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News: "Freizeit und Arbeit mischen"

Microsoft fordert Debatte zum neuen Arbeiten in Deutschland

Michael Nickles / 29 Antworten / Flachansicht Nickles

Starre Büroarbeit soll flexiblen und mobilen Arbeitsverhältnissen weichen, traditionelle Hierarchien sollen sich auflösen und Unternehmen vielmehr wie ein Netzwerk arbeiten. Technologie ist es, die unseren Arbeitsplatz revolutioniert und gleichzeitig neue Möglichkeiten eröffnet, aber auch die viel diskutierte Work-Life-Balance in Gefahr bringt.

Das ist der Kern des "Manifest für ein neues Arbeiten" das Microsoft in Berlin gemeinsam mit Autor Markus Albers, Zeitmanagement-Coach Prof. Dr. Lothar Seiwert, Moderator Richard Gutjahr und Bloggerin Ninia Binias vorgestellt hat.

Fordern Debatte zum neuen Arbeiten in Deutschland: Dr. Sebastian Muschter (McKinsey & Company, 1.v.l.), Dr. Thorsten Hübschen (Microsoft Deutschland, 2.v.l.), Prof. Dr. Lothar Seiwert (Autor und Zeitmanagement-Coach, mitte), Richard Gutjahr (Moderator und Blogger, 2.v.r.), Markus Albers (Autor und Journalist, 1.v.r.) und Ninia Binias (Bloggerin, vorne mitte) stellen das Manifest für ein neues Arbeiten in Berlin vor. (Foto: Microsoft)

Die durchgehende Digitalisierung unseres Privat- wie Berufslebens und nicht zuletzt der demografische Wandel führe dazu, dass Anwender die Richtung bestimmen, in die sich IT entwickelt.

Wissensarbeit finde heute am Schreibtisch statt, für kreative Elemente bleibe kaum Zeit, starre Hierarchien behindere flexible Projektarbeit und die Infrastruktur hinke in Deutschland noch den Möglichkeiten der Technik hinterher.

"Die Unternehmenskultur hält nicht mit dem digitalen Wandel Schritt. Wir brauchen in Deutschland eine Debatte zum neuen Arbeiten", kommentiert Thorsten Hübschen, Business Group Lead der Microsoft Office Division. "Seit 1989 sind wir mit unseren Office-Produkten Teil der Geschichte rund um tägliche Arbeitsprozesse und wissen heute: Das Arbeiten, so wie wir es uns vorstellen, ist noch nicht möglich. Wir fordern ein Recht auf Arbeit, so wie wir sie wollen."

Microsoft fordert: Keine 9to5-Jobs (geregelte Arbeitszeit von 9 bis 17 Uhr), allerdings auch nicht solche, bei denen man die eigene Familie nicht zu Gesicht bekommt. Anzustreben ist die  Zusammenarbeit in virtuellen Teams an gemeinsamen Projekten, egal welche Zeitzone man sich gerade teilt.

Mitarbeiter sollen nicht länger als nötig am Schreibtisch festgehalten werden, kreativ und produktiv sein, wenn es möglich ist: Schließlich tragen Wissensarbeiter das richtige Werkzeug in der Hosen- und Aktentasche mit sich – und haben eben diese Werkzeuge zur Arbeit mitgebracht.

"Was spricht dagegen, Arbeit und Freizeit, Freizeit und Arbeit miteinander zu mischen", fragt Initiator Thorsten Hübschen im Rahmen des Experten-Panels.

Michael Nickles meint:

Beim Zitat "Was spricht dagegen, Arbeit und Freizeit, Freizeit und Arbeit miteinander zu mischen" hatte ich keine Lust mehr, die Mitteilung weiter zu lesen. Wer mag, findet sie hier.

Was uns der Siegeszug der PC-Technik und moderner Kommunikationstechnik im Arbeitsleben gebracht hat? Nichts außer Nachteile!

Mit "uns" meine ich angestellte Mitarbeiter und Freiberufler, nicht die Unternehmer, die natürlich profitieren. Klar schreibt es sich mit einer Textverarbeitung schneller und leichter als mit einer Schreibmaschine. Aber hat eine "Sekretärin" dadurch weniger Stress im Berufsleben? Eher muss sie heute halt schneller und mehr produzieren.

Auch die schnellen Kommunikationswege wie Email haben bestenfalls Stress und Zeitdruck erhöht. Es ist heute normal, dass was auf die "Schnelle" noch am späten Freitag kurz vor Feierabend "raus muss".

Auch das Internet hat den Druck für Branchen erhöht. Anbieter von Waren müssen permanent die Preise der Konkurrenz überwachen, denn die Kunden verwenden Preissuchmaschinen und wollen es einfach billig haben. Und auch beim allerbilligsten Anbieter wird perfekter Service heute als Selbstverständlichkeit betrachtet. Es ist schwer geworden, sich über mehr als den Preis zu definieren.

