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Sendeleistung erweitern von DSL-Routern?

GarrettTMT / 7 Antworten / Flachansicht Nickles

hi, ich würde gerne wissen ob man die Sendeleistung von DSL-Routern erweitern kann und wenn ja wie man dies genau bewerkstelligen muss :)

mfg GarrettTMT

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Grossadministrator GarrettTMT „Sendeleistung erweitern von DSL-Routern?“
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Eigentlich ist es schon seit 100 Jahren eine Binsenweisheit: Die Antenne ist der beste Hochfrequenzverstärker. Das gilt auch in WLANs. Wer also die Reichweite seines WLAN erhöhen möchte, sollte vor allem bei den Antennen ansetzen.

Die Reichweite eines WLAN hängt natürlich von weiteren Randbedingungen ab, die hier kurz erwähnt sein sollen:

Hindernisse auf dem Übertragungsweg: Viele Herstellerangaben sind hier ausgesprochen optimistisch, weil sie sich auf amerikanische Verhältnisse beziehen: Bürogebäude in Stahlskelett-Bauweise (keine Betonwände), riesige Großraumbüros. Da sind u.a. die deutschen Arbeitsplatzvorschriften vor, die z.B. einen maximalen Abstand von Schreibtisch zu Fenster vorschreiben. Pappdeckel-Stellwände sind viel schwächere Hindernisse als Betonmauern.
Elektrische Störungen: Die meisten WLAN arbeiten im 2,4-GHz-Band. Hier können Hochfrequenzanwendungen anmelde- und gebührenfrei betrieben werden, sind aber vor Störungen durch andere Nutzer nicht geschützt - z.B. vor Mikrowellenherden.
Es kann also durchaus passieren, daß jeden Freitag pünktlich um 8:35 h das WLAN zusammenbricht, weil in der Kaffeeküche der traditionelle Leberkäse erwärmt wird. Nachdem sich hier garantiert niemand für die Sauberkeit zuständig fühlt, ist vermutlich die Türdichtung des Mikrowellenherds verschmutzt. Ergebnis: Der Mikrowellenherd ist mit großem Abstand der stärkste Sender im 2.4-GHz-Band weit und breit. Schließlich liefert sein Sender 600.000 mW Hochfrequenzleistung, eine WLAN-Karte nur typisch 25 mW. Das ist das gleiche Größenverhältnis wie zwischen dem Gewicht eines Schokoriegels und dem Gewicht eines Kleinwagens. Bekommt man ersteren an den Kopf geworfen, kann das durchaus ein Liebesbeweis sein :-)

...auf zu WLAN-Antenne
Die Leistung einer Antenne hängt von mehreren Einflußgrößen ab:

Dem Wirkungsgrad der Antenne, d.h. welchen Teil der eingespeisten elektrischen Leistung sie wirklich in Strahlung umwandelt. Je kleiner die WLAN-Einheit ist, um so kritischer wird dieses Problem. Gute Wirkungsgrade lassen sich vorzugsweise mit Antennen erzielen, die wenigstens eine halbe Wellenlänge lang sind. Die Wellenlänge von 2,4 GHz ist rund 12 cm. Antennen unter 6 cm Länge können also keinen guten Wirkungsgrad haben. Noch kritischer sind Antennenkabel: 1 m dünnes Kabel (RG-174) dämpft bei 2,4 GHz um etwa 14 dB, d.h. nur noch 3% der Leistung kommen am anderen Ende an. Aber wer will hier schon starres Kabel mit weit über 1 cm Durchmesser benutzen? Dafür gibt es schon aus mechanischen Gründen keine passenden Stecker.
Dem Standort der Antenne. Im optimalen Fall können sich alle Antennen des WLAN gegenseitig sehen. Auch sollten die Öffnungen (Tür in Betonwand...) leidlich groß sein, durch die sich die Antennen sehen. Im Richtfunkbereich gehört zu den Grundsätzen, die erste Fresnelzone freizuhalten. Das ist jener Bereich, in dem eine Reflexion den Weg um eine halbe Wellenlänge verlängert.
Dem Antennengewinn. Antennengewinn entsteht dadurch, daß man die Strahlung in bestimmte Richtungen konzentriert. Auch Rundstrahlantennen können einen Gewinn haben, wenn sie z.B. ihre Strahlung in der Horizontalen konzentrieren. Dann geht z.B. direkt unter der Antenne gar nichts. Die höchsten Gewinne erzielt man natürlich, wenn man die Strahlung auf eine möglichst kleine "Keule" konzentriert. Bekanntestes Beispiel solcher Antennen sind die allgegenwärtigen Satellitenschüsseln, die alle Strahlung auf einen wenige Grad kleinen Ausschnitt konzentrieren und so Antennengewinne von 30dB (1:1.000) erzielen. Das gilt übrigens sowohl sende- als auch empfangsseitig. Von einer vernünftigen Antenne am Accesspoint profitieren also alle Teilnehmer, z.B. durch eine größere Reichweite.
Einfache Maßnahmen zur Reichweitenerhöhung
Eine vernünftig Reichweite erreicht man nur durch vorherige Planung oder Basteleien eines Hochfrequenztechnikers.

