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BJÖRK: "Volta"

Olaf19 / 14 Antworten / Flachansicht Nickles

Hallo zusammen!

Hat jemand schon das neue Björk-Album "Volta" gehört? Letzten Freitag ist es erschienen, und seitdem läuft es bei mir rauf und runter.

Entgegen meiner sonstigen Gewohnheit habe ich es sofort gekauft, ohne vorher reinzuhören. Bei Björk kann man das schon mal riskieren...

Die Hülle ist aus Pappe, in knalligem Zinnoberrot gehalten und mit einem schrill-bunten Aufkleber versehen, der Björk in einem ihrer seltsamen Kostüme zeigt - sieht aus wie eine Kombination aus Kürbis, Taucheranzug und Brautkleid. Der Aufkleber dient übrigens dazu, die altar-artig aufklappende Hülle zusammenzuhalten.

Diese äußerlichen Extravaganzen sind dann auch gleich ein Vorgeschmack dessen, was uns musikalisch erwartet.

Der Optik nach zu urteilen müsste dieses Album wesentlich poppiger und kommerzieller ausfallen als der introvertierte, an klassischer A-capella-Chormusik orientierte Vorgänger "Medulla" (2004). Das stimmt aber nur zum Teil, etwa insofern, als dass rhythmische Elemente wieder eine größere Rolle spielen oder dass Timbaland mitgewirkt hat. Eins ist sicher: Björks letzte beiden Alben unterscheiden sich wie Feuer und Wasser.

Das vokale Renaissance-Feeling Medullas weicht Synthesizern und harten Percussion-Beats, wie man sie zum Teil von "Homogenic" und "Post" kennt. Dazu kontrastieren hymnisch-majestätische Bläsersätze, jede Menge atmosphärische Samples und - aber nur gelegentlich - Zupf- und Schlaginstrumente der Rubrik Ethno / Weltmusik. Stellenweise kommt man sich vor wie in einem fernöstlichen Teehaus... passt eigentlich nicht so richtig zu Björk, ebenso wenig wie der etwas schwachbrüstige Gesang von Duett-Partner Antony Hegarty. Aber das sind nur zwei von vielen Farben auf Björks nicht nur optisch bunt geratenem Album.

Nach ein-, zweimal Durchhören war mein Eindruck: Diese Musik hat etwas Anstrengendes, Intensives, Fordernd-Unentspanntes - schwierige, teils spröde Klangmaterie. Das macht schon der unruhige, pulsierende Opener "Earth Intruders" klar. Aber es lohnt sich dabei zu bleiben, die Musik gewinnt bei jedem Hören an Format. Einige Tracks sind regelrecht dancefloor-tauglich, etwa das aggressiv-technoide "Declare Independance".

Dieser Track hat für mich jetzt schon Ohrwurm-Charakter, ebenso wie die betörend schönen, fast geheimnisvollen Bläser-Intros aus "The Dull Flame Of Desire" und "Vertabrae By Vertrabrae". Über allem thront Björks Gesang so charimatisch wie immer - und wie nicht anders zu erwarten war.

Ich lege mich jetzt einfach fest: "Volta" ist der erhoffte nächste große Wurf von Björk. Ein wenig Geduld mit der Musik muss man freilich auch diesmal wieder aufbringen. Aber es lohnt sich!

CU
Olaf

P.S. Meine Lieblingsalben von Björk: "Homogenic" (1997) vor "Vespertine" (2001) - bis heute unerreicht. Aber vielleicht habe ich "Volta" einfach noch nicht oft genug gehört...

P.P.S. Meine Lieblingstitel von Björk (Reihenfolge austauschbar!):
- "Isobel" (Post, 1995)
- "Bachelorette" (Homogenic, 1997)
- "Hidden Place" (Vespertine, 2001)
- "Triumph of a Heart" (Medulla, 2004)
- "Venus as a Boy" (Debut, 1993)

Die Welt ist ein Jammertal ohne Musik. Doch zum Glueck gab es Bach, Beethoven, Haendel und Goethe (Helge Schneider)
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@App + Landoran Olaf19
Olaf19 Bean „Hallo Olaf Björk ist eigentlich überhaupt nicht meine Richtung - das Video...“
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Grüß dich Bean,

da legst du den Finger auf die Wunde - es gibt Musik, die sich beim Hören von Mal zu Mal besser erschließt. Andere Sachen lassen einen auch beim 99. Mal kalt... das ist manchmal gar nicht einfach auseinander zu halten.

Was haben Roger Cicero und Annett Louisan gemeinsam? - genau, die Songtexte sind von Frank Ramond :-) Ist aber kein Beinbruch, wenn ein Sänger nicht selber textet. Natürlich kommt das auch vor, eine ganze Musikrichtung - Singer/Songwriter - lebt von dieser Kombination, Heinz-Rudolf Kunze ist auch ein Beispiel dafür. Allerdings komponiert er nur wenig, die Musik schreiben meistens andere. So hat eben jeder seine Stärken.

> Es gibt gute und schlechte Musik und kaum eine Stilrichtung, die nur Schrott hervorbrachte

Kann ich nur unterstreichen. Ich ertappe mich öfter dabei, dass ich eine Musik höre, von der ich denke, "das ist nicht so mein Geschmack, aber sehr intelligent gemacht". Dass eine Dixieland-Combo auch aus Banjo und Konsorten verblüffend avantgardistische Klänge hervorzaubern könnte, halte ich durchaus für möglich - nur, was dabei heraus käme, wäre dann kein Dixieland mehr sondern eine ganz neuartige Richtung. Dixieland, auch New Orleans- bzw. Hot Jazz genannt, ist stilistisch eine eher eng umrissene Angelegenheit, da bleibt kaum Platz für tieferschürfende musikalisch-klangliche Experimente.

CU
Olaf

P.S. wg. 12 Tage rauchfrei - mein Glüchwunsch, bleib dabei! Ich hab zwar nie geraucht, weiß aber von anderen liebgewordenen Dingen im Leben, wie schwer es ist davon zu lassen und dann auch konsequent zu bleiben.

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