Den Geschwindigkeitsdruck durch das Internet, merkt man auch der professionellen Presse an. Es ist heute normal, dass sich in Online-Artikeln von Spiegel und Co Schreibfehler befinden. Nachrichten müssen im Netz rasend schnell raus, wenn man bei Google oben landen will. Für zeitraubende Korrekturarbeiten bleibt keine Zeit mehr.

Auch Smartphones sind für viele Arbeitnehmer ein Fluch. Es ist kein Geheimnis, dass viele Chefs eine 7-Tage/24-Stunden-Verfügbarkeit erwarten. Bemerkenswert ist auch der Trend dazu, dass Mitarbeiter "Arbeitsgeräte" wie Smartphones und Tablets selbst kaufen und für die Arbeit verwenden.

Das "Office in der Hosentasche", wie Microsoft es in der Mitteilung beschreibt, wird für Arbeiter höchstwahrscheinlich auch keine Erleichterung bringen, sondern den Druck erhöhen. Das angedachte Mischen von Arbeit und Freizeit wird nicht funktionieren. Beziehungsweise es wird garantiert funktionieren: zu Ungunsten der Arbeiter.

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schuerhaken andi19831 „Ich sehe das größte Problem an den flexiblen ...“
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Lieber @ andi19831
etwas an einer Neiddebatte ausrichten zu wollen, dürfte von vornherein nicht sinnvoll sein. 
Auch sollten nicht Äpfel mit Birnen verglichen werden und die Fragen nach der "Form" aufgeworfen werden. 

Setze ich "Technik" mit "Produktion" gleich, dürfte ein Vergleich sowieso hinken. Bei der Produktion ist alles sogar bis hin zu "Just-in-Time" bei der Anlieferung von Vorprodukten oder Rohstoffen verzahnt. Wie soll eine Produktion laufen, wenn in einander greifende Prozesse zeitlich "gleiten" wollen? 

Bei der Verwaltung ist Vieles bereits umorganisiert, wozu ja auch das "Gleiten" gehört.
Die Quantifizierung von Leistung zur Bemessung von Entlohnung oder Mindestarbeitszeit innerhalb von Zeitperioden stößt schon im Ansatz auf großen Widerstand: Wie kann man Verwaltungsvorgänge "messen" und quantifizieren? 
Ich kenne einen Fall aus dem Bankwesen, in dem fehlerhaft maschinengelesene Überweisungsträger manuell korrigiert werden müssen. Da wurden die täglichen Stückzahlen aller Mitarbeiter/innen in der Abteilung gemittelt und allen Mitarbeiter/innen als "Pensum" auferlegt. Wer aus der Schlange der anfallenden (effektiv gleichartigen) "Fälle" sein Pensum abgearbeitet hatte, konnte früher gehen (oder durch Weiterarbeit innerhalb der Tagesarbeitszeit nicht vereinbarte und auch nicht gezahlte Gehaltszuschläge erarbeiten?). 
Wer stets flinker oder bereit war, nach offiziellem Arbeitsende zum Erreichen des "Pensums" etwas dranzuhängen, konnte morgens auch später kommen. 

Das gab nach einiger Zeit einen Riesenärger. Denn aufgrund des "Pensums", das für alle gleich sein sollte, mussten die "lahmen Enten" meistens länger bleiben, hatten aber dahingehend keinen "Arbeitsvertrag" mit der Bank. Bei den Besprechungen argumentierten die "Flinken", sie würden ohne Vorgaben und bei gleicher Arbeitszeit für alle eine Mehrarbeit gegenüber den "Lahmen" leisten, ohne dafür auch mehr zu verdienen. Die Bank argumentierte, sie könnte die Arbeiten auch nach außen (wenn auch innerhalb der Räume der Bank) vergeben und grundsätzlich "nach Stückzahl" vergüten; die dazu notwendigen Daten lägen ja vor. Die Gewerkschaft hielt sich da völlig heraus und gab kund, sie müsse erst noch "weiter" prüfen". 

Damals wurde ich als völlig Außenstehender (aber als "bankfreundlich" und "harter Hund" vermutet) von der Bank als Mediator gebeten, ein Gespräch zwischen den "Beteiligten" zu lenken. Die Bank hatte dazu eine ad-hoc-Vertreterin der (nur) Frauen, den Betriebsratsvorsitzenden, einen Gewerkschaftsfunktionär und den Abteilungsleiter als "Partner" vorgesehen. 
Damit war ich vor Ort an dem genannten Termin nicht einverstanden. 
Weil die Gewerkschaft noch "am Prüfen" war, wollte ich nur den Abteilungsleiter und alle (16) Frauen zu der Mediation haben. Erst nachdem auch der Direktor auftauchte, konnte ich diese Runde durchsetzen. 
Jetzt stellte sich bei der Frage nach dem Grund von Unzufriedenheit mit der "neuen Lösung" heraus, dass jede der Damen eine Begründung nannte, die ausschließlich in rein privaten (auch Familien-)Verhältnissen zu sehen war. 
Es war aber indirekt mit dem "Pensum" eine vertraglich nicht begründbare "Akkordarbeit" nach Stückzahl mit daraus resultierender Entlohnung eingeführt worden, was der Abteilungsleiter nicht bestreiten wollte. Insofern konnte die neue Regelung einfach vom Tisch gewischt werden, wonach es weitergehen würde wie vorher auch. 

