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News: Jahresbilanz veröffentlicht

Hat Abmahnindustrie 290 Millionen Euro kassiert?

Michael Nickles / 3 Antworten / Flachansicht Nickles

Im vergangenen Jahr gab es wieder zig Mitteilungen zu den dubiosen Praktiken von Abmahn-Anwälten. Die Webseite abmahnwahn-dreipage.de kämpft gegen den zunehmenden Massenabmahnungs-Irrsinn und hat kürzlich seine Jahresbilanz 2009 veröffentlicht.

Die führt auf, welche Sachen so abgemahnt wurden und vor allem auch, wie viele Abmahnungen es gab. Laut Bilanz stieg die Zahl der Abmahnungen von rund 250.000 im Jahr 2008, 2009 auf über 450.000 an. Das sind wohlgemerkt nur Schätzungen beziehungsweise Hochrechnungen.

Abmahnwahn-dreipage geht allerdings davon aus, dass diese Zahlen eher Untertreibungen sind. Deutlich verschoben haben sich die Bereiche, in denen die Abmahner tätig sind. 2008 dominierten Pornos mit 52,9 Prozent, Musik-Delikte waren nur 12,6 Prozent. 2009 ist das Verhältnis umgekippt.

Porno-Abmahnungen betrugen nur noch 15,2 Prozent, der Anteil der Musik-Abmahnungen wuchs indessen auf 62,3 Prozent. Die Zahlen ermittelt Abmahnwahn-dreipage aus den Eintragungen in seiner Datenbank, die 2009 insgesamt 2.729 Neuzugänge hatte. In der Datenbank wird auch erfasst, wie viele Rechteinhaber Abmahnungen durchführen lassen. 2008 waren es "nur" 110, 2009 bereits 159, um die sich 29 verschiedene Abmahnkanzleien kümmern.

Spannend wird es ab Seite 7 der Bilanz. Ab dort wird analysiert, wie viele Abmahnungen die Kanzleien hochgerechnet durchgeführt und welche Gesamteinnahmen sie dabei erzielt haben. Am kräftigsten kassiert hat laut Bilanz die Kanzlei Waldorf mit geschätzten 76,37 Millionen Euro Einnahmen. Und auch der "Geringstverdiener" - Kanzlei Auffenberg - dürfte mit 1,6 Millionen Einnahmen kaum am Hungertuch nagen.

Alle Einnahmen zusammengerechnet, ergibt sich die stolze Summe von rund 290 Millionen Euro. Zu den Begriffen "Abmahnanwalt" und "Abmahnkanzlei" gesellt sich inzwischen auch die Bezeichnung "Abmahnimperium". Dieser Titel wurde in der Bilanz dem Unternehmen Digiprotect verliehen, das mehrere Abmahnkanzleien beschäftigt.

Digiprotect geriet im vergangenen Jahr häufig in die Schlagzeilen (siehe beispielsweise Keller der Perversionen lässt Kasse klingeln und Porno-Abmahner bald wegen Betrugs verklagt?).