Hochfrequenzmäßig besonder schlecht sind PCI-Steckkarten. Entweder ist die Antenne hinter dem Rechner versteckt und strahlt nur die Wand an. Oder das Antennenkabel schluckt den größten Teil der Leistung. WLAN-Anschlüsse im Rechner sind eigentlich nur bei Laptops akzeptabel.
In den meisten Fällen ist USB die Anschlußtechnik der Wahl: Leicht zu installieren und wenig "Strippensalat", wenn die USB-Stromversorgung ausreicht. Die WLAN-Einheit kann mehrere Meter vom Rechner entfernt so aufgestellt werden, daß sich die besten Verbindungen ergeben.
Wenn auch das nicht hilft und die WLAN-Einheit einen Antennenanschluß hat, kann man Antennen kaufen oder selber bauen. Mit "2,4 GHz Antenne" oder "2.4 GHz antenna" findet man über Suchmaschinen sowohl kommerzielle Angebote als auch Bastelanleitungen, z.B. aus einer leeren CD-Spindel und AOL-CD als Reflektor - endlich gibt es eine sinnvolle Verwendung dafür :-)
Die Sendefeldstärke für anmeldefreie Anwendungen im 2,4-GHz-Bereich ist auf 100 mW beschränkt - bezogen auf die Feldstärke, die ein idealer Rundstrahler am gleichen Platz erzeugen würde. Die meisten WLAN-Anschlüsse senden mit typisch 25-30 mW, der Antennengewinn ist als auf Faktor 4 (= 6dB) plus Kabelverluste begrenzt. Abgesehen von Schüsseln dämpft das Kabel wohl meist genügend, um die Sendeleistung nicht reduzieren zu müssen. Schließt man die Antenne mit 1 m RG-174 an, sind 14dB + 6dB = 20 dB Antennengewinn zulässig. Die muß man erst mal erreichen...

Die Empfängerempfindlichkeit ist gesetzlich nicht begrenzt. Von daher kann es durchaus sinnvoll sein, dem Empfänger mit einer leistungsfähigen Antenne beizubringen, wie man das Gras wachsen hört und dafür die Sendeleistung zu reduzieren. Die Empfindlichkeit des Empfängers wird in einer möglichst großen, negativen dB-Zahl ausgedrückt. Die Entwicklungsingenieure müssen hier einen Kompromiß machen zwischen Aufwand, Empfindlichkeit, Störunempfindlichkeit und Leistungsaufnahme. Der optimale Kompromiß für den Internetanschluß in einer Gartenlaube ohne Steckdose sieht also anders aus als für die PCI-Karte eines Rechners im Elektrosmog eines Großraumbüros.

Viele, viele Antennen: MIMO
Noch für dieses Jahr ist eine Technik angekündigt, die Reichweite und Übertragungskapazität von WLANs deutlich verbessern soll - ohne daß die eigentlichen WLAN-Parameter angefaßt werden: Bei Multiple Inputs - Multiple Outputs (MIMO) werden auf elektronischem Weg werden mehrere Antennen so kombiniert, daß sie ihre Richtwirkung jederzeit ändern können. Zu jedem Zeitpunkt können elektronisch sogar mehrere Richtwirkungen gleichzeitig erzeugt werden.

Der Effekt ist so ähnlich wie an einem voll belegten Wirtshaustisch: Je nachdem, auf welchen Sprecher man sich konzentriert, kann man einzelne Stimmen aus dem Stimmengewirr isolieren. Bisherige WLAN-Antennen arbeiten nur mono: Stellt man ein Diktiergerät auf zitierten Tisch, wird man bei der Wiedergabe nur ein unverständliches Stimmengewirr wahrnehmen können.

Die Hoffnung ist, mit MIMO gleichzeitig Reichweite und Übertragungskapazität eines WLAN erhöhen zu können. Arbeiten beide Kommunikationspartner mit MIMO-Antennen, können sie womöglich mehrere Übertragungskanäle gleichzeitig nutzen: Einen auf direkte Sicht, einen über eine Reflexion an der linken Wand und einen über die Decke. Allerdings wird diese Technik noch auf einige Zeit recht teuer bleiben: Die ganze Antennensteuerung enthält viel mehr Aufwand als ein kompletter WLAN-Anschluß heutiger Produktion.

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