgemein formulierter Passus in einem Gesetz, das Kinder- und Jugendpornografie stärker beschränken soll? Wurde hier wieder einmal versucht mit einem der universalen Totschlag-Argumente ein juristisches, trojanisches Pferd in die Gesetze zu schmuggeln, oder ist es nur abgrundtiefe Unfähigkeit der Legislative?

Ich denke man darf gespannt sein, wie lange es dauert, bis dieser Passus zum ersten Mal missbraucht wird um legitime Berichterstattung zu verhindern und wie sich die Gerichte dazu verhalten werden (man kann nur hoffen, dass nicht ein Gericht in Hamburg oder München als erstes dafür zuständig ist).

Pauschalurteile sind immer falsch!!!
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jueki torsten40 „In diesem Gesetz geht es nur in einem geringen Teil um ...“
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Das Pauschalgesetz ist doch für den Leser nur gut. Man bekommt nur noch positive Nachrichten zu lesen, und wir alle merken endlich, in was für einer wunderbaren rosaroten Welt wir leben :)

Das ist doch nicht erst jetzt so.
Schau mal:

Die später in der Presse wegen ihres Vorgehens als Jubelperser bezeichnete Gruppe sollte Demonstranten abschirmen, die gegen die diktatorische Herrschaft des Schahs sowie gegen Folterung und Tötung politischer Gegner im Iran demonstrieren wollten, sowie als vermeintliche Gegendemonstranten dem Schah zujubeln und schließlich mit Gewalt gegen die Demonstranten vorgehen.
Als die Jubelperser vor der Deutschen Oper Berlin mit Dachlatten, Knüppeln und Totschlägern auf deutsche Studenten losgingen, schaute die deutsche Polizei anfänglich nur zu und schritt nicht ein, später ging sie dann ebenfalls mit Gewalt gegen eingekesselte Studenten vor und ließ die Provokateure unbehelligt ziehen.
Im Verlauf des Abends wurde der Student Benno Ohnesorg von dem zivil gekleideten Polizeibeamten Karl-Heinz Kurras mit einem gezielten Schuss in den Kopf getötet.[7] Kurras wurde für seine Tat nie verurteilt und blieb bis zu seiner Pensionierung Polizeibeamter.

Der Großteil der Berliner Presse, allen voran Publikationen des Springer-Verlags, berichtete über die Ereignisse des 2. Juni 1967 ausschließlich als Gewaltausbrüche von seiten der Studenten und stellte die Polizei lediglich als korrekt handelnde Opfer dar. Die Veröffentlichung des Fotos eines prügelnden Jubelpersers mit Totschläger in der Hand wurde von allen Zeitungen Westberlins abgelehnt. Ein Foto einer von Polizeiknüppeln verletzten Augenzeugin hingegen wurde auf den Titelseiten von Springer-Publikationen als „Opfer des studentischen Terrors“ verfälscht.[8]
Der Springer-Presse wurde von Seiten der Studenten vorgeworfen „statt ihrer Informationspflicht zu genügen und wahrheitsgemäß über die Unruhe der Studenten zu berichten, hat sie die Bevölkerung systematisch gegen die Studenten aufgehetzt.“[9] Dies hatte auch konkrete Auswirkungen, als beispielsweise ein Verwaltungsangestellter, der lediglich Rudi Dutschke ähnlich sah, von einem Bürger-Mob verfolgt wurde, der ihm „Schlagt den Dutschke tot“ und „Hängt ihn auf“ hinterherrief.[8]

Von hier:

http://de.wikipedia.org/wiki/Jubelperser

Erkennt man da Parallelen? Ich schon.

Jürgen

- Nichts ist schwerer und nichts erfordert mehr Charakter, als sich im offenem Gegensatz zu seiner Zeit zu befinden und laut zu sagen "NEIN!" Kurt Tucholsky
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