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Bahn - günstiger reisen per Restplatz-Poker

Michael Nickles / 3 Antworten / Flachansicht Nickles

Eine Bahnfahrt von Berlin nach München kostet zwischen 26 und 152 Euro. Wer ein paar einfache Tricks kennt, kann auch bei sehr kurzfristiger Planung den besten Deal machen. Aber von vorn…

Seit Mai 2013 hab ich kein Auto mehr, bin also nur mit Fahrrad und öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs. In München ist das simpel, bei längeren Entfernungen innerhalb Deutschlands braucht es eine gewisse Planung.

Ich bevorzuge generell Flexibilität, lege einen Rückreisetag nicht gerne bereits eine Woche vorher fest. Generell praktisch sind diese neuen Fernbusse (die aber nur begrenzt Verbindungen abdecken) und natürlich die Bahn.

Die Bahn. Wer kein "Zug-Junkie" ist, der hat bei der Bahn verloren. Der fatalste Fehler ist der, einfach am Reisetag im Bahnhof ein Ticket zu kaufen. Das ist nicht nur die flexibelste Methode, sondern vor allem auch die unbezahlbarste. Da kann man auch gleich zum nächsten Flughafen zum "Lufthansa-Schalter" gehen oder ein Taxi nehmen.

Eine Bahncard bringt nur für Vielfahrer Erleichterung, ist sinnlos, wenn man nur ein paar Mal im Jahr fährt. In meinem Fall ist das beispielsweise alle Weile mal die Stecke München-Aschaffenburg (ca 350 Kilometer).

Den regulären "Bestrafungspreis" von 81 Euro (einfache Fahrt!) müssen alle zahlen, die direkt am Bahnhof oder im Zug ein Ticket kaufen, keine Chance für eine vorzeitige Planung haben. Die mieseste Methode für Kurzentschlossene ist das direkte Buchen auf Bahn.de, wenn es nicht früher als ca 3 Tage vor Abreise passiert.

In den 3 Tagen vor Abreisedatum will die Bahn (soweit ich das feststellen konnte) den Maximalpreis haben. Bis vier Tage davor gibt es deutlich günstigere Schnäppchenangebote wie beispielsweise 29 Euro - auch direkt bei der Bahn, auf deren regulärer Buchungsseite.

Wer bei der Bahn direkt buchen will, muss es also recht rasch im Voraus tun. Eine deutliche Portion mehr Flexibilität ergibt sich, wenn beispielsweise ein "Restsitzplatzverkäufer" wie Ltur genutzt wird, also dessen Bahn-Ausverkaufs-Seite.

Die Verramschung beginnt hier stets eine Woche vor Abreisedatum, man kann also frühestens eine Woche vorher buchen. Eine Woche vorher buchen, scheint mir aber fatal zu sein! Wer zu früh bucht, zahlt zwar weniger, aber immer noch recht viel - beispielsweise 59 Euro.

Gegen "Mitte der Woche" vor Fristablauf scheint es den besten Preis zu geben, es geht beispielsweise runter auf bis zu 26 Euro. Das ist der Preis, bei dem man nach meinem bisherigen Erkenntnisstand zuschlagen sollte - es wird nicht billiger.

Für meine kommende Fahrt "Heidelberg nach München" (am kommenden Sonntag) hätte ich das Ticket am Mittwoch für 26 Euro gekriegt, am Donnerstag ging es rauf auf 29 Euro. Da hab ich es halt gemacht, denn es besteht natürlich auch das Risiko, dass es keinen Platz mehr gibt.

Ärgerlicherweise war der Preis am nächsten Tag (Freitag) wieder auf 26 Euro gefallen. Das mit den Restplätzen ist also ein Pokerspiel. Dabei ist ein "Restverwerter" wie Ltur allerdings nicht der einzige Pokertisch - auch die Bahn selbst hat einen.

Dazu muss links beim "Auskunft & Ticket"-Bereich auf Bahn.de einfach der Reiter "Sparpreis Finder" gewählt werden. Das Pokern bei der Bahn ist nicht so toll, es geht anscheinend höchstens bis 29 Euro runter und das auch nur an wenigen Tagen und zu wenigen Abfahrtszeiten.

