Ich räume wieder einmal auf. Aufräumen, das heißt, von einem Schrank in den Nächsten, schließlich in Schuhschachteln und dann in einen Bananenkarton. Jetzt, wo alles zu spät ist, ist alles schön ordentlich beisammen. Aufräumen ist selten der Anfang, sondern meist das Ende von etwas.
Diesmal sind Speichermedien an der Reihe. Genauer, 5 ¼“-Disketten von 180 MB („single sided“) bis 1,2 MB. Natürlich hatte ich damals einen Locher, mit dessen Hilfe man kostenlos aus den einfach beschreibbaren Disketten doppelseitige mit der traumhaften Kapazität von 360 KB machen konnte. Es war nämlich damals schon so (wie heute bei den Festplatten), dass man die geringere Kapazität einfach durch lahmlegen (der Rückseite) erreicht hat. Die Methode ist also die selbe geblieben: Man gibt dem Kunden weniger, als man zum selben Preis bieten könnte. So vieles sich geändert haben mag und ändert, die Eck(un)werte bleiben über die Zeiten.
Auf den „großen Disketten“, wie man sie spätestens genannt hat, oder auch den „weichen“, als die harten 3 ½-er auf den Markt kamen, stand übrigens anfangs „Mini-Diskette“ – kein Wunder, denn die wirklich ersten, die die Lochkarten ersetzt haben, waren noch etwas größer gewesen. Das Normalformat war 8““ – aber kein Fall für ‚Personal Computer.“
Gerade fällt mir ein, es hat auch ein Programm gegeben, mit dessen Hilfe man 360er Disketten auf 720 MB formatieren konnte – doppelte Spurzahl, das funktionierte meist recht gut. Wie das Programm die Hardware allerdings überredet hat, dabei mitzumachen, entzieht sich meiner Kenntnis. Man stelle sich mal vor, es gäbe heute ein Programm, mit dessen Hilfe man Festplatten überredete, doppelt so eng zu schreiben…
Einige der alten Disketten sind datiert, mit „1988“ beispielsweise. Und was war drauf?
Ein Platinen-Layout-Programm namens Smartwork beispielsweise (den "eagle" hat es damals auch schon gegeben). Oder d-base, daneben gab es noch die Datenbank-Konkurrenz r-base. Und, viel fortschrittlicher, intuitiver, „Q&A“ (Question and Answer“), das sogar in deutscher Version als F&A (Frage und Antwort) auf den Markt gekommen ist. Vertrieben hat es damals eine Firma namens Symantec…
Ein Spiel namens „Stargoose“ finde ich (hoffentlich war das was anständiges, ich schau jetzt nicht rein..). Auf einer anderen Diskette allerdings steht „fuck“ – nein, nein, das kann doch nicht sein….
Die Backups für eine 20 MB-Festplatte haben viele Stunden gedauert, wenn man nicht „Fast Backup“ hatte, womit das große Diskettenlaufwerk enorm beschleunigt wurde. Übrigens, ich finde gerade noch ein Backup von damals – mal reinschauen? Irgendwo muß auch noch das passende Laufwerk im Schrank liegen. Erst gestern habe ich beschlossen, einen alten Chieftech-Bigtower mit allen nur denkbaren alten Laufwerken zu bestücken. Dem 5 ¼“ natürlich, ein LS 120 ist schon drin, ein Olympus MO 230 per SCSI angeschlossen. Zip-Laufwerk und Floppy-Streamer (Quick-Standard) liegen noch im Schrank, auch ein alter Onstream. Aber es fehlt auch noch die eine oder andere Generation, ich denke an DAT-Streamer oder Syquest-Laufwerke. Naja, habe auch nur 2 oder 3 Medien davon.
Also, weiter in den 5 ¼“ – Schätzen gekramt. In Grafik war damals Hewlett Packard Drawing Gallery recht stark, auch Corel Draw gab es schon.
