Eine böse Abrechnung mit der Content Protection von Windows Vista liefert Digital Image-Spezialist Peter Gutmann ab: Der Rechner wird dadurch teurer, weniger zuverlässig, schwerer zu programmieren und anfälliger für Malware und Kompatibilitätsprobleme. Betroffen sind alle, auch Nicht-Windows-User.
In seiner Analyse zählt er zunächst die Widrigkeiten auf: Premium-Content (HD-DVD und Blu-ray) wird nur dann ausgegeben, wenn der Kopierschutz vorhanden ist. SPDIF- und Komponentenausgänge werden abgeschaltet. Kommt irgendein nicht geschütztes Audio-Signal an, wird seine Qualität vermindert und die Ausgänge werden abgeschaltet.
Hochwertige Ausgabegeräte wie LCD-Monitore müssen laut Spezifikation die Signalqualität verschlechtern. Über DVI angeschlossen ist das Bild "leicht unscharf". Gleiches gilt für Audio.
Ein Beispiel aus dem praktischen Leben: Jemand erfasst medizinische Bilder am PC und hört dabei Musik. Ist das jedoch Premium Content, verschlechtert Vista automatisch die Qualität der Bilder, was im Extremfall tötlich ausgehen kann.
Es gibt keine Open Source-Treiber mehr, weil die ja den Kopierschutz überlisten könnten. Einheitliche Teiber für ganze Serie wie Detonator gibt es nicht mehr. Kompromittierte Geräte werden weltweit abgeschaltet und müssen durch neue ausgetauscht werden, die aber mit WGA in Konflikt geraten können. Es dürfen nur wenige Komponenten ausgetauscht werden, sonst wird eine neue Windows-Lizenz fällig.
"Unvorhegesehenes Verhalten" bei Komponenten wie Stromschwankungen oder seltsame Rückgabewerte setzen Tilt Bits, die das Gerät abschalten. Hier bietet sich ein Ansatz für Remote-DoS, wo Hacker diese Bits setzen und damit den PC unbrauchbar machen. Auswirkungen auf fremde Länder sind auch denkbar: Was ist, wenn die USA diese Bits weltweit anschalten?
Durch restriktives Board- und Chip-Design muss jede Karte/Board eigens designed werden, um den Zugriff auf solche Geräte zu minimieren, Hacker könnten ja auf den Boards rumlöten. DVI-Chips müssen in Grafik-Chips integriert werden. Das alles verteuert die Hardware.
Schlimmer noch: Hardware-Hersteller müssen ihre Treiber mit Tools "verstecken", so dass ja niemand darauf zugreifen kann oder sie gar reverse engineered. Auch das kostet zusätzliches Geld.
Die erforderliche Verschlüsselung bewirkt zum Beispiel, dass jedes Gerät 30 mal pro Sekunde abgefragt werden muss, ob die Tilt Bits noch alle OK sind. Das kostet CPU-Time. Auch Software-Kommunikation wird verschlüsselt. Bei Onboard-Grafik besteht die Gefahr, dass Daten im RAM landen, von wo sie auf die Platte ausgelagert werden können. Deshalb gibt es ein spezielles Verschlüsselungs-Bit, um solche Seiten vor dem Auslagern zu verschlüsseln. Sonst wird aber nichts verschlüsselt, etwa die eigenen Passwörter, TANs usw. Das alles führt dazu, dass Verschlüsselung nicht mehr von Software übernommen wird, sondern spezielle Hardware nötig wird. Etwa VC-1-Support in Grafik-Chips. Damit bleiben aber andere Encoder wie etwa OGG außen vor. Und damit wird es teurer und inkompatibler.
Wozu das alles nun? Durch die totale Kontrolle des "Distribution Channels", also der Kette vom Medium zum Monitor, kann Microsoft Mitbewerber ausschließen und die Content-Industrie gängeln: Spielt nach unseren Regeln, oder wir spielen euern Kram nicht ab. Es entsteht ein Monopol, das weit größer als das Windows-Monopol ist.
