Am 1. Januar 2011 wird der neue Jugendmedienschutzstaatsvertrag in Kraft treten, die Chance, dass er noch gekippt wird existiert eigentlich nicht mehr, fast alle Bundesländer haben ihn inzwischen durchgewunken. Auch die letzte Hoffnung, dass die SPD/Grünen in Nordrhein-Westfalen den Wahnsinn stoppen (siehe SPD soll Ende des deutschen Internet endlich stoppen) ist inzwischen gestorben.
Laut Bericht von Pottblog haben die sich inzwischen zur Zustimmung entschlossen.
Damit entsteht für Webseiten-Betreiber eine nahezu aussichtslose Situation - insbesondere natürlich für kleine Seiten, die kein starkes finanzielles Rückgrat haben. Die Betreiber von Vzlog.de, das Blog über studiVZ, schülerVZ und meinVZ, haben jetzt bereits die Konsequenzen gezogen und mitgeteilt, dass sie am 31. Dezember dicht machen.
Die Mitteilung der Kollegen ist verständlich nachvollziehbar. Um die neuen Bedingungen des "Jugendschutzgesetzes" erfüllen zu können, haben Webseiten-Betreiber drei Möglichkeiten:
1. Die Nutzung ihrer Seite nur mit einer zulässigen Altersverifikation (Personalausweise, Postident und Co) zuzulassen, wie sie auch bei "Pornoseiten" in Deutschland erforderlich ist.
2. Die Verfügbarkeit der Webseite durch "Sendezeiten" einzuschränken.
3. Eine Alterskennzeichnung der Seiten einzuführen.
Die beiden ersten Optionen schließen die Betreiber von Vzlog.de aus. Das sei für sie aus finanziellen und technischen Gründen nicht umsetzbar und mache für ein Blog ihrer Größe keinen Sinn. Außerdem müsse sichergestellt werden, dass eine passende Alterseinstufung vorgenommen wird, da ansonsten erhebliche Strafen drohen.
Auch die dritte Option können die Kollegen nicht erfüllen. Die sei zwar technisch leicht umsetzbar, jedoch mit erheblichem Aufwand verbunden und juristisch sehr unsicher. Und zwar deshalb, weil Seitenbetreiber die Alterseinstufung selbst einschätzen müssen, wenn sie sie keinen "anerkannten Experten" dafür finanzieren können.
So ein Experte müsste alle 845 Artikel, 1218 Medieninhalte und 15.797 Kommentare bewerten. Und Falscheinschätzungen können zu hohen Geldstrafen führen.
Damit bliebe für Vzlog.de als letzte Option nur, das gesamte Blog pauschal "ab 18" zu bewerten. Das geht allerdings nicht, da die Leserschaft zu 70 Prozent als unter 18 eingeschätzt wird. Da sich das Blog über Werbung finanziert, würde ein Ausschließen dieser Leser das Ende bedeuten.
Drum ist am 31. Dezember komplett Schluss, es wird keine neuen Beiträge und auch kein Archiv mehr geben.
Laut Heise hat inzwischen ein weiter Blogger sein Ende angekündigt. Kristian Köhntopp wird seine Blog blog.koehntopp.de bereits Morgen schließen und alle Inhalte offline nehmen. Sollte er noch mal im Internet aktiv werden, dann will er es in einem Land tun, das Zukunft hat: nicht Deutschland.
Michael Nickles meint: Das Problem sind nicht nur die drohenden "gesetzlichen Bußgelder" sondern - wie auch Heise erklärt - drohende Abmahnungen.
Erfüllt eine Webseite ab 1. Januar die Bedingungen nicht, kann sie von Konkurrenten wegen unlauterem Wettbewerb abgemahnt werden. Es ist also eine Abmahnlawine zu befürchten, die gerade kleine "kommerzielle Webseitenbetreiber" in den Ruin treibt.
Denn: als kommerziell gilt es gewiss bereits, wenn man irgendein Anzeigenbanner auf einer Seite hat. Natürlich werden sich viele abgemahnte oder mit Bußgeldern bestrafte Webseiten zu wehren versuchen. Das ist natürlich sinnlos, da sie sich langwierige teure Prozesse nicht leisten können.
Zu bedenken ist ausdrücklich, dass es sich bei den beiden im Beitrag erwähnten Blogs nicht um Seiten handelt, die jemals durch "jugendgefährdende" Inhalte auffällig geworden sind und auch nicht mal ansatzweise in der "Porno-/Gewaltecke" unterwegs sind.
Und was macht Nickles.de? Ich hab grad spaßeshalber mal bei uns nach schmutzigen Worten gesucht:
scheiße /shit : 974 Mal
fuck /ficken : 190 Mal
porno /sex : 416 Mal
Dabei gilt zu wissen: Nickles.de umfasst aktuell rund 3.000.000 Seiten (News, Artikel, Forenbeiträge). Hier eine Alterskennzeichnung durchzuziehen, ist selbsterklärend aussichtslos. Dass jemand, der ein PC-Problem hat, erstmal eine Altersverifizierung durchführen muss um bei Nickles.de mitmachen zu können ist sinnlos.
Und die Nutzung der Seite nur zu "jugendfeindlichen" Uhrzeiten zuzulassen, ist natürlich ebenfalls weltfremd.
Was wir also tun werden ist ganz einfach nichts - weil wir keine andere Möglichkeit haben.
Bleibt also nur die erste Geldstrafe oder Abmahnung abzuwarten und durchbeißen zu können. An dieser Stelle natürlich herzlichen Dank insbesondere allen Premium-Mitgliedern, die Nickles.de durch ihre Mitgliedschaft finanziell unterstützen.