Da am Tag meiner Buchung Ltur und die Bahn das gleiche Sparangebot von 29 Euro hatten, habe ich direkt bei der Bahn gebucht. Die Zahlungsmöglichkeiten sind bei Ltur und Bahn gleichermaßen flexibel. Ich hatte aber ein simples Problem: zwar Laptop, Smartphone und Tablet dabei, aber keinen Drucker.

Generell kriegt man sein Ticket, genannt "Online-Ticket" nach der Zahlungsabwicklung per Mail zugeschickt und muss es ausdrucken. Der Schaffner im Zug "locht" diesen Ausdruck ab. Es reicht also nicht, ihm ein Tablet mit der Mail hinzuhalten - obwohl da ein fetter QR-Code und alle Angaben drauf sind. Ich hatte den Zugkontrolleur das bei der Hinreise gefragt und so wurde es mir erklärt.

Wer keinen Drucker dabei oder erreichbar hat, kann (muss) die Variante Bahn-Handyticket nehmen. Dazu verlangt die Bahn bei der Kaufabwicklung, dass man sich bei ihr registriert. Ltur bietet diese Handy-Ticket-Variante so weit mir bekannt nicht. Beim Handy-Ticket wird tatsächlich alles papierlos per Handy beziehungsweise Smartphone abgewickelt. Man hält dem Schaffner das Handy-Display mit dem QR-Code hin, der scannt ihn und das war es dann. Zusätzlich muss man sich noch mit Ausweis/Bahncard/Kreditkarte ausweisen.

Das Handy-Ticket ist also praktisch, wenn man von unterwegs buchen will, keinen Drucker dabei hat - und die Bahn ein ausreichend niedriges Sparangebot (im Vergleich zu Ltur) hat.

Wo immer in der IT-Welt etwas praktisch ist, kommt aber meist ein Problem daher. In diesem Fall: wie gelangt das Handy-Ticket auf das Handy? Der empfohlene Weg der Bahn ist der, sich dafür eine App namens App DB Navigator zu installieren. Neben Bahn-Reiseplanung kümmert sich diese App auch um die Handy-Ticket-Abwicklung.

Als Gelegenheits-Bahnfahrer war es mir zu blöd diese Bahnapp zu installieren. Ich habe mich deshalb für eine weitere Variante entschieden, die von der Bahn angeboten wird: den Empfang des Handy-Tickets als MMS-Nachricht. Das klappt generell auch mit älteren Handys der Pre-Smartphone-Zeit. Sie müssen halt MMS-empfangstauglich sein.

Das sind Handys eigentlich seit einem gefühlten halben Jahrhundert und Smartphones sowieso. Zumindest sollte man das meinen. Nach Abwicklung meines Ticketkaufs mit Bitte um Ticket per MMS rumpelte augenblicklich mein Android-Smartphone, signalisierte eine eingetroffene Nachricht.

Das "Handy-Ticket" bestand aber leider nur aus dieser Nachricht: "Betreff: 72755. Ablaufdatum 24.3. Herunterladen.". Bei Klick auf den Herunterladen-Button kam ein Hinweis, dass was runtergeladen wird. Es passierte aber einfach nichts. Kurzum: es gelang mir ums Verrecken nicht, an das Handy-Ticket ranzukommen.

Glücklicherweise hatte ich bei der Bestellungsabwicklung zusätzlich die Option angekreuzt, dass ich auch ein "Online-Ticket" per Email haben will. Irgendwo doch noch eine Ausdruckmöglichkeit aufzutreiben, ist besser, als gar kein Ticket zu haben. Ich habe dann noch weiter versucht, per Handy an das Ticket zu gelangen. Auch das Aktivieren von WLAN-Internet brachte nichts. Mobiles Internet habe ich auf meinem Smartphone generell nicht aktiviert um Kosten zu sparen und weil ich nicht permanent online sein will.

Exakt die Aktivierung von mobilem Internet war aber die Lösung des Problems. Nach Aktivieren der Option "Datenschaltung" im Android-Smartphone, funktionierte der "Herunterladen"-Button in der Nachricht und das "Handy-Ticket" traf ein. Mir war nicht klar, dass es nötig ist mobiles Internet zu aktivieren, um eine (laut Bahn kostenlose) MMS zu empfangen. Egal - man muss es halt wissen.

