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Linus Torvalds gibt Traum von Eroberung des Desktops nicht auf

Michael Nickles / 98 Antworten / Flachansicht Nickles

Irgendwie hat Linux es durch die Hintertür geschafft, zum meistverbreiteten Betriebsystem zu werden - in der mobilen Betriebssystemwelt. Android basiert auf Linux und ist bei Smartphones und Tablets mit aktuell rund 80 Prozent Marktanteil dominierend, während es bei Apple abwärts geht und Microsoft es nur um Haaresbreite schafft, nicht bei den "Sonstigen" unterzugehen.

Aktuell sorgt München für Linux-Schlagzeilen. Vor 10 Jahren hat München sich als erste deutsche Großstadt dazu entschieden auf Linux umzustellen (wie unser schwer vermisster Polytaen damals hier berichtet hat) und 2006 gab es schon deutliche Fortschritte. 2012 verkündete München gar, dass man sich durch die Umstellung auf Linux 10 Millionen Euro gespart hat.

Das sah alles gut ist. Jetzt schockt die Münchener Stadtverwaltung aber mit der Meldung, dass aktuell eine Rückkehr zu Windows überlegt wird, weil es immer wieder Beschwerden städtischer Nutzer gäbe, die mit der Bedienung unzufrieden sind.

Zu diesem Irrsinn gesellt sich jetzt eine Mitteilung des Linux-Vates Linus Torvalds. Der soll laut eWeek in einer Diskussionsrunde anlässlich einer Linux-Konferenz in Chicago jetzt geäußert haben, dass er immer noch an eine dominierende Rolle von Linux im Desktop-Markt glaubt. Das sei kein Problem des "Kernels", sondern ein Problem der kompletten Infrastruktur.

Michael Nickles meint:

Also, zur Sache. Als ich 2007 das erste Nickles Linux-Report Buch veröffentlicht habe, war das keine Spaßidee, sondern ein verdammt ernst gemeintes Unterfangen. Ich hielt den Zeitpunkt damals für reif, den Sprung von Windows zu Linux zu machen und der Report wurde exakt für diese Zielgruppe geschaffen.

Und ich bin mir auch heute noch sicher, dass der Zeitpunkt damals der richtig war. In der zweiten Ausgabe des Linux-Reports (ca 2009/2010) ging ich noch weiter und habe gemeinsam mit Cornelius gezeigt, wie man ein Linux-System so einrichtet, dass ein normaler Mensch es nicht mal mehr von Windows unterscheiden kann.

Hier das damalige Einstiegsbild aus dem Buch:

Bild: Ein typisches modernes Betriebssystem. Unten eine Taskleiste und ein praktisches Startmenü. Rechts am Bildrand mehrere "Mini-Anwendungen", die beispielsweise Uhrzeit, Kalender und Nachrichten-Ticker anzeigen. Die Anwendungsfenster (hier die Dateimanager) sind natürlich hübsch und übersichtlich gestaltet. Konkret handelt es sich beim linken und beim rechten Bild um zwei total "unterschiedliche" Betriebssysteme: ein Screenshot zeigt Linux, einer zeigt Windows 7.

In diesem Rahmen habe ich gemeinsam mit Cornelius auch den 99 Euro PC gebaut, der mit diesem Linux lief, das quasi exakt wie Windows aussah und sich auch vergleichbar bedienen ließ (siehe Projekt: Der billigste PC der Welt und dort Windows 7 gratis klonen - Ubuntu-Modding). Unsere Experimente mit "menschlichen Versuchskaninchen" haben damals belegt, dass ein normaler PC-Nutzer mit diesem 99 Euro PC und Linux perfekt klar kommt, nichts vermisst.

Inzwischen sind erneut vier Jahre vergangen und das Betriebssystem selbst ist für die meisten Menschen "Facebook" das in einem Browser läuft. Trotzdem rennen die Leute heute noch lieber in Läden und kaufen sich für "um die 500 Euro" Rechner oder Laptops mit Windows.

