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Viel Spaß beim kostenlosen Downloaden

Michael Nickles / 65 Antworten / Flachansicht Nickles

Der Weg zum Download einer Windows-Freeware ist meist steinig. Der Mist fängt damit an, dass erstmal rausgefunden werden muss, wo die gewünschte Software überhaupt runtergeladen werden kann. Als Beispiel hier mal die Freeware "AdwCleaner", die dabei helfen kann, unerwünschte Adware und Browser-Toolbars zu enfernen.

In den seltensten Fällen kennt man die Webpräsenz des Software-Herstellers. Die Reise beginnt also zwangsläufig mit einer Suchmaschine, es wird beispielsweise nach "adwcleaner download" gesucht. Fundtreffer gibt es meist schier unendlich viele, der interessanteste - die Homepage der Software-Herstellers, also die wirkliche Ur-Quelle - ist allerdings fast nie dabei, beziehungsweise nicht im halbwegs sichtbaren Bereich.

Zig mehr oder weniger dubiose Links bieten den Download der gesuchten Software an. Ob eine Downloadquelle vertrauenswürdig ist, lässt sich schwer abschätzen. Die meisten werden sich also für irgendeine Download-Quelle entscheiden, die sie kennen.

Und das ist einfach, weil sich die Download-Dienste der deutschen IT-Fachpresse in den Suchmaschinen-Fundlisten meist ganz weit oben befinden, wie beispielsweise Chip. Downloads bei Chip meide ich eigentlich schon seit Jahren, weil mir die "Klick-Orgie", die Prozedur, bis ein Download endlich los geht, einfach zu zermürbend ist.

Kürzlich habe ich es aber ausnahmsweise wieder mal bei Chip probiert. Das ging so los:

Von links nach rechts: in der Fundliste bei Google ist Chip ganz oben. Bei Klick auf den Link geht es auf die Download-Seite von Chip.

Alle Webseiten von Chip haben Werbung, hier in den aus Platzgründen beschnittenen Screenshots nicht zu sehen. Das ist okay.

Ein Download-Service muss irgendwie finanziert werden. Bei Klick auf den Download-Link kommt ein Hinweis, dass der Download automatisch startet und das Browser-Fenster springt zu einem Anleitungsabschnitt. Dort wird in 6 Punkten erklärt, wie man den Download durchführt.

Die Chip gibt sich also viel Mühe, selbst dem größten Trottel zu erklären, wie es gemacht wird. Der erscheinende Browser-Download-Dialog fordert schließlich zum Speichern einer rund 600 KByte großen ausführbaren Datei namens "AdwCleaner - CHIP-Downloader.exe" auf.

Im Browser kann derweil ein "Dankeschön"-Hinweis der Chip gelesen werden, in dem man für den Download sogar eine "kleine Belohnung" kriegt. Die Belohnung sind Werbelinks zu diversen Online-Shops, wo man dank Chip einen Rabatt-Gutschein kriegt. Damit ist der Download-Vorgang abgeschlossen - beziehungsweise der erste Teil davon.

Nach Ausführen der runtergeladenen Exe-Datei geht es (im Idealfall, wenn man sich nicht verklickt) so weiter:

Es beginnt mit einem Hinweis-Dialog von Chip. Der beschreibt unter anderem, dass man für diesen "Chip-Download" die Nutzungsbedingungen akzeptieren muss, beziehungsweise dies bei Klick auf "Weiter" tut. Wer mag, kann die "kilometerlangen" Nutzungsbedingungen durchlesen.

Beim Klick auf "Weiter" kommt dann erst mal ein Werbungs-Zwischendialog. Hier muss man entscheiden, ob man die Leistung seines PC mit einem Dingsbums namens "SE SuperEasy" verbessern möchte. Nach der Entscheidung für "Jetzt kostenlos testen" oder "Nein, mein System ist bereits optimiert", geht die Installation weiter.

Es erscheint ein weiterer Dialog mit zwei Abschnitten. Oben ist markiert, dass die Installation der Software "AdwCleaner" gewünscht wird. Darunter lockt die Chip mit zwei optionalen kostenlosen Zusatzoptionen: auf dem Desktop ein Amazon-Icon installieren und/oder ein Icon von "Goodgame Empire" (offensichtlich so ein Spieleportal).

Bei Klick auf "Weiter" kommt ein Werbedialog, der eine "Barclaycard"-Kreditkarte empfiehlt. Unten rechts in diesem Dialog findet sich der vielversprechende Hinweis: "AdvCleaner steht nun zur Installation bereit".

Und was passiert beim zigsten Klick auf "Weiter"? Ganz einfach: der AdwCleaner startet sofort. Er startet sofort, weil es bei diesem Ding gar keine Installation braucht, es einfach direkt gestartet werden kann. Die komplette Installations-Show mit dem "Chip-Downloader" war also nichts weiter, als ein überflüssiger Umweg.

Noch blöder: wer den Adwcleaner beendet und später erneut starten will hat Pech. Das Ding wurde schließlich nicht im Startmenü installiert und es ist auch nicht bekannt, wo der Chip-Download-Mechanismus die ausführbare Datei gespeichert hat (zumindest fand ich keinen Hinweis).

Dafür hinterlässt die Chip im System ein bisschen Müll: die Chip-Downloader-Installationsdatei "AdwCleaner - CHIP-Downloader.exe" verbleibt am Speicherort, muss manuell gelöscht werden. Wurscht - sind ja nur 600 KByte.

Spaßeshalber habe ich mich beim "Installationsvorgang" auch mal für die Installation des von der Chip beworbenen Optimierungs-Tools "SE Super Easy" entscheiden. Es ist sehr interessant, was dabei geschieht.

