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Jugendschutzalarm: Landgericht Köln hat auf Pornos verlinkt

Michael Nickles / 11 Antworten / Flachansicht Nickles

Das Landgericht Köln hat Minderjährigen Pornos zugänglich gemacht und bemüht sich jetzt darum, dies zu vertuschen. Aber von vorne…

Das Strafgesetzbuch hat bezüglich Pornos und Jugendschutz klare Richtlinien. In §184 steht (hier zusammengefasst): "Wer pornographische Schriften einer Person unter achtzehn Jahren anbietet, überläßt oder zugänglich macht,… wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.".

Das ist generell klar, aber beim Begriff "zugänglich machen" wird es schwammig. Bekanntlich ist selbst brutalste Pornografie im Internet höchtens einen halben Mausklick entfernt. Und da das Internet keine Landesgrenzen kennt, sind Pornoverbote sinnlos.

Unter anderem die US-Unternehmen Microsoft, Google und Yahoo, scheren sich einen Dreck drum, Pornos aus ihren Webangeboten zu verbannen, machen sie leicht auffindbar, ohne jegliche Altersverifizierung (siehe hier, hier und hier).

Dennoch gibt es in Deutschland strenge, wenn auch sinnlose Jugendschutzmaßnahmen. Eine gängige Faustregel bei Adult-Webmastern, die schlüpfrige Webangebote betreiben wollen, ist die, es bloß nicht in Deutschland zu machen, vorher unbedingt auszuwandern.

Denn: wer Web-Pornoangebote auf "deutschem Boden" betreiben will, muss strenge Alterskontrollmechanismen verwenden. Während es in den USA als Alterskontrolle ausreicht, bei der Frage "Sind Sie volljährig" einfach auf "ja" zu klicken, gibt es für deutsche Erotikangebote strenge Hürden.

Da reicht nicht mal die Angabe der Personalausweisnummer, einer Kreditkartennummer oder dergleichen zur Altersverifizierung aus. Laut Gerichtsentscheidung (verständlicheweise) deshalb nicht, weil keine Sicherheit besteht, dass ein Ausweis nicht von einem Minderjährigen missbraucht wird (er vielleicht diesen Nickles-Tipp gelesen hat: Geboren am 12. August 1964).

Gemäß Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts wird es Online-Pornos von deutschen Webseiten weiterhin nur mit strengen Alterskontrollen geben. Diese Kontrollen sind  unbequem, man muss sich beispielsweise erstmal bei einem kostenpflichtigen Jugendschutzsystem registrieren und sich dort dann beispielsweise per Live-Webcam als volljährig ausweisen. Zulässig ist auch das Postident-Verfahren. Dabei muss man in eine Postfiliale latschen oder beim Postboten sein Alter ausweisen. Auf diesen Aufwand haben die meisten Pornointeressierten keinen Bock und sie nutzen einfach Porno-Webseiten aus dem Ausland.

Durch die Alterskontrollen ist das Thema "zugänglich machen" allerdings nicht vom Tisch. Inhalte werden im Internet typischerweise unter anderem durch Links zugänglich gemacht. Ist das Setzen eines Links zu einer pornografischen Webseite bereits ein straftrechlich verbotenes "Zugänglich machen"? Und was ist mit indirekten Links, die nur zu Übersichten mit Links führen?

Das Thema "Pornoverlinkung" ist längst ein Streitthema bei deutschen Gerichten geworden. Ein diesbezügliches Urteil vom Verwaltungsgericht Düsseldorf gab es im April 2012, das unter anderem auf Internet-Law kommentiert wurde. Hier ging es einer Domain-Vermarktungsgesellschaft an den Kragen, die eine Webseite im Auftrag eines Kunden  "geparkt" hat. Auf diese geparkte Seite wurden irgendwann weiterführende Links zu pornografischen Webangeboten eingestellt. Die Verteidigung des Webseiten-Parkers, er habe nicht gewusst, dass diese Inhalte auf die Seite eingestellt habe, ließen die Richter nicht gelten.