12 Kilo wiegt sie, die randvoll gefüllte Bananenkiste mit den rund 420 Disketten. DOS natürlich in allen Variationen, von MS und später auch der Konkurrenz MR, einen Speichermanager namens emm386 finde ich, mit dessen Hilfe man die 640K Speichergrenze ein wenig nach oben schieben konnte (V-EMM war ein anderes solches tool), dass damit auch nur ein einziges Programm mehr gelaufen wäre, das sonst seinen Dienst verweigert hätte, kann ich mich nicht erinnern. Unnütze Programme zuhauf, damals wie heute. Wer erinnert sich nicht noch an Softram?
Aber auch sinnvolles wie timeline finde ich – eine Idee, die sich durchgesetzt hat und heute noch fürs Projektmanagement unentbehrlich ist. Und Grafik, erstaunlich viel Grafik schon vor über 20 Jahren. Der Trend hin zum Computer als Gerät der gestalteten Bilder hat schon früh begonnen. Seltsam, heute sind Bookreader, mit denen man nichts anderes kann als lesen, der neueste Schrei. Das konnte man doch schon immer – und damals wie heute war es am praktischsten, wenn man ein Buch lesen wollte, auch ein Buch zu nehmen. Funktioniert ohne Strom, Netzgerät und Akku, braucht kein Firmware-update und geht nicht kaputt, wenn es herunterfällt.
Aber zurück zur Kiste. Auf einer der alten Disketten steht schlicht „Viren“ drauf – wusste ich gar nicht mehr, dass die schon so früh ein Thema waren; aber lassen wir das Superprogramm, das sie sicher intensiv bekämpft hat, einfach weiter den Diskettenschlaf pflegen.
So, jetzt will ich weiter arbeiten, eine andere leere Bananankiste hernehmen, die 3 ½“- Disketten wollen auch noch verstaut werden. Es sind nicht ganz so viele, da werden dann auch noch die alten MO-Medien dazu pasen. Nur, mal eine Frage: Was mache ich mit den 12 Kilo dieser schönen, alten, weichen Plastikscheiben in Kiste Nummer 1?
Ach, ich weiß es doch schon. Sie werden noch ein paar Jahre, Jahrzehnte im Regal stehen, säuberlich verpackt jetzt, dunkel und kühl gelagert, geradezu ideal also, die meisten wohl noch funktionsfähig. Und dann, irgendwann, nach meiner Zeit, wird jemand die Kiste öffnen, „wozu war das denn gut?“ sagen und sie in den Container werfen.
Es waren schöne Tage, Wochen, Jahre mit euch gewesen, ihr Zeugen der Vergangenheit. Ich habe viel mit euch gelernt und dabei auch Spaß gehabt. Eigentlich habe ich das damals alles nur gemacht, damit ich den Anschluß an die neue Zeit nicht verliere. Das „Computerzeitalter“, wie man in der Zeitung lesen konnte. Ich wollte nicht, dass mein Sohn eines Tages mit diesem Spruch ankommt und sagt „Pappi, du hast ja keine Ahnung.“
Sic transit Gloria mundi.
A4
Off Topic 20.370 Themen, 226.137 Beiträge
Ja, das war eine Ära für sich.
Da wurde noch gebastelt, kopiert und gesammelt.
Soweit ich mich erinnern kann, waren auf den Disketten 36 Spuren. Um da mehr draufzupacken wurde das Floppylaufwerk modifiziert. EPROM raus, neues Programm reingeschoben und dann konnte das 40 Spuren.
Ich hatte seinerzeit af der Arbeit die Möglichkeit EPROMs zu löschen und zu neu brennen.
Auch das Knacken der Programme war relativ leicht. Das Meiste war in Basic geschrieben und kompiliert. Dafür gab es sogar Dekompilierer.
Das Zeugs haben wir mühsam im Hexcode aus der C64-Zeitschrift abgetippt.
Was mich aber am meisten beeindruckt hatte, waren die wirklich jungen Leute. Ich hatte damals schon ein paar Jahrzehnte abgerissen und wenn ich dann mal bei Karstadt war, dann hat es mich schon fasziniert, wie innerhalb von weniger Minuten die Brüder im Geschäft die Software kopiert hatten.
Allerdings ist der C64 letztendlich dafür verantwortlich, daß ich Programmierer geworden bin. Nachdem ich mir mit dem Buch vom alten Rodney Zaks nachts Maschinensprache beigebracht hatte, war es um mich geschehen.