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News: Köhler verrückt geworden?

Bundespräsident erzwingt Internetzensur

Michael Nickles / 33 Antworten / Flachansicht Nickles

Das Thema Internetzensur im Zusammenhang mit dem Kampf gegen Kinderpornografie, sorgte bis zum Wahlkampf 2009 gehörig für Schlagzeilen. Die Sinnlosigkeit einer solchen Zensur wurde von Studien und Experten belegt und auch zunehmend setzten sich Politiker für ein Kippen des Gesetzes ein.

Der Gesetzesentwurf lag die letzten Wochen auf dem Tisch von Bundespräsident Horst Köhler rum, der sich offensichtlich nicht entscheiden konnte. Im Hinblick auf die aktuelle Entwicklung der Diskussionen zum Thema Kinderpornografie, wurde Köhler wohl auch nicht gerade zu gedrängelt, eine Entscheidung zu treffen. Jetzt hat er allerdings entschieden und den Gesetzesentwurf abgesegnet.

Laut Mitteilung sieht er "keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken, die ihn an einer Ausfertigung gehindert hätten"

Köhler geht davon aus, dass die Bundesregierung entsprechend ihrer Stellungnahme vom 4. Februar 2010 nunmehr "auf der Grundlage des Zugangserschwerungsgesetzes" Kinderpornographie im Internet effektiv und nachhaltig bekämpft. Bizarr bei der Sache: in der besagten Stellungsnahme ist die Bundesregierung eigentlich umgekippt und hat eingeräumt, dass es sinnvoller ist, sich um eine Löschung von Kinderpornoseiten einzusetzen, statt sie nur zu sperren.

Man hatte sich also offiziell vom ursprünglichen Zensurplan distanziert. Unter anderem hat Spiegel.de hier drüber berichtet: Schwarz-Gelb rückt von Internetsperren ab. Anscheinend hat unter anderem auch die Online-Petition gegen die Zensur mit mehr als 130.000 Teilnehmern (siehe Internet-Zensurgegner haben es geschafft), einige Politiker zum Nachdenken motiviert.

Noch bizarrer: Köhler selbst hatte sich Ende November 2009 noch geweigert, den Gesetzesentwurf zu unterzeichnen und bestand auf die besagte Stellungsnahme der Regierung (siehe Bundespräsident Köhler stoppt Internetsperre).

Das Fazit: Mit Köhler's Unterschrift ist die Regierung jetzt gezwungen ein Gesetz durchzuziehen, das sie in dieser Form eigentlich selbst schon längst nicht mehr haben will.

Michael Nickles meint: Das Gesetz ist durch, das Thema aber garantiert nicht vom Tisch. JETZT brodelt es erst richtig. Köhler's Entscheidung ist für alle mehr als überraschend. Gewiss hätte sich auch die Regierung gefreut, wenn er den "Wisch" einfach "weggeworfen" hätte.

Jetzt kann nur spekuliert werden. Hat Köhler's Entscheidung einen raffinierten Hintergrund? Oder ist das Staatsoberhaupt einfach nur verrückt geworden?

Vetorecht..... winnigorny1
PTEulenspiegel Olaf19 „Beschnittenes Vetorecht des Bundespräsidenten“
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jau, olaf19 et. al. , den Marktradikalismus hat er schon VOR Lehman Brothers Plumps aufgegeben. Seine pro-kapitalistische Grundhaltung wird er nicht mehr verlieren - seine Generation hat " so wenig Staat wie möglich " ja auch aus anderen Gründen - Stalin, Hitler, Mao, Pol Pot - verfochten, dabei aber immer auf den eigenen Profit geschielt. Nur hat er das inzwischen nicht mehr nötig, und wer an die finale Kapitalismuskrise noch in den nächsten zwanzig Jahren glaubt oder sie nur für möglich hält, ist eher auf der sicheren Seite, wenn er davor warnt, als wenn er aller Tage heile-heile-Gänschen singt, um des Volkes Stimmung und Kauflust zu befeuern. ( übrigens auch die der Kleinkapitalisten, die nicht wissen, ob sie investieren oder emigrieren sollen, solange die Konten in der Schweiz noch nicht gesperrt sind ). Köhler hat imo eine fast so positive Wandlung in seinem Amt durchgemacht wie seinerzeit Roman Herzog, der als innenministerielles Arschloch in Baden-Württemberg begann und als respektabler - auch liberaler - Präsident geendet hat, nach einer ebenso überraschenden positiven Amtszeit an der Spitze des BVerfG. Wir links- bis linksliberalen Juristen waren damals verdammt angenehm überrascht von seinen Urteilen. Er hat die Grundrechte gegen den Staat verdeidigt und seinen eigenen Kommentar nicht mehr benutzt. Als wir ihn kennenlernten in Speyer 1970, war er nur , siehe oben. Köhler hat auch einen Auffassungswandel durchgemacht; lassen wir ihm das doch und verstärken wir ihn dabei. Sobald auf seiner Beerdigung die Internationale gesungen wird, war es ein positiver Prozeß

Grüezi PTE