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News: Schockvideo online

Wikileaks stellt "Militärmörder" an Pranger

Michael Nickles / 117 Antworten / Flachansicht Nickles

Die "Enthüllungs-Wikipedia" WikiLeaks schafft sich zunehmend Feinde. Dort werden "Dokumente" veröffentlicht, die Behörden und Unternehmen eigentlich lieber unter Verschluss halten möchten.

Jetzt hat Wikileaks ein rund 18minütiges Video mit dem Titel "Collateral Murder" veröffentlicht, bei dem es um einen brisanten Einsatz des US-Militärs im Irak geht. Das Video wurde am 12. Juli 2007 von einem Apache Helicopter aufgezeichnet. Es zeigt, wie vom Hubschrauber aus, Personen auf einem öffentlichen Platz im Osten von Baghdad erschossen werden.

Richtig brisant wird es ab Videoposition 9:20. Ab dort wird gezeigt, wie Personen mit einem Wagen kommen und versuchen einen Verwundeten zu bergen. Während die "Retter" den Verwundeten ins Auto tragen wollen, kriegt die Hubschrauber-Crew die Genehmigung zum erneuten Angriff und erschießt die Personen.

Im offiziellen Militärbericht wurden die Erschossenen angeblich als "aufständische Rebellen" bezeichnet. Neben weiteren Personen sollen beim Einsatz auch zwei Kinder verwundet worden sein. Insgesamt wurden bei dem Einsatz zwölf Menschen (vermutlich Zivilisten) erschossen.

Darunter befanden sich auch die beiden Reuters-Kriegsberichterstatter Namir Noor-Eldeen und Saeed Chmagh. Die Nachrichtenagentur hat vergeblich versucht, das Militär zur Herausgabe der Videoaufzeichnung zu bewegen. Jetzt ist sie dank anonymer Helfer allerdings zu Wikileaks und damit doch noch an die Öffentlichkeit gelangt.

Das Video und weites Infos zur Sache wurden unter anderem auf collateralmurder.com veröffentlicht. Auf der Seite findet sich auch eine deutsche Übersetzung der Gesprächsaufzeichnung im Hubschrauber.

Michael Nickles meint: Krieg ist eine dreckige Sache. Und das Video ist schockierend. Es wird dem US-Militär gewiss eine Menge Ärger bereiten. Schockieren wird viele vermutlich, wie sich die Hubschrauber-Crew unter anderem bei ihrer Kommunikation über die Sache "lustig" macht, wie scheinbar kaltblütig die Entscheidung zum Abschuss gefällt wurde.

Und gerade diese Kommentare dürften gewiss ein Hauptgrund gewesen sein, warum das US-Militär derlei Videoaufzeichnungen nicht öffentlich gemacht haben will. Auch wenn es schwer fällt: ich habe Verständnis dafür.

Was im Video nicht rüberkommt, ist gewiss der enorme Stress unter dem die "Militär-Mörder" standen. Da kreist ein Hubschrauber über einem Krisengebiet und hinter jedem "Busch" kann ein Widerstandskämpfer mit einer "Panzerfaust" lauern. Und wer mal nach "irak abgeschossene hubschrauber" im Internet sucht, der kriegt einiges zu lesen.

Was auch immer. Es ist gut, dass es das Internet und Seiten wie Wikileaks gibt. Dadurch lässt sich "Dreck" nicht mehr so leicht unter den Teppich kehren und muss zwangsläufig öffentlich diskutiert werden.

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Es ist in einem asynchronen Krieg unmöglich, den Feind anhand einer Uniform zu erkennen. Der Feind gibt sich nicht als uniformierter Soldat zu erkennen, sondern trägt Zivilkleidung.

Daraus folgt, dass der Feind nur anhand seiner momentanen Tätigkeit zu erkennen ist. Das verlangt von den Soldaten blitzschnelle Reaktionen und Entscheidungen. Wer eben noch ein Zivilist war, ist gleich ein Soldat und wieder zurück.

Die Männer wurden falsch identifiziert. Offenbar wurde die Kamera mit einer Panzerfaust verwechselt. Ebenso war die geduckte und versteckte Haltung des Kameramannes an der Hausecke den Kampfpiloten ein Indiz für Feindhaltung.

Ein Urteil können wir uns nicht erlauben. Wir können nur versuchen zu verstehen.

Wir können nur versuchen, Kriege im Vorfeld zu vermeiden, z.B. durch fairen internationalen Handel, bei dem keine anderen Menschen für unsere Produkte nur für das nackte Überleben arbeiten (Kaffee, Kakao, Reis, ...). Die Hälfte des Kakaos kommt aus der Elfenbeinküste und wird auch von Kindern geerntet und hergestellt. Diese Arbeitskinder werden verkauft und sehen ihre Familie nicht mehr wieder. Sie lernen nicht, sondern arbeiten bis sie sterben, um das nackte Überleben jeden Tag zu sichern. Was sollen afghanische Bauern anbauen, außer Drogen, wenn sie legale Waren auf dem Weltmarkt nicht verkaufen können, weil wir unseren europäischen Markt vor diesen legalen Importen (wie Kartoffeln) dicht machen? Der afghanische Drogenexport ist seit der Besetzung durch die Alliierten geradezu explodiert.

Am Pranger stehen wir, weil es uns an der Kasse im Supermarkt egal ist, wie es den Menschen geht, die die Waren produziert haben. Es ist uns schon fast egal, wie die Kassiererin bei Aldi oder Lidl arbeitet. Völlig egal ist es uns, woher der Tee, der Kaffee, der Kakao, der Reis, das Hemd und die Hose kommen.

Würden wir nur nach 30 Jahren zwangsläufig das Leben irgendeines anderen Menschen auf dieser Welt annehmen müssen, wir wären so vorsichtig und umsichtig mit unseren Mitmenschen. Denn in 30 Jahren möchte niemand von uns im Schlamm, bei Pestiziden und Herbiziden, Ausschlag und Krankheit, Waren für die bessere Welt herstellen müssen.

Deswegen werden Menschen fanatisch. Ihnen fehlt Bildung, soziale Fürsorge und Absicherung, die sie durch radikale Religionsführer erhalten können.

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