Tipp: Nach Registrierung und Login bei der Bahn, empfiehlt es sich eine Trockenübung durchzuziehen. Über den Menüpunkt "Test-MMS" kann man sich eine Test-MMS zuschicken lassen.

Wie gezeigt, lässt sich mit ein paar simplen Kniffen beim Reisen innerhalb Deutschlands verdammt viel Kohle sparen, wenn man die Pokertische und die richtige Vorgehensweise kennt. Hier zum Abschluss der ideale Schlachtplan für alle, die keine erfahrenen Dauer-Bahnreisenden sind:

1. Bahn.de: Es lohnt sich ausdrücklich direkt bei der Bahn anzufangen, um sich einen Überblick über die mögliche Preisspanne zu verschaffen. Dazu im Auskunftsbereich von Bahn.de den "Sparpreis Finder" verwenden (siehe Pfeil).

Durch Ausprobieren verschiedener Abfahrtstage wird klar, dass es erhebliche Preisunterschiede gibt. Selbst bei einer recht langen Strecke wie Berlin-München schwankt der Preis zwischen 29 und 152 Euro.

Wenn sich zum gewünschten Abreisetag ein Preis von 29 Euro klarmachen lässt, kann man eigentlich zuschlagen. Bedeutend billiger wird es nicht (Stand: März 2014).

2. Ltur: Ist die Preisspanne der Bahn bekannt, geht es zum Restplatz-Pokertisch von Ltur. Bei Ltur gibt es die praktische Option, sich nur "26 Euro Angebote" anzeigen zu lassen (siehe Pfeil).

Ergibt sich bei Ltur zum passenden Reisetag ein 26 Euro Deal: zuschlagen. Es wird nicht billiger.

Einziger Nachteil bei Ltur ist wohlgemerkt, dass es kein "Handy-Ticket" gibt. Es muss also eine Möglichkeit zum Ausdrucken des Tickets auf Papier vorhanden sein.

3. Pokern: Ist an dieser Stelle kein 26 oder 29 Euro Deal gefunden und es wurden auch alternative denkbare Abreisetage probiert, bleibt nur Pokern. Es also "in ein paar Stunden"  oder "am nächsten" Tag noch mal probieren. Preise können wie gesagt zwischenzeitlich auch steigen und dann wieder fallen.

4. Plan B: Seit 2013 gibt es eine echte Alternative zur Bahn: Fernbusse. Vor 2013 durften Fernbuslinien nur eingerichtet werden, wenn sie keine Konkurrenz zu Bahn und bestehenden öffentlichen Buslinien darstellten. Seit Sturz dieser wettbewerbsfeindlichen Regelung, gibt es zunehmend Fernbuslinien privater Anbieter zwischen deutschen Großstädten.

Die versuchen selbsterklärend die Bahn zu unterbieten und schaffen das in den meisten Fällen auch. Eine Strecke wie Berlin-München ist hier um 19 Euro zu kriegen. Mit Zunahme der Anbieter und Busstrecken, wächst auch die Masse der darauf spezialisierten Preisvergleicher.

Der Weg zum besten Fernbus-Deal führt also über eine Suche nach "fernbus preisvergleich". Ich bin schon mal die Strecke Würzburg-München per "Flixbus"  gefahren und das war schnell, günstig und bequem, auch WLAN hat funktioniert.

Die Fernbusse decken halt nicht alle Städte ab und die Fahrzeiten können sich erheblich von denen der Bahn unterscheiden. Ansonsten gilt bei den Fernbussen der gleiche Preispoker wie bei der Bahn - die Preise können täglich rauf und runtergehen.

Ich werd mich am Sonntag um 21.15 im Zug von Heidelberg nach München übrigens nicht um einen Sitzplatz kümmern, sondern direkt ins Bistro-Stehabteil einchecken und mir dort ein paar Bier gönnen. Das dafür nötige Geld hab ich durch das billige Ticket schließlich eingespart.

(Vielen Dank Borlander, für Tipps zu diesem Beitrag)

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