Und kaufen sich dabei nebenbei noch "Sicherheitsprobleme" und sonstigen Ärger, den sie mit Linux vermutlich gar nicht hätten. So ist das halt. Ich glaube nicht mehr an einen Erfolg von Linux auf dem Desktop und werde mich für diese Idee auch nicht mehr einsetzen.

Für Linux auf dem Desktop wohlgemerkt. Dass ich mich in Linux eingearbeitet habe, hat sich extrem gelohnt. Wenn ich auf die schnelle mal einen Server zum Experimentieren brauche, dann setze ich halt einen mit Linux in einer virtuellen Maschine und Windows auf. Auch bei Projekten mit Einplatinen-Miniaturrechnern wie dem Raspberry Pi ist Linux-Knowhow angesagt. Und vorhin hab ich mit der Linux-Konsole auf meinem Android-Smartphone rumgemacht.

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the_mic groggyman „Es könnte ja daran liegen, dass unter Adroid alle ...“
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Linux schon eher mal eine einheitliche Oberfläche hätte schaffen können.

Oh, tolle Idee. Weil ja alle Menschen gleich sind und gleich funktionieren. Dann können wir ja auch sonst die Vielfalt abschaffen und die Einheitspartei einführen, zur Einheitsreligion konvertieren, das Einheitsauto fahren und die Einheitszeitung lesen. Historisch erwiesen sind dies ja alles funktionierende Konzepte... für eine blutige Revolution :-(

Und überhaupt, wie soll dann der Funktionsumfang sein? Tiled, wie twm? Hässlich wie Windowmaker? Oder eher sowas wie Unity oder Gnome3? Und mit einem Speicherbedarf wie KDE, damit es auf dem Netbook mit 1GB RAM besonders viel Spass macht? Oder alles in einem, voll konfigurierbar damit es jeder anpassen könnte (aber keiner mehr kann, weil es nun doch wieder zu kompliziert ist)? Nein danke, lieber mehrere Werkzeuge, dafür immer das passende für die jeweilige Anforderung.

Davon ganz abgesehen, dass selbst Android keine einheitliche Oberfläche hat. die Oberlfäche von AOSP, Trebuchet von Cyanogenmod oder TouchWiz von Samsung unterscheiden sich alle - nur um mal drei Beispiele zu nennen.

dass unter Adroid alle Funktionen ohne lange textbasierte Kommandozeilen zu realisieren sind

Weil man unter Android eben im Funktionsumfang sehr eingeschränkt ist. Oder hast du mit Android schon mal ein Triplehead-Setup mit drei Monitoren mit jeweils unterschiedlichen Auflösungen gebaut? Eine USB-Soundkarte genutzt? Auf einem antiken Parallelport-Drucker etwas ausgedruckt? Einen Webserver mit Unterstützung für CGI eingerichtet? Eine virtuelle Maschine mit einem komplett anderen Betriebssystem gestartet? Zwei oder mehr verschiedene Applikationsfenster an einem beliebigen Ort auf dem Bildschirm platziert?

Du bekommst eine Spezialhardware mit vom Hersteller genau dafür optimierter Software. Bei einem Desktoprechner bekommst du Allzweck-Hardware, worauf die mit einer GNU/Linux-Distribution* eben auch Allzweck-Software installierst.

*) Debian, Ubuntu, SuSE, RedHat etc pp sind alles GNU/Linux-Distributionen: Ein Linux-Kernel mit GNU-Userland. Android ist etwas anderes: Ein Linux-Kernel mit Dalvik als Userland. Daher kann es auch keine einheitliche Linux-Oberfläche geben: Die Oberfläche ist einfach ein austauschbarer Bestandteil des Userlands.

Das GNU-Userland läuft übrigens auch auf anderen Kerneln als nur Linux. Debian zeigt dies schön mit Debian kFreeBSD oder Debian GNU/Hurd.

cat /dev/brain > /dev/null
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