Das Schlimmste ist aber: Es gibt kein Entrinnen. Hersteller müssen Verträge mit MS unterzeichnen, sonst funktionieren ihre Geräte nicht oder nur schlecht. Als User hat man keine Wahl: Egal welches OS man einsetzt, Vista macht die Hardware teurer, unzuverlässig, schwierig zu programmieren und zu supporten, anfälliger für Malware und schafft mehr Kompatibilitätsprobleme. Nicht Windows-User müssen die überteuerte Hardware kaufen, weil es nichts anderes mehr gibt.
Der sehr lesenswerte Artikel schließt mit den Worten:
Angebot an Microsoft: Wenn wir Konsumenten niemals eine einzige HD-DVD oder Blu-ray-Scheibe mit Premium Content kaufen, ob sie dann im Gegenzug dieses Gift von der Computer-Industrie fernhalten.
Quelle: Aufsatz von Peter Gutmann
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Wer HD oder Blu-Ray Inhalte zukünftig sehen will, wird vom Microsoft-HD-Kartell zukünftig dazu gezwungen, nur noch solche Geräte für seinen Windows-Vista-PC zu kaufen, die ein "Made for Windows Vista" Logo tragen, denn sonst kann es passieren, dass man eine HD-DVD nicht sehen kann, nur weil man sich z.B. bei einem Online-Shop einen billigen HD-Monitor gekauft hat, der zwar mit HD-ready wirbt, aber die Raubkopie-Schutzmechanismen von Microsoft nicht hat und somit von Windows Vista als Feindgerät angesehen wird und das Abspielen der HD-DVD verweigert wird. (Siehe Note D im Gutmann Artikel)
Andererseits bieten "Windows-Vista-Geräte" an anderen PCs, ob nun Linux oder Apple evtl. keine HD-Leistung, weil Geräte ihre Signale nicht nach der MS-HD-Kartell-Norm erhalten. Wer sich hier also auf die Linux oder Apple Seite schlägt und meint, da sei er sicher, unterliegt einem fatalen Irrtum, denn entweder die passen sich dieser MS-Norm an oder auch deren Monitore bleiben in Zukunft schwarz.
Die Kosten für einen Windows-Vista-PC mit allen Geräten ist gigantisch, denn die User müssen - wenn sie HD-DVD oder Blu-Ray-Inhalte nutzen wollen - sich von der Software bis zur Hardware praktisch alles neu kaufen, weil alte Geräte die Raubkopier-Schutzmechanismen nicht unterstützen. Ein einziges nicht kompatibles Gerät oder Programm und wenn es nur eine Freeware-Firewall ist, kann das Abspielen von HD-Inhalten unter Windows Vista unmöglich machen. Auf die damit verbundenen Fehlermeldungen bin ich gespannt. Der Kunde wird schön blöd dastehen, wenn nichts geht, denn wem will er nun die Schuld geben? Dem Hersteller der HD-DVD, Microsoft oder einem der vielen Hersteller der Geräte seines PCs? Selber bauen könnte zum Desaster werden. Hersteller wie Dell und HP, die seit Jahren mit MS ..., werden sich die Hände reiben, denn einzig Fertig-PCs mit Zertifikat garantieren 100% Kundensicherheit, denn da hat der Kunde einen Garantieabwickler.
Übrigens bin ich nicht mal der Meinung, dass MS und Co. das so beabsichtigt haben, aber sie haben die Folgen dieser Sicherheitsmechanismen einfach falsch eingeschätzt. So wie ich das sehe, wird hier ein Kopierschutz-Kartell geschaffen, das nicht nur Inhalte kontrolliert, sondern auch das Kaufverhalten der Kundschaft und somit den Markt in die Richtung reguliert, die allein dem Wohl des Windows-Mediaplayer-Kartells dient.
Nebenbei: Peter Gutmann ist kein "Niemand", afaik ist er jener, nachdem die Gutmann-Methode benannt wurde, die ein sicheres Löschen von Datenträgern gewährleisten soll.