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News: Streaming mit Filesharing verwechselt

Pornoabmahnungswelle vermutlich durch Justizirrtum ausgelöst

Michael Nickles / 19 Antworten / Flachansicht Nickles

Die aktuelle Pornoabmahnungswelle sorgt für heftige Schlagzeilen, Diskussionen und Empörung, das Pressecho ist gewaltig. Am Wochenende wurde die Zahl der bereits abgemahnten auf Tausende eingeschätzt, inzwischen ist bereits von Zehntausenden die Rede, die für das angebliche Angucken von Pornos auf dem Streaming-Portal Redtube eine oder mehrere saftige Rechnungen gekriegt haben.

Redtube: Unter dem Logo oben links wird unverändert mit "Home of free porn videos" geworben, also mit "kostenlosen Pornos".

Das öffentliche Interesse an der Geschichte ist inbesondere deshalb enorm, weil die Abmahnungsumstände diesmal besonders dubios sind.

Denn: erstmals wurden die Betroffenen nicht in den üblichen (riskanten) P2P-Tauschbörsen "geschnappt", sondern auf einem Streaming-Portal, bei dem Videos einfach live in ein Videofenster im Browser übertragen werden.

Solche Streaming-Portale gibt es wie Sand am Meer und sie sind Daten-Einbahnstraßen. Wer dort irgendwas guckt, verbreitet das "Werk" nicht selbst weiter.

Damit Nutzer irgendwelcher Dienste im Internet ermittelt werden können, muss ein Klagender ermitteln, welche Menschen hinter den jeweils ermittelten IP-Adressen stecken.

Dazu braucht es eine richterliche Anordnung an den jeweiligen Internetanbieter, damit der die Adresse der Betroffenen rausrückt. Die Welt verweist in ihrem Bericht auf die Anwaltskanzlei Wedermann/von Rüden, die inzwischen mehrere hundert betroffene Redtube-Besitzer vertritt.

Nach einer heutigen ersten Akteneinsicht beim Landgericht Köln soll sich ergeben haben, dass vor allem Nutzer der deutschen Telekom abgemahnt wurden. Die Kölner Richter sollen geurteilt haben, dass eine Rechtsverletzung des §19 UrhG vorliegt, wegen unbefugten   öffentlichen Zugänglichmachens des geschützten Werkes über eine sogenannte Tauschbörse.

Ganz offensichtlich haben die Richter eine Streaming-Plattform also mit einer Tauschbörse verwechselt. Aus Sicht der Welt haben die Richter damit ihr mangelndes technisches Verständnis offenkundig gemacht, es hätte nicht dazu kommen dürfen, dass die Telekom zur Herausgabe der Daten aufgefordert wurde.

Aktuell wird bereits davon ausgegangen, dass es nicht bei der Telekom bleibt, weitere Internetanbieter zur Herausgabe von Nutzerdaten gezwungen werden.

Michael Nickles meint:

Vielleicht haben die Anwälte der klagenden Partei ihren Antrag geschickt formuliert und die Richter sind deshalb drauf "reingefallen" von einem typischen Tauchbörsen-Vorfall ausgegangen. Wenn das so war, dann lasse ich das dennoch nicht gelten.

Wenn Richter über IT-Sachen entscheiden, dann sollen sie verdammt noch mal wenigstens einen blassen Dunst haben, was sie tun. Aber in Deutschland ist es halt normal, dass Richter unberührbar sind - egal, als wie katastrophal inkompetent sie sich herausstellen. Ein Richter, der eine Streaming-Plattform mit einer Tauschbörse verwechselt, ist auf jeden Fall in IT-technischer Hinsicht eine Nullnummer.

Als Journalist muss ich für jeden Buchstaben den ich schreibe gerade stehen, bei Irrtümern  mit fatalen finanziellen Konsequenzen rechnen. Das fordere ich auch für richterliche Fehlentscheidungen.

Wegen der Redtube-Geschichte wird es gewiss noch viel zu berichten geben. Betroffenen rate ich nach wie vor (so sie eine Rechtschutzversicherung haben), die Sache von einem Anwalt erledigen zu lassen und auch Strafanzeige zu erstatten. Wer keinen Rechtsschutz hat, der hat verloren. Der muss dann halt den vertretenden Anwalt blechen und kriegt diese Kosten gewiss nicht erstattet. Das ist das wirklich Dreckige bei diesen Geschichten.

Ich hatte selbst kürzlich den Fall, dass mich ein Unternehmen wegen einer News auf Nickles.de auf Unterlassung verklagt hat. Mein Anwalt hat den gegnerischen Anwalt gebeten, seinem Klienten die Aussichtslosigkeit der Klage zu vermitteln und Ruhe zu geben. Das ist dann auch so passiert, weil die Klage wirklich sinnlos war. Blöderweise hat mich mein Anwalt rund 1.500 Euro gekostet.

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