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IT-Fachliteratur-Angebot in Deutschland schrumpft

Michael Nickles / 17 Antworten / Flachansicht Nickles

Mit den Heimcomputern und PCs in der 80er Jahren, boomten die IT-Fachverlage. Sie profitierten von einer simplen Tatsache: die Bedienbarkeit von Software war Scheiße, universelle Oberflächen wie das „Pulldown-Menü“ am oberen Bildrand waren noch nicht erfunden worden.

Bedient wurde mit geisteskranken „Tastenkombinationen“, Standards existierten nicht. Raubkopien von Software ließen sich praktisch ohne nennenswerten Aufwand anfertigen, ohne Bedienungshandbuch hatte man aber verloren. Und wo hat man diese Handbücher hergekriegt?

Richtig: man hat sich halt ein passendes IT-Fachbuch zur jeweiligen Software gekauft. Das war billiger, als das Original-Handbuch mit einem Fotokopierer zu duplizieren. Scharen von Autoren (ich mag keine Namen nennen) wurden damit groß, „Original-Herstellerhandbücher“ irgendwie umformuliert abzuschreiben. Mit Fachjournalismus hatte das exakt gar nichts zu tun.

Der nächste Segen für die IT-Fachverlage kam dann, als Microsoft seinen Windows-Betriebsystemen kein Bedienungshandbuch mehr beipackte – nur einen „Zettel“ und eine CD einzutüten war halt billiger. Die komplette extrem umfangreiche Bedienungsanleitung von Windows, wurde direkt in Windows reingebaut. Man konnte sie ganz einfach über das Startmenü und dort „Hilfe“ abrufen.

Das haben viele Windows-Anwender aber nicht geschnallt. Die IT-Fachjournalisten haben also exakt diese „Online-Hilfe“ aus Windows umformuliert abgeschrieben und die IT-Verlage haben sie dann als Bücher verkauft. Auch das war natürlich kein Journalismus, sondern eine Deppenarbeit.

Aber: das alles hat funktioniert und Geld produziert. Anfangs viel, dann immer weniger. Denn: die Software und die Betriebssysteme sind besser, einfacher bedienbar geworden (wenn man nur Standardsachen damit macht), vieles erschließt sich interaktiv ohne lange Anleitungen.

Und durch den Auftritt des Internet hat sich schließlich alles radikal verändert. Es war absehbar, dass das Internet die IT-Fachverlagswelt gnadenlos verändern wird. Aber das haben die Verlage nicht verstanden. Sie haben weiter ihre Papierbücher gedruckt, sich nicht auf neue Konzepte eingelassen.

Als die Auflagen schrumpften, wurde mit Massenverwurstung begonnen. Ein und dieselben Inhalte wurden leicht modifiziert in zig Varianten verkauft, die Endstation war dann das „ultrafette Mega-Kompendium“ mit 2.000 Seiten für 9,95 Euro.

Für die Autoren von IT-Büchern schrumpften die Einnahmen permanent. Wer als Buchautor heute nicht verhungern will, muss mindestens ein Buch pro Monat schreiben. Besser zwei – dann ist neben der bezahlten Miete, Wasser und Brot vielleicht auch noch ein Kasten Öttinger drinnen. Das ist seit Jahren so.

Eigentlich leben IT-Buchverlage heute nicht mehr vom Inhalt den Fachjournalisten produzieren um davon zu leben. Sondern von Menschen, die einfach mal ein Buch geschrieben haben wollen – und denen es dabei nicht auf Einnahmen ankommt. Das reicht aber nicht.

Laut Bericht von Heise ist die Pearson-Mediengruppe dabei, sich von IT-Fachliteratur zu verabschieden. Fachbuchautoren von Addison-Wesley und Markt&Technik (gehören beide Pearson) sollen ein Schreiben erhalten haben, dass ihr Verlagsvertrag aus wirtschaftlichen Gründen aufgehoben wird.


Auf der Webseite von Markt&Technik herrscht noch normaler Betrieb.

Damit ist davon auszugehen, dass die beiden renommierten Fachverlage Addison-Wesley und Markt&Technik sich von ihren Bereichen Computer- und Fotoliteratur trennen werden. Laut Buchreport gibt es noch kein Feedback von Pearson.

Ich gehe davon aus, dass das keine Einzelfälle bleiben werden – gedruckte IT-Fachliteratur ist einfach am Verschwinden. Man gucke mal auf die Webseite von Data Becker, ein Verlag der mit IT-Fachliteratur groß geworden ist. Auf Data Beckers Seite gibt es zwar noch Bücher, im Vordergrund wird aber hauptsächlich Software beworben und auch im Menü kommt Software vor den Büchern.

Ähnlich beim ursprünglich auf Fachliteratur-orientierten Franzis-Verlag. Auch dort wird auf der Startseite vorrangig Software beworben.

Irgendwie bizarr übrigens - als ich diesen Blog-Beitrag hier gerade zu Ende geschrieben hab, kriegte ich eine persönliche Nachricht auf Nickles.de. Ein „treuer Fan“ hat nachgefragt, wann mal wieder ein neues Buch von mir erscheint.

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Wirklich? Sieh' mal ... schoppes
Michael Nickles chris_otto „Hallo Mike, Als ich, das gelesen habe, kam bei mir eine ...“
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Hallo chris_otto,

Also ich würde es kaufen
Danke, das freut mich.

Ich bin an keinen Verlag gebunden, habe keine Exklusivverträge, kann Bücher veröffentlichen wo und wann ich möchte.

Ich stimme Dir zu, dass Bücher eine tolle Sache sind. Ich schnapp mir auch alle Weile einen der 2,5 Kilo schweren PC-Report-Bände und staune, was die Technik vor Jahren schon so alles hergab. Erstaunen tut mich auch, dass die Technik zwar viel leistungsfähiger wird, viele Dinge aber heute kaum noch gehen. Ich denke beispielsweise an Tricks, wie man eine analoge TV-Karte an einem Rechner als "Koprozessor" verwendet um dann Videos auch bei schlapper Leitung live übers Internet zu senden. Das ging damals mühelos mit einem Pentium 4 mit 2 GHz. Heute ist es trotz schnellerer Hardware viel kniffliger geworden, das flüssig hinzukriegen.

Für ein Papierbuch sehe ich aber schlichtweg keine Marktaussicht mehr - Online ist das bessere Medium für IT-Fachwissen. Drum gibt es ja die Premiummitgliedschaft auf Nickles.de. Wir sind daran, die Inhalte hier layouttechnisch noch so zu optimieren, dass sie (beispielsweise auf einem Tablet) wie ein Original-Nickles-Papierbuch rüberkommen.

Die Menge an Informationen, die man hier für 40 Euro als Premiummitglied kriegt, entspricht einem PC-Report-Buch mit zigtausend Seiten - so ein Buch lies sich weder für diesen Preis noch druck-/bindetechnisch überhaupt produzieren.

Grüße,
Mike
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