Bevor die "Installation" des AdwCleaner abgeschlossen, dessen Fenster angezeigt wird, erscheint ohne weitere Nachfrage das SuperEasy-Tool und legt auch sofort los, macht sich über das System her:

Das Tool scannt sehr rasch alle im System vorhandenen Treiber. Oben gibt es den Hinweis (siehe Pfeil), dass Daten zur Analyse an "den Server" (welcher auch immer) geschickt werden. Ein Optimierungs-Tool sammelt also Daten und schickt sie an einen Server ohne vorher nachzufragen, ob man damit einverstanden ist. Okay - vielleicht steht ja irgendwo in den "kilometerlangen" Nutzungsbedingungen des Chip-Download-Tools, dass man so was eventuell akzeptiert.

Nach einem recht flotten Scanvorgang, hat mir der SE SuperEasy Driver Updater dann bescheinigt, wie elend es um mein System besteht, dass 37 veraltete Treiber gefunden wurden. Ein Klick auf "Treiber aktualisieren" führt natürlich nicht zu einer Treiberaktualisierung, sondern es passiert das zu Erwartende:

Hier erklärt SE SuperEasy, dass es um die Systemintegrität meines PC schlecht bestellt ist und es wird angeboten, mit der Vollversion des Tools alle Treiber zu aktualisieren. Die wird zu einem Sparpreis von 19,95 Euro statt 29,95 Euro angeboten. Bei der Werbung im Chip-Downloader-Tool wurde SuperEasy mit "Jetzt kostenlos testen" angeboten.

Aufgrund des angeblich scheinbar katastrophalen Zustands meines PC (der alte mit Windows XP) habe ich nachgeforscht, dem SuperEasy Driver Updater - und auch weiteren Tools dieser Art - mal auf den Zahn gefühlt. Und das wurde dann auch sehr lustig.

Um eines noch klar zu sagen: die Chip macht es richtig mit ihrem Download-Service. Niemand kann es sich leisten, schnelle Server für Downloads und die anfallende Bandbreite kostenlos bereitzustellen. Mit normaler Werbung lassen sich dank Adblocker keine ausreichenden Einnahmen mehr erzielen. Also besteht für "kostenlose" Angebote überhaupt keine andere Möglichkeit, als neue Finanzierungsmöglichkeiten einzusetzen. Das ist halt der Preis für "gratis". Und es wird garantiert noch viel schlimmer werden.

Fortsetzung folgt…

Update: Die Fortsetzung gibt es inwischen hier: Spaß mit kostenloser automatischer Treiberaktualisierung

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Mache ich genau so : 1 PaoloP
Michael Nickles Cuccuvaneddu „Dieser Beitrag ist gelöscht.“
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Meinst Du nicht, das die Chip genug Geld verdient durch den Verkauf ihres Magazins und all der sonstigen Elaborate des Verlags?

Hallo Chris,

Die "Generation kostenlos" sieht das zweiseitig: Die Chip verdient mit der Werbung auf ihren Webseiten bereits genug, also sollte sie das Print-Magazin gefälligst verschenken. Aber da sie mit dem Print-Magazin bereits Millionen schaufelt, sollte das Online-Zeugs kostenlos sein.

Und drum ist es auch richtig, mit Adblockern die Werbung dort wegzumachen, weil sie online nichts verdienen brauchen. Die "Generation kostenlos" fordert also, dass die Chip weder als Print-Medium noch als Online-Medien etwas verdienen darf. Und wenn sie nichts verdient, dann ist sie selbst schuld, weil sie halt zu dumm ist ein zeitgemäßes Geschäftsmodell zu finden mit dem sie etwas verdienen kann. Neue Geschäftsmodelle sind aber natürlich nur aktzeptabel, wenn sie werbefrei sind und nichts kosten!

Das ist generell das Problem, an dem es krankt. Nicht nur bei der Chip, sondern bei allen Print/Online-Angeboten. Und wenn ein Anbieter (ein "Content-Mafioso") das Handtuch schmeißt, dann ist der "Generation kostenlos" das schnuppe - es kommen bestimmt andere neue, die es kostenlos machen.

Und genau das ist auch der Fall: es gibt immer mehr kostenlose Angebote, die sich auch nicht durch sichtbare Werbung finanzieren. Sie finanzieren sich einfach durch versteckte Werbung, gefälschte Testberichte, Kaufempfehlungen, Produkt-Schönredereien und weiteren Mitteln.

Auch bei Nickles.de brechen aufgrund von Adblockern die Werbeeinnahmen dramatisch weg. Aus diesem Grund habe ich kostenlose Artikel und Tipps immer weiter reduzieren müssen, weil nicht mehr finanzierbar. Inzwischen gibt es außer News und Blog auf Nickles.de gar keine kostenlosen redkationellen Inhalte mehr. Die kriegen nur noch Premiummitglieder. Und die können sich sicher sein, dass sie korrekte und unbestechliche Informationen erhalten.

Die "Generation kostenlos" ist mir inzwischen egal, wird von mir einfach nicht mehr bedient. Die kann sich anderswo über kostenlose "Fotostrecken", "Kaufempfehlungen" freuen. Und wenn irgendwann auch Foren geschlossen werden, dann können sich die Gratis-Fans auf so Schnell-Frage-und-Antwort-Webseiten bedienen. Die sind in Google inzwischen ja ganz oben und die Fragen und Antworten dort sind gleichermaßen toll wie die Community-Funktionen.

Viele Grüße,
Mike

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