Es galt nun herauszuarbeiten, ob die neue Regelung nicht sogar Vorteile für die Mitarbeiterinnen bringen konnte. Und zwar, indem man dieses neue Modell nur auf jene Frauen anwandte, die regelmäßig weit über das "Pensum" hinaus die Fälle abarbeiteten. Die anderen Frauen würden dann für ihr Erscheinen am Arbeitsplatz und für die geleistete Tagesarbeitszeit entlohnt. 
Um aber auszuschließen, dass sie sich auf Kosten der anderen Frauen "ausruhen", müssten sie dabei die aus der Statistik ersichtlichen (und für das untere Drittel gemittelten) Fallzahlen erreichen. Falls nicht, müssten sie "Abschläge" in Kauf nehmen. 

Es gab aber eine Hürde: An manchen Tagen war nicht so viel an Fällen zu erledigen, dass alle Frauen - egal ob "flink" oder "lahm" - innerhalb der Regelarbeitszeit ausgelastet gewesen wären. Bis zur besagten Mediation haben sie dann nur herumgesessen. 
Andererseits gab es aber auch Stoßzeiten wie z.B. zu Weihnachten, in denen sich Berge von Arbeit auftürmten und die Frauen enorme Überstunden leisten mussten, ohne dafür ein Extra-Entgelt zu bekommen. Auch deswegen gab es jedes Jahr große Unzufriedenheiten. 

Um einen Ausgleich zu erreichen, schlug ich vor, dass man bei sehr geringem Arbeitsanfall früher gehen konnte, aber für die nicht abgeleistete Arbeitszeit eine "Zeitlastschrift" bekommt, ohne dass sich das auf die Entlohnung auswirkt. In den Stoßzeiten dagegen würden für die Überstunden "Zeitgutschriften" gewährt und mit den Lastschriften verrechnet. Ergäbe sich am Jahresende ein Guthaben, würde dafür entsprechend der Gehaltsstufe ein Bonus gezahlt. Dagegen würde es bei einem Negativ-Saldo keinen Malus geben; und am Jahresende würde das Zeit-Konto in jedem Fall auf Null gestellt. 

Damit waren die Frauen und der Abteilungsleiter einverstanden. Sie "freuten" sich geradezu über eine solche Lösung und wollten die mit der Geschäftsführung vereinbaren. 
Um zum Abschluss zu gelangen, andi19381: 
Zu dieser nun erwünschten Lösung kam es nicht, weil sich der Betriebsrat "vorläufig" dagegen aussprach und sie "verhinderte". Die Abteilung arbeitet weiterhin nach dem uralten Schema, nur dass sich jetzt dem Vernehmen nach die "flinken" Mitarbeiterinnen mehr Zeit lassen und gemächlicher arbeiten. Häuft sich dann ein Stau an, schieben sie es auf die Kolleginnen, die "nicht genug reinhauen". 

Alles klar? - Dieses Beispiel habe ich angeführt, weil es praktisch in jedem Unternehmen Eigenheiten gibt, die sich schlecht unter einen Hut bringen lassen und bei denen es immer auch Proteste gegen "neue" Lösungen geben wird. 

Den größten Widerstand (aber auch die größten Freiheiten wegen lascher Kontrollen) gibt es in den öffentlichrechtlichen Verwaltungen. Da ist eine Effizienzkontrolle - auch da, wo sie möglich wäre - absolut unerwünscht. In einem Straßenverkehrsamt hat man einmal anhand von Schnitten in der Vergangenheit festgelegt, wie viele An- oder Abmeldungen eine Kraft am Tage während der Schalterzeiten zu erledigen hat. 
Das war ratzfatz vom Tisch. 
Und zwar anhand der Statistik für jene Tage, an denen es jeweils einen Riesenandrang gab. An diesen Tagen war die Anzahl der erledigten Fälle niemals gleich hoch, was auf die "Individualität des Publikums" geschoben wurde. Die aber würde es immer geben, also kein Maßstab für Vorgaben. 

Auf die von Technik beherrschte Arbeitswelt gehe ich jetzt aus den oben angedeuteten Gründen nicht noch näher ein. 
MfG, Manfred
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Hinweis: Manche Beiträge von mir sind deshalb so lang, weil sie a) auf ein Thema oder ein Posting sehr ausführlich eingehen sollen, aber b) von mir später für weitere Arbeiten genutzt werden sollen, die sich auf mehrere Beiträge beziehen. 

 

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