Off Topic 20.355 Themen, 225.958 Beiträge

Erinnerung (geschlossen)

gelöscht_189916 / 0 Antworten / Flachansicht Nickles

Am heutigen Tag liegt es mir am Herzen, eines Ereignisses vor 80 Jahren zu gedenken, welches als solches bereits wieder gerne als "Tag des freien Buches" vergessen wird.
Denn an diesem Tag ging Deutschland einen weiteren Schritt auf dem Weg in die schlimmste Zeit unseres Landes, als es in einem gespenstischen und lange vorbereitetem Finale die Verbrennung von Büchern missliebiger Autoren inszenierte.

Passend dazu die vielzitierte Aussage der Figur des Hassan im Stück "Almansor" aus der Feder des Dichters Heinrich Heine:

"Das war ein Vorspiel nur, dort wo man Bücher
Verbrennt, verbrennt man auch am Ende Menschen."

Und am Ende brannten Menschen!

Ironischerweise bezog sich der damalige Ausspruch Heines auf die Verbrennung des Korans während der Rechristianisierung Spaniens.


Den fälschlich obiger Aussage zugeordneten Ungeist der Taten von 1933 hat Heine in seiner Aussage zur Bücherverbrennung auf der Wartburg vorweggenommen:

"Auf der Wartburg krächzte die Vergangenheit ihren obskuren Rabengesang, und bei Fackellicht wurden Dummheiten gesagt und getan, die des blödsinnigsten Mittelalters würdig waren! (...) Auf der Wartburg herrschte jener beschränkte Teutomanismus, der viel von Liebe und Glaube greinte, dessen Liebe aber nichts anderes war als Haß des Fremden und dessen Glaube nur in der Unvernunft bestand, und der in seiner Unwissenheit nichts Besseres zu erfinden wußte als Bücher zu verbrennen! Ich sage Unwissenheit, denn in dieser Beziehung war jene frühere Opposition, die wir unter dem Namen ‚die Altdeutschen‘ kennen, noch großartiger als die neuere Opposition, obgleich diese nicht gar besonders durch Gelehrsamkeit glänzt."



Leider scheint in deutschen Landen in dieser Hinsicht keine Besserung einzutreten, denn in Zeiten zunehmender sozialer Kälte stehen wieder die alten immergleichen Rattenfänger an, um mit den alten immergleichen Sprüchen und Phrasen ihr schleichendes Gift zu injizieren.

Dennoch berufen sich ausgerechnet diese Propheten selbst auf Werte wie Demokratie, Toleranz und Meinungsfreiheit, die sie im Grunde verachten und am liebsten abgeschafft wüssten, weil sie nicht dem eigenen Gusto entspricht.
Sie sind sich dabei nicht zu schade, gerade dieses Gut als Scheinargument der Kritik, derer sie selbst nicht fähig sind, anderen wie einen alten Lumpen vor die Füsse zu werfen, wann immer es gerade passend erscheinen mag oder auch nicht.

Auch lässt sich der Eindruck nicht verleugnen, dass sie mit dem Maß des Zeitgeistes messen, nachdem nur das Recht des Stärkeren auch rechtens ist.
Dabei hat es oft genug den Anschein, dass der tönende Fingerzeig auf Andersartige nur als Fassade für die eigenen Unzulänglichkeiten dient.

Angesichts des Anlasses ist es daher traurig, mit ansehen zu müssen, wie die unmäßig sprießende neoliberale Saat in ihren Wucherungen ein neues faschistisches Unkraut mitgebiert, welches die braune Frucht noch verbirgt in der matt deckenden Tönung des Nationalismus und der unbestimmten Urangst vor allem Fremden.

Abschliessen darf alswohl ein weiteres Zitat Heines, welches damals schon wie heute für viele die Situation in Deutschland und einmal mehr das Denken von so manchem Zeitgenossen typisiert, der dies noch für Nationalstolz hält:

sit-venia-verbo

Quellen:

de.wikipedia.orgde.wikipedia.org" target="_blank" rel="nofollow">

de.wikipedia.org


PS. Dieser Gedankengang ist für Antworten geschlossen, da es sich um ein indiskutables Thema und bei Heine um einen Dichter handelt, welches und welchen ich nicht durch eine angehängte Diskussion entwürdigt wissen will.


PPS. Sollten diese Zeilen etwas anschwingen lassen, welches tiefer unter der Oberfläche liegt und zum Nachdenken über sich und den Umgang miteinander anregt, dann ist viel getan für eine andere und bessere Welt als diese, die nach diesen Untaten kam:


Denn am Ende brannten nicht nur Bücher, sondern Menschen!