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News: Spannendes Projekt

3D-Drucker für personalisierte Mahlzeiten in Entwicklung

Michael Nickles / 1 Antworten / Flachansicht Nickles

Mahlzeiten mit einem 3D-Drucker anspruchsvoll gestalten, statt einfallslos pürieren, verfolgt das Projekt Performance, das von der Europäischen Union mit 3 Millionen Euro gefördert wird. Zielgruppe des Ernährungskonzepts sind Menschen die an Kau- und Schluckbeschwerden leiden, feste Mahlzeiten nicht mehr zu sich nehmen können. Vor allem ältere Menschen sind von dem Problem betroffen.

Mittel und Methoden (Formen und Texturgeber/"Geliermittel") um pürierte Mahlzeiten in Form zu bringen gibt es bereits längst, die manuelle Herstellung ist aber für große Heime teilweise zu aufwändig und zeitintensiv.

Das Unternehmen  Biozoon aus Bremerhaven hat daher die Idee, mithilfe von 3D-Drucktechnik die Herstellung dieser Mahlzeiten auf eine industrielle Ebene zu bringen, die gleichzeitig eine Personalisierung der Gerichte ermöglicht. Dieses Ziel verfolgen jetzt 14 Partnerunternehmen aus 5 Ländern. Die Entwicklung läuft nun seit 1,5 Jahren und es gibt erste Prototypen eines 3D-Druckers nebst passendem Texturmittel.

Bild: Schweinebraten mit Blaukraut und Kartoffelknödel. Dieses "pürierte" Gericht wurde noch manuell in Form gebracht. Die Ergebnisse aus dem "3D-Drucker" werden vermutlich ähnlich aussehen. (Foto: Biozoon GmbH)

Der 3D-Druck von Mahlzeiten ist nicht nur eine mechanische Herausforderung, es braucht auch die  passenden "Hilfsmittel" um sicherzustellen, dass sich die Schichten der Produkte zum richtigen Zeitpunkt verfestigen und nicht bereits im Druckkopf.

Gewöhnliche Geliermittel sind nicht geeignet, die aktuell von Biozoon entwickelte Alternative ist aufgrund der noch andauernden Projektarbeiten noch vertraulich.

Das derzeitige Konzept verfolgt das Ziel einer zentralen Produktionsstätte, von der aus verpacke und tiefgefrorene Mahlzeiten ausgeliefert werden. Später ist auch denkbar, dass die Produktion direkt vollständig Vorort erfolgt - das lohnt sich voraussichtlich aber nur für größere Institutionen.

Bild: Die generelle Drucktechnologie. (Foto: De Grood Innovations BV)

Den Druck von Gerichten kann man sich ähnlich wie beim Einsatz unterschiedlicher "Tintenfarben" vorstellen. Es kann je nach Wunsch beispielsweise ein Hähnchenschenkel oder eine Hähnchenbrust gedruckt werden und dazu  entweder Brokkoli oder Karotten.

Aktuell geistern diverse Berichte über das Performance-Projekt durchs Internet und es werden diverse Fotos von modellierten Mahlzeiten gezeigt.

Eine Rücksprache mit Biozoon stellte klar, dass die bislang gezeigten Gerichte noch nicht aus einem 3D-Drucker stammen, noch manuell angefertigt wurden - weil sich das dafür nötige 3D-Druckverfahren eben noch in Entwicklung befindet. Bekannt ist schon mal, dass als Basis für den 3D-Mahlzeiten-Drucker eine bereits existierende 2D-Drucktechnik  dient, die unter anderem Tomatensauce auf Pizzas befördert - Infos und Demos davon gibt es bei Foodjet.nl.

Das EU-finanzierte Projekt läuft noch bis Oktober 2015. Ein lesenswertes Interview mit Projektmanagerin Sandra Forster von Biozoon wurde aktuell bei Munchies veröffentlicht.

Mit einem vollständig funktionierenden Modell des 3D-Mahlzeiten-Drucker ist bis Ende des Projekts zu rechnen. Wann die Markteinführung möglich ist, hängt jedoch stark vom Entwicklungserfolg und notwendigen Optimierungsarbeiten ab.

Michael Nickles meint:

Ein tolles Projekt mit gigantischem Potential. Wie schon bei Datenbrillen und Co kommentiert: wenn moderne Technik Menschen mit Benachteiligungen hilft, dann ist das immer besonders lobenswert.

Erstaunt hat mich beim Recherchieren des Beitrags, welch optisch ansprechenden Gerichte bereits mit manuellen Techniken mit Einsatz von beispielsweise Silikonformen machbar sind. Durch 3D-Drucktechnik ergeben sich vielfältige neue Gestaltungsmöglichkeiten und auch Geschmacksvariationen.

Auf der Projektseite gibt es viele interessante Details, Bilder und Videos. Darunter auch Dinge wie den "Personalisierungsfaktor", an die man vielleicht zunächst gar nicht denkt. Menschen haben je nach Situation und eventueller Erkrankung unterschiedliche Anforderungen an Nährstoffanteile in Mahlzeiten - auch das lässt sich mit 3D-Mahlzeitendruck berücksichtigen.  

Angst habe ich allerdings davor, dass diese Mahlzeiten-Drucktechnik irgendwann über "medizinisch sinnvolle" pürierte Mahlzeiten weit hinaus geht, der "Lebensmittel-Replikator" von Star Trek Wirklichkeit wird. Dann wird es für die Industrie vermutlich noch einfacher uns mit irgendwelchen Lebensmittelimitaten auszutricksen. Immer noch lesenswert zur Sache auch diese News: Verbot von geklebtem Fleisch gefordert. Auch die 3D-Drucktechnik wird gewiss für derlei Dinge missbraucht werden.

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