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Da wird mir schlecht...

Achim20 / 2 Antworten / Flachansicht Nickles

Stauffenberg - Die wahre Geschichte, 20.30 Uhr, ZDF
Er war ein mutiger und einsamer Verschwörer gegen Hitler, angetrieben von der rastlosen Stimme seines Gewissens: Am 20. Juli 1944 platzierte Claus Schenk von Stauffenberg eine Bombe in der Besprechungsbaracke des Führerhauptquartiers "Wolfschanze". Der versuchte Tyrannenmord war Endpunkt und Konsequenz einer persönlichen Entwicklung, die Jahre zuvor begonnen hatte. Der Weg Stauffenbergs vom loyalen Offizier Hitlers zum Attentäter steht im Zentrum des ZDF-Dokudramas "Stauffenberg - Die wahre Geschichte".

Nicht zu fassen, wer schreibt sowas?

Kurz und knapp gefaßt, die Gruppe um Stauffenberg war kein demokratisch gesinntes Widerstandsnest, sondern eine bürgerliche, vornehmlich aus dem Adel stammende Riege höherer Offiziere, denen - sobald man Hitler erst mal beseitigt hätte - nicht die Demokratisierung ihres Landes vor dem geistigen Auge vorschwebte, sondern ein Obrigkeitsstaat, der Adel und Eliten bevorzugen, den Rest des Volkes aber ausbeuten soll - letztere hätten ihren von Gott erteilten Posten zu erfüllen, ohne aufzubegehren, ohne Ideen wie den Sozialismus ins Staatskonzept einfließen zu lassen. Die Stauffenberg-Gruppe hatte kein Interesse an Gewerkschaften oder allgemeinem, unmittelbarem, freiem und gleichem Wahlrecht. Für sie war der Hitlerstaat ja auch nicht per se schlecht, sondern vielmehr ein Staatsgebilde, welches im Kern viel Wahres barg, gerade auch was die Unterdrückung von Minderheiten und sozialistischem Schnickschnack betraf. Was sie besorgte waren die negativen Auswüchse, war der Blutzoll, der auf Hitlers Mist erwachsen war - und dort vorallem das Blut der Deutschen selbst; das Blut der Russen, Polen und Juden war nicht in erster Linie Antrieb der Widerstandsbewegung um Stauffenberg, sondern nur indirekt, weil man durch das Abschlachten anderer Völker aussähe wie ein Volk von Mördern. Und um eben nicht wie eine Mörderbande auszusehen, deshalb habe Deutschland den Krieg zu beenden, das Morden zu unterlassen - und natürlich, damit nicht noch weitere junge deutsche Männer auf den Schlachtfeldern vergeudet werden. Ein moralischer Antrieb, seinen Nächsten, gleich woher er kommt, nicht zu töten, war nicht die Ansicht der Widerstandsbewegung.

Das sind die wesentlichen Motive der Widerstandsbewegung, die Vorläuferbewegung eines demokratischen Deutschlands war sie nicht. Stauffenbergs letzte Worte sollen dem Hochleben des "heiligen Deutschlands" gewidmet gewesen sein; ein demokratisches Deutschland war also nicht sein letzter Gedanke. Und die Zeitgenossen Stauffenbergs wußten sehr wohl, dass in der Offiziersopposition gegen Hitler, nicht die Erlösung von allen Übeln zu sehen war. Man wußte, dass dieser elitäre Zirkel zwar Hitler beseitigen wollte, aber nicht um ein besseres, für den "kleinen Mann" besseres Deutschland zu entwerfen. In Anne Franks Tagebuch findet sich folgende Passage:
"Der beste Beweis ist doch wohl, dass es viele Offiziere und Generäle gibt, die den Krieg satt haben und Hitler gern in die tiefsten Tiefen versenken würden, um dann eine Militärdiktatur zu errichten, mit deren Hilfe Frieden mit den Alliierten zu schließen, erneut zu rüsten und nach zwanzig Jahren wieder einen Krieg zu beginnen. Vielleicht hat die Vorsehung mit Absicht noch ein bißchen gezögert, ihn aus dem Weg zu räumen."
Während Widerständler wie Georg Elser beinahe unberücksichtigt bleiben, verfolgen wir seit Jahren einen Stauffenberg-Kult, der nicht nur am 20. Juli mit Pomp vollzogen wird, sondern sich wie eine Konstante durch das ganze Jahr zieht. In voller Eindimensionalität wird unkritisch mancher Gottesdienst der Verklärung bestritten, wird aus dem Grafen ein wackerer Held stilisiert, der für deutschen Anstand und deutsches Gewissen steht, für Individualismus im Soldatenrock, für ein Kollektiv, in dem individuelles Handeln möglich war. Dass im Helden Stauffenberg der Anti-Held, der elitäre Adlige nicht nur schlummerte, sondern offenbar erkennbar war, das wird in unseren Tagen nicht thematisiert. Schließlich ist das, wofür die Stauffenberg-Gruppe stand, ist der Sichtweise derer, die den Kult um ihn und seine Mitstreiter begehen, nicht allzu fremd - es sind ja vornehmlich elitäre Zirkel, die Stauffenberg ehren, ihn als eine Art Vordenker begreifen, während sie einen Proletarier wie Elser unwürdig der Würdigung befinden. Diese Stauffenbergianer wollen freilich nicht das vorschwebende Staatsmodell von 1944 kopieren, aber so ein wenig Gottesgnadentum und Obrigkeitsstaatlichkeit, so nehmen sie an und lassen es auch in ihrem politischen Streben erkennen, würde uns heute auch nicht schaden.

FUMANCHU4EVER
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Fernando2 libertè „Ähhhmmmmmm, mit verlaub, aber genau diesen gleichen Text haben wir auf OT aber...“
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Achim >>> Da wird mir schlecht...
Achim >>> Nicht zu fassen, wer schreibt sowas?

Du zitierst einen langen Text.
Aber es bleibt unklar, was Du uns damit mitteilen willst: Findest Du die Kritik an Stauffenberg gut oder schlecht??

Was will die Kritikwelle an Stauffenberg erreichen? Will man ihn aus der geschichtlichen Erinnerung tilgen weil Stauffenberg kein Kommunist war (im Gegensatz zu Eisner)?
Mich stimmt vor allem bedenklich, daß der Totschweige- und Zensiereifer des Zeitgeistes immer größer wird. Und das im angeblich "freiesten deutschen Staat der Geschichte".

sic transit gloria mundi
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