Konketer um die Strafbarkeit von Verlinkung ging es 2007 bei einer Entscheidung des Verwaltungsgerichts Lüneburg, von der hier berichtet wurde. Hier wurde es dem Betreiber eines Link-Portals untersagt, auf Webseiten mit pornografischen Inhalten zu verlinken, weil er kein geeignetes Altersverifikationssystem hatte.

So weit ich ermitteln konnte, gibt es bislang keine klare Rechtsprechung bezüglich des Verlinkens zu pornografischen Inhalten. Wer es tut, muss - je nach Gerichtsinterpretation - eventuell mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe rechnen.

Dieses Risiko droht jetzt auch den "Porno-Streaming-Vollprofis" vom Landgericht Köln. Denn die haben in ihrer Bankrott-Erklärung im Redtube-Skandal im PDF-Dokument einen direkten Link auf eine Pornoseite - eben redtube.com - gesetzt und damit also prinzipiell gegen das Jugendschutzrecht verstoßen, auch Minderjährigen Pornografie zugänglich gemacht:

In der Pressemitteilung des Landgerichts Köln führt im PDF-Dokument ein direkt klickbarer Link zum Porno-Streaming-Portal Redtube.

Dessen angezeigte Inhalte sind im Sinne des Jugendschutzes unverkennbar äußerst bedenklich, die Zugänglichmachung an Minderjährige ist prinzipiell strafrechtlich relevant. (Abbildungen im Screenshot aus Jugendschutzgründen retuschiert).

Je nach Browser (Cookies), erscheint vor den "nackten Tatsachen" die witzlose Redtube-Zwischenseite, bei der man informiert wird, dass Sexzeugs kommt und das vor Betreten der Seite bestätigen muss. Diese "Altersverfikation" ist nach geltendem deutschem Jugendschutzrecht nicht ausreichend.

Mit dem Setzen des "Pornolinks" im PDF-Dokument, das auch mühelos für Minderjährige zugänglich ist, hat das Landgericht Köln verdeutlicht, dass solche Pornolinks wohl strafrechtlich unbedenklich sind.

Anscheinend wollte es das Landgericht Köln dann aber wohl doch lieber nicht auf eine Diskussion zu "Porno-Links" ankommen lassen und versucht, den Vorfall zu vertuschen. Während ich diesen Beitrag verfasst hab, hat das Landgericht Köln das PDF-Dokument gegen eine neue Version ausgetauscht:

Links die alte Version des PDF-Dokuments vom 27.1.2014. Der Link www.redtube.com ist hier direkt anklickbar (siehe Pfeil). Rechts, bei der neuen Version vom 28.1.2014, steht immer noch www.redtube.com - es ist aber kein anklickbarer Link mehr.

Eine direkte Überlagerung der kompletten PDF-Dokumentversionen beweist, dass inhaltlich (außer der Redtube-Verlinkung) nichts verändert wurde, abgesehen von einigen geringfügigen Unterschieden bei Buchstabenabständen (weiße Fleckchen im Bild).

Vermutlich ist alles einfach nur scheiße gelaufen. Als das PDF-Dokument erstmals mit Microsoft Word Office 2007 angefertigt wurde, ist der Hyperlink bei Eingabe von www.redtube.com vielleicht automatisch durch Word entstanden und es wurde einfach vergessen oder übersehen das wegzumachen.

Jetzt wurde halt nachgebessert beziehungsweise verschlimmbessert! Denn die Pornoadresse "www.redtube.com" steht weiterhin in der Justizmitteilung. Sie ist jetzt lediglich kein direkt klickbarer Link mehr. Ist das Zugänglichmachen von Pornos also zulässig, wenn es indirekt (Adressenangabe) und nicht direkt (anklickbarer Link) erfolgt? Oder sind beide Varianten verboten?

Mal gucken, ob das Landgericht Köln seine Mitteilung erneut